Gladbeck. Nicht nur in Gladbeck bereiten Schrottimmobilien Probleme. Oberhausen denkt sogar an eine Strafsteuer. Das sagt man im Gladbecker Rathaus dazu.
Kann man sich an den Anblick einer Ruine gewöhnen? Die Anwohner der Schrottimmobilie Erlenkrug in Gladbeck-Ost werden das garantiert vehement verneinen. Seit Jahrzehnten leben sie mit der großen Ruine an der vielbefahrenen Kreuzung der Buerschen Straße mit der Erlenstraße. Und nur die älteren Gladbecker werden sich noch daran erinnern können, dass in der bananenförmigen Ladenzeile vor dem Wohnblock aus rotem Backstein einmal eine gutbürgerliche Gaststätte – der „Erlenkrug“ – , ein Kiosk, weitere kleine Läden und sogar ein Aldi-Mark ansässig waren.
In der Ladenzeile an der Buerschen Straße gab es einst die Gaststätte Erlenkrug, kleine Läden und Aldi
Heute ist das einst ortsteilprägende Ensemble nur noch bekannt als Erlenkrug-Ruine – gesichert durch einen Metallzaun, und eben kein schöner Anblick. Im Sommer 2022 hat die Stadtverwaltung nach über zehn Jahren des Stillstands eine Beseitigungsanordnung nach der Bauordnung des Landes NRW erlassen. Sprich: Der Eigentümer der Erlenkrug-Ruine muss die Gebäude abreißen – und zwar bis Ende Dezember diesen Jahres. Lässt der Eigentümer den Termin verstreichen, könnte die Stadt den Abriss in Auftrag geben und dem Eigentümer in Rechnung stellen. Es ist also ein Ende in Sicht bei dieser unendlichen Geschichte, in der sich alles um eine der größten und wohl auch schwierigsten Schrottimmobilien Gladbecks dreht? Stadtbaurat Volker Kreuzer geht erst einmal nicht davon aus.
Die Stadt Gladbeck hat Erfahrung im Umgang mit privaten Schrottimmobilien
„Bekanntermaßen haben wir einige Erfahrungen im Umgang mit Schrottimmobilien sammeln dürfen“, sagt Gladbecks Baurat. Er erinnert da beispielsweise an das Hochhaus Schwechater Straße 38, das Möbelhaus Tacke, die Schlägel-und-Eisen-Siedlung und nicht zuletzt auch das alte Karstadt-Kaufhaus. Alle mittlerweile Geschichte und Orte, an denen eine Neubebauung stattgefunden hat oder gerade entsteht, wie im Fall des neuen Nahversorgungszentrums für Rentfort-Nord an der Schwechater Straße.
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Eine Erkenntnis aus dem Umgang mit diesen Schrottimmobilien, so Kreuzer weiter, sei auf jeden Fall, „dass es kein allgemeingültiges Erfolgsrezept“ für die jeweilige Problemlösung gebe. Und immer würden die Eigentümer der Immobilien eine zentrale Rolle dabei spielen, wobei die Gründe für das Agieren der jeweiligen Eigentümer auch sehr unterschiedlich sei. Kreuzer: „Häufig, aber nicht immer, kommt noch eine wirtschaftliche Komponente hinzu. Auf dem Gladbecker Immobilienmarkt können nicht so hohe Erträge erwirtschaftet werden, was die Finanzierung bei hohen Rückbaukosten für die Baureifmachung grundsätzlich schwierig macht.“
Im Laufe der Jahre hat es einige Kaufinteressenten für die Erlenkrug-Ruine gegeben
Was den Erlenkrug-Komplex angehe, liege der jahrelange Stillstand aus Sicht der Stadt eindeutig daran, „dass seitens des Eigentümers offensichtlich entweder der Wille oder die Fähigkeit fehlte, die Schrottimmobilie zu beseitigen“. In den vergangenen Jahre habe es einige Kaufinteressenten für das Gebäudeensemble gegeben, so Kreuzer weiter. Und auch die Stadt Gladbeck selbst sei zum Kauf bereit gewesen. Eine Baugenehmigung zur Wiederherstellung des Komplexes habe es ebenfalls gegeben, die der Eigentümer aber über Jahre nicht umgesetzt hat.
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Mittlerweile geht es also um den Abriss des Gebäudes, nachdem eine Untersuchung im Auftrag der Stadt im März 2022 ergeben hat, dass eine Kernsanierung nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist. Gegen die als Ordnungsverfügung erlassene Beseitigungsanordnung, so der Baurat weiter, hat der Eigentümer der Erlenkrug-Ruine allerdings beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geklagt. Kreuzer: „Bei diesem Klageverfahren zeichnet sich keine kurzfristige Entscheidung ab.“ Bis heute liege dem Gericht keine Begrünung für die Klage des Immobilieneigentümers vor, erklärt Kreuzer. Die Frist für die Abgabe dieser Begründung sei „zuletzt erneut bis Ende November verlängert“ worden. Fazit: Ein rasches Ende der endlosen Geschichte der Schrottimmobilie Erlenkrug scheint erst einmal nicht in Sicht.
Schrottimmobilien: In Oberhausen denkt man über eine Strafsteuer nach
Mit großen Schrottimmobilien in Privatbesitz, die über Jahre für Ärger und Verdruss sorgen, haben viele Städte im Ruhrgebiet zu kämpfen, nicht nur Gladbeck. Ein aktuelles Beispiel kommt aus der unmittelbaren Nachbarschaft – aus Oberhausen.
In diesem Fall geht es um ein marodes ehemaliges Möbelhaus in Oberhausen-Sterkrade. 2015 wurde das Objekt verkauft. Der neue Eigentümer hat allerdings seine angekündigte Absicht, an der Stelle ein neues, modernes Einrichtungshaus errichten zu wollen, bis heute nicht umgesetzt.
Um die Lage endlich in den Griff zu bekommen, denkt die Politik in Oberhausen nun über ein neues Vorgehen nach, das Folgen für alle Immobilieneigentümer in Oberhausen haben könnte. In der Diskussion ist nämlich die Einführung einer neuen Strafsteuer für örtliche Haus- und Grundbesitzer. Mit der Steuer sollen die belegt werde, die sich ohne Grund jahrelang nicht um ihren Besitz gekümmert, ihn haben leer stehen lassen.
In diesem Zusammenhang kommt einem sofort die Erlenkrug-Ruine in den Sinn. In der Gladbecker Verwaltung, so Stadtbaurat Kreuzer auf Anfrage, sei eine solche Steuer nicht bekannt. Man gehe deshalb davon aus, dass es sie noch nicht gibt. „Eine solche Steuer wäre vermutlich auch nicht einfach zu erheben, da wir dafür Kenntnis darüber erlangen müssten, wo überall Leerstände zu verzeichnen sind“, erklärt Kreuzer. Bei großen Problemimmobilien sei das das klar, aber man müsse natürlich alle gleich behandeln und eine entsprechende Erhebungsmöglichkeit haben. „Aber die Stadt Oberhausen kann gerne einen solchen Vorstoß wagen, den wir mit Interesse verfolgen würden.“