Gladbeck. Tafeln in NRW sehen sich wegen des Ansturms am Ende ihrer Möglichkeiten. Auch das Gladbecker Tafelmobil bekommt Probleme zu spüren.
Die Tafeln in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm: Sie sehen sich kaum noch – oder gar nicht mehr – in der Lage, den Ansturm der bedürftigen Menschen zu bewältigen. Die Warteschlangen werden länger und länger, Lebensmittelspenden hingegen weniger. Und an ehrenamtlichen Kräften fehlt‘s mitunter auch. Entwicklungen, die auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Gladbeck, das den mobilen Tafelladen vor Ort betreibt, zu spüren bekommt – ein Lagebericht.
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Die nordrhein-westfälischen Tafeln unterstützen derzeit etwa 600.000 Bedürftige, das sind beinahe doppelt so viele wie im Jahr 2021. Darunter sind mehr als 2000 arme Menschen in Gladbeck. In einigen Städten gibt‘s Aufnahmestopps.
Obst- und Gemüsespenden für das Gladbecker Tafelmobil sind weniger geworden
Kreisrotkreuzler Wilhelm Walter berichtet über die Situation in Gladbeck: „Es sind vor allem mehr Rentner geworden.“ Der Vorsitzende des DRK Gladbeck und Verantwortlicher für das Tafelmobil ergänzt: „Flüchtlinge aus der Ukraine kommen fast gar nicht mehr.“
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Unter den aktuell 2050 Bedürftigen, die sich in die Warteschlangen einreihen, seien zudem auch viele „zugewiesene Asylbewerber“. „Zu uns kommen auch Menschen, die Betreuungsvereine betreuen“, stellt Wilhelm Walter fest. Und es werden immer mehr Bedürftige. Preissteigerungen, Inflation, noch ganz viel Monat, wenn das Portemonnaie längst leer ist: Für viele wird der Alltag zum Überlebenskampf.
Gladbecker Tafel-Chef beobachtet einen täglichen Zulauf von armen Menschen
Dem stehen sinkende Lebensmittelspenden gegenüber. Ja, wie anderenorts sei das auch für Gladbeck erkennbar, bestätigt Wilhelm Walter. „Es ist so, wir bekommen weniger Obst- und Gemüsespenden als noch vor einem Jahr.“ Häufiger werden nach seinen Beobachtungen Produkte kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) eher preisreduziert verkauft als gespendet. Wilhelm Walter: „Solche Lebensmittel erhalten wir kaum noch.“
Was für das Tafelmobil allerdings ein großer Vorteil im Vergleich zu anderen Städten sei: „Wir fahren nicht nur von montags bis samstags die Discounter ab, sondern holen auch aus dem Zentrallager in Coesfeld Palettenware ab, die wir in unser Angebot schleusen.“ Trotzdem müsste das Verfügbare gestreckt werden. Sprich: „Ganz volle Taschen können wir nicht mehr herausgeben. Da kommen dann beispielsweise statt vier Tomaten nur noch drei hinein.“
Der Fachmann geht derzeit nicht davon aus, dass die Spitze erreicht ist: „Wir haben ja täglich Zuläufe. Und wir tun alles, was wir machen können.“ Wenn das jedoch über die Kräfte gehe, müsse über Konsequenzen nachgedacht werden. „Vielleicht könnten wir die Ausgabetage ein bisschen einschränken.“
Es ist so, dass der mobile Laden zu bestimmten Terminen festgelegte Orte, übers Stadtgebiet verstreut, ansteuert. Dies sind, jeweils von 14 bis 16 Uhr: montags, Braucker Markt (Münsterländer Straße); dienstags, Rentfort, Enfieldstraße/Gustav-Stresemannstraße; mittwochs, Markt in der Stadtmitte (Horster Straße); donnerstags, Zweckeler Markt (Tunnelstraße).
Lebensmittelspenden und steigender Bedarf sind es nicht die einzigen Beschwernisse. Da wäre ja auch noch der „Faktor Mensch“. Ob das DRK Gladbeck hier an die Kapazitätsgrenze stößt? Das sieht Wilhelm Walter nicht so. Noch nicht?
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Gut 40 ehrenamtliche Kräfte sind für das Tafelmobil im Einsatz. Eng werden könnte es, wenn zum Beispiel eine Grippewelle das „gut eingespielte“ Team überflutet. „Was wir brauchen, sind Kraftfahrer“, sagt er. Und Ehrenamtliche, die beispielsweise beim Be- und Entladen anpacken. Vielleicht ältere Semester im Ruhestand, die sich jung genug für diese Aufgabe fühlen ... oder Mütter mit zeitlichem Spielraum, weil sich der Nachwuchs in der Betreuung befindet.
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Der DRK-Chef sieht mehrere Vorteile aufseiten der Gladbecker Tafel. Er erläutert: „Wir haben in der Verwaltung alles digitalisiert, das entlastet. Längst nicht alle Tafeln haben die EDV angepasst.“ Ein weiterer Pluspunkt: das mobile Format. „Wir müssen keine Tüten packen, wie es in Tafelläden üblich ist“, vergleicht Wilhelm Walter. Das Packen koste Zeit und bringe einen personellen Aufwand mit sich. Und auch die tägliche Ausgabe an verschiedenen Standorten zahle sich auch: „Da sind wir flexibler.“
Unterstützung für das Rote Kreuz Gladbeck ist höchstwillkommen
Wer dem Deutschen Roten Kreuz Gladbeck bei seiner Tafel-Arbeit unter die Arme greifen möchte, kann sich melden an der Europastraße 26, 45968 Gladbeck, oder unter der Telefonnummer: 02043/48460. Geöffnet ist rund um die Uhr.