Gladbeck. Kommt die A 52 mit Tunnel, dann hat das Areal in Gladbeck großes Entwicklungspotenzial. Dafür muss aber die große Steinhalde abgebaut werden.

Wohnen, arbeiten, vielleicht sogar ein wenig Freizeit verbringen – und das alles unmittelbar am Rande der Gladbecker Innenstadt. An einer Stelle, wo im Moment noch ein großer, bewaldeter Schutthaufen steht. Die Pläne, die Autobahn 52, wenn sie dann gebaut wird, in der Stadt in einem Tunnel verschwinden zu lassen, hat einer alten Bergbaufläche eine neue Bedeutung zukommen lassen. Das Areal, bestehend aus der großen Steinhalde, dem Festplatz und den Parkplätzen an der Horster Straße soll nach Auffassung der Stadt komplett neu entwickelt werden – zum wirtschaftlichen Vorteil der Stadt. Dazu muss aber die große Steinhalde abgetragen werden.

Diese Entschluss zur großen Steinhalde in Gladbeck ist jetzt gefallen

Im jüngsten Planungsausschuss wurde das Vorhaben in die Wege geleitet. Mit vier Gegenstimmen erteilte die Politik der Verwaltung den Auftrag, das Vorhaben der Abtragung der großen Steinhalde zur Aktivierung des Nachnutzungspotenzials weiter zu verfolgen und die dafür notwendigen Schritte einzuleiten.

In der Vorlage der Verwaltung für den Fachausschuss wird die große Steinhalde, würde sie erhalten bleiben, als eine „dauerhafte Barriere“ bezeichnet, die ein Zusammenwachsen der Stadtteile Mitte und Butendorf verhindern würde. Eine gefährliche Barriere noch dazu, denn die alte Halde der Zeche Graf Moltke mit dem Stollenkrankenhaus in ihrem Inneren gilt als extrem einsturzgefährdet.

Stadt Gladbeck rechnet mit der Schaffung von bis zu 550 Arbeitsplätzen

Würde sie abgetragen, könne auf dem Areal ein attraktiver, „moderner Wirtschaftsstandort mit zirka 400 bis 550 Arbeitsplätzen entstehen“. Platz sei zudem auch noch noch für eine Freizeitnutzung zum Beispiel mit Gastronomie sowie eine Wohnbebauung, die sich nach Süden an die Wohnhäuser in Butendorf anschließt. Ein grünes Band, das sich von Wittringen über die kleine Steinhalde, die umgebaute Fläche der großen Steinhalde bis in den Stadtteilpark Butendorf ziehen würde, könne „weiterhin für Frischluftwege“ sorgen.

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Zu den Kosten: Thyssen-Krupp als Eigentümerin der Halde, so Baurat Volker Kreuzer, sei bereit, der Stadt die Fläche für einen Euro zu überlassen. Die Kosten fürs Abtragen der Halde, in der höchstwahrscheinlich keine giftigen Altlasten zu vermuten seien, werden von der Verwaltung mit ungefähr 21 Millionen Euro angegeben. Durch den Verkauf von etwa zwei Drittel der Fläche als Bauland könne man einen Ertrag von neun bis zehn Millionen Euro erzielen. Die bleibende Finanzierungslücke soll durch eine 90-prozentige Finanzierung aus dem „Just Transition Fund“ der EU gestopft werden (siehe Infokasten).

Es gibt aber auch nach wie vor Widerstand

Nach Ansicht der Verwaltung gibt es kaum Alternativen zum Abtragen der Halde. Denn würde man darauf verzichten, würde das bedeuten, dass man im flächenmäßig kleinen Gladbeck zur Entwicklung neuer Gewerbeflächen „an anderer Stelle im Stadtgebiet Eingriffe in die Landschaft“ vornehmen müsse.

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Auf heftigen Widerspruch stießen die Pläne bei den Linken. Norbert Marißen (sachkundiger Bürger für die Fraktion im Planungsausschuss) betonte erneut die große Bedeutung des „Haldenwaldes“ für das städtische Klima – zudem unterstellte er der Verwaltung mehr oder weniger, ihre Hausaufgaben nicht ordentlich erledigt zu haben. Dabei zitierte er ein ihm vorliegendes Gutachten, nachdem der Haldenabbau gut auch mit 40 Millionen Euro zu Buche schlagen könnte.

Förderung durch den Just Transition Fund

Der Just Transition Fund (JTF) ist, so die Verwaltung in der Vorlage für den Planungsausschuss, ein Förderinstrument der EU, um Regionen in die Lage zu versetzen, die sozialen, beschäftigungsspezifischen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen des Übergangs zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu bewältigen.

Die Flächen der großen Steinhalde und des Festplatzes, heißt es weiter, „wurden durch das Wirtschaftsministerium des Landes NRW (MWIKE) in den territorialen Plan für das nördliche Ruhrgebiet aufgenommen (den sog. Just Transition Plan), der von der EU-Kommission gebilligt wurde.

Und weiter: „Die Stadtverwaltung hat eine mögliche Abtragung der großen Steinhalde als Voraussetzung der weiteren Flächenaktivierung mit dem MWIKE intensiv abgestimmt. Die Maßnahme wird als der Interventionslogik des Förderprogramms entsprechend angesehen, sofern durch die Abtragung klimaneutrale Arbeitsplätze entstehen.“ Ein Förderantragsentwurf sei bereits mit dem Ministerium abgestimmt.

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Die Kosten ließen sich erst ermitteln, „wenn die Halde offen ist“. Dann sei auch erst eine Einschätzung der Altlastengefährdung möglich. Die zehn Millionen, die die Stadt mit dem Verkauf von Bauland erzielen will, zweifelte er ebenso an wie die mögliche Förderung des Projektes durch den „Just Transition Fund“.

FDP: „Ein gefährlicher Ort fällt endlich weg“

Dem widersprach nicht nur der Stadtbaurat. Barbara Sasse von der Umweltabteilung der Stadt erläuterte darüber hinaus noch einmal, wie lange und intensiv man sich bereits mit der Steinhalde und auch der Altlastenthematik auseinandergesetzt habe. Es habe etliche Untersuchungen gegeben, darunter auch Kamerafahrten durch die Gänge des Stollenkrankenhauses, bevor es dort zu Einbrüchen gekommen sei. Die Einschätzung der Linken könne sie deshalb in keinem Punkt teilen.

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Einig waren sich die großen Fraktionen SPD und CDU: Von beiden gab es breite Zustimmung fürs Abtragen der Halde, um dann an der Stelle eine enorme wirtschaftliche Weiterentwicklung in Gladbeck zu ermöglichen. Eine Chance, die man sich nicht entgehen lassen dürfe. Dem schloss sich auch Christine Dohmann an. Und, so die FDP-Ratsfrau, mit dem Verschwinden der Halde „fällt auch endlich ein gefährlicher Ort“ in Gladbeck weg.