Gladbeck. In Gladbeck trainieren die Sternsinger für ihren Einsatz Anfang 2024 – da wirkt die Kirche plötzlich fast zeitgemäß. Wie ist das denn passiert?
Melchior auf Balthasar, Balthasar müsste schießen, Balthasar schießt... Tor, Tor, Tor, Kaspar ohne Chance! Wer weiß schon, ob die drei Weisen aus dem Morgenland gerne Fußball gespielt hätten, hätte es den vor 2000 Jahren schon gegeben. DIESE Weisen jedenfalls haben Spaß beim Kickern, im Gemeindehaus von St. Marien in Gladbeck. Am Donnerstag versammeln sich insgesamt neun von ihnen in Brauck, um für ihre Mission zu trainieren: Segen in Häuser der Gladbecker bringen. Aber erstmal kickern.
Kurz zuvor herrscht im Keller des Gemeindehauses reges Treiben, die edlen Gewänder werden verteilt, eines Königs würdig, oder einer Königin. Wer trägt Grün, Blau, Rot drunter, wem passen die langen Lappen überhaupt, die jedes Jahr nach Weihnachten aus dem Fundus der Gemeinde gekramt werden? Christoph jedenfalls ist versorgt und friemelt am Verschluss seines schillernden Mantels. Warum er zum ersten Mal einer der Heiligen Drei Könige sein will? „Ich wollte das einfach mal ausprobieren.“ Na gut.
Könige des Tischfußballs und ein Weiser ohne Arm
Auf der Treppe nach oben verliert die junge Majestät kurz einen Arm, aber Koordinatorin Carla Misbach findet ihn schnell wieder: Bloß das Armloch im Gewand verfehlt. Relativ unfeierlich folgt dann im Saal die Krönung, die gülden-glänzenden Kronen komplettieren das Ensemble der neun Könige, die noch mal schnell eine Runde Kicker dazwischenschieben. Zugegeben – für Dritt- und Viertklässler ist der Tischfußball auf den ersten Blick wohl ein bisschen spannender als Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Konzentriert sind die Weisen dann aber trotzdem, als Carla Misbach mit dem akademischen Teil des Abends loslegt. Wer waren diese drei Jungs überhaupt, die damals dem Stern folgten, um dem frisch geborenen Jesuskind ihre Gaben darzubringen? Die Antworten sind noch ein bisschen verhalten, aber die Kinderaugen werden größer, als Misbach erzählt, wo das Geld aus der Klingelbüchse hingeht. „Wir sammeln Geld für Kinder in Rio de Janeiro in Brasilien, die dort auf der Straße leben.“ Übergeordnet hat das Bistum Essen das Motto „Gemeinsam für unsere Erde, in Amazonien und weltweit“ ausgerufen und den Fokus damit klar auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt – vor allem mit Blick auf den größten Lungenflügel des Planeten, den Amazonas-Regenwald.
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Dafür lohnt es sich doch, ein paar Tage der Weihnachtsferien zu opfern. Finden auch die neuen Sternsinger in spe, die bei der gemeinsamen Probe voll bei der Sache sind. Zuerst mal der Segensspruch:
Ein Singsang hallt durch den Gemeindesaal, ein wohliges Gemurmel, von Christus‘ Segen, der Macht der Liebe und den drei Weisen. Es folgt noch ein Gedicht, und dann endlich: das erste Lied! „Wir kommen daher aus dem Morgenland“ ist schon inhaltlich gesetzt, „Stern über Betlehem“ natürlich auch, auch wenn es ein Auswuchs des NGL ist – musikalisch hat „Hört der Engel helle Lieder“ die Nase aber klar vorne, mit einer Umtextung für das Fest der Heiligen drei Könige.
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Fehlt noch das Wechselgebet, und das hat es in diesem Jahr in sich. In der letzten der vier Verse segnet Gott natürlich das Haus, vor dem seine Sternsinger gerade stehen. In den drei Strophen zuvor aber ist’s nichts mit Friede, Freude, Eierkuchen. „Wir stehen hier vor eurer Tür mit Segen und mit Sorgen“, so legen die Kinder los, „was wird aus uns, was aus der Welt? Wie geht es uns wohl morgen?“ Die katholische Kirche beschäftigt sich mit Sorgen und Nöten junger Menschen? Dann besteht ja doch noch Hoffnung.