Gladbeck. Die Pflege seiner kranken Frau belastet einen Gladbecker sehr. Von Mitmenschen fühlt er sich nicht gut verstanden. So hilft er sich selbst.
- Ein Gladbecker kümmert sich jeden Tag, rund um die Uhr um seine querschnittsgelähmte Frau.
- Die Pflege ist sehr aufwendig und stellt das Ehepaar immer wieder vor Herausforderungen – sei es im Alltag oder im Urlaub.
- Oft muss der Gladbecker gegen schlimme, „unverzeihliche“ Gedanken ankämpfen, gleichzeitig fühlt er sich von Freunden und Bekannten nicht gut verstanden.
Ich muss sich selbst fit halten, um die körperlichen Anstrengungen bewältigen zu können, darf nie krank sein und nie frei haben – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr“, berichtet ein Gladbecker, der lieber anonym bleiben möchte. Wir nennen ihn deshalb Michael Becker. Er kümmert sich um seine 68 Jahre alte Frau, die querschnittsgelähmt ist, was bedeutet, dass sie keine Kontrolle über ihren Unterkörper hat. Vom Kopf her sei sie „klar“, doch durch die Lähmung hat sie unter anderem ein Stoma (künstlicher Darmausgang), welches sie nicht selbst leeren kann und einen Bauchdeckenkatheter zum Ablassen des Urins. Ihre Arme und Hände kann sie nur eingeschränkt bewegen, das mache die Selbstpflege nicht unmöglich, aber sehr langwierig. Immer an ihrer Seite ist deshalb ihr Mann.
Frau braucht 24/7 Pflege: Ein Heim kommt vorerst nicht in Frage
Seine Frau ins Pflegeheim zu schicken, kommt für Becker zurzeit nicht in Frage: „Die Pflege, die meine Frau zu Hause bekommt, kann sie nirgends sonst bekommen“, ist der Gladbecker sich sicher. So müsste sie im Heim beispielsweise dauerhaft mit einem Urinbeutel durch die Gegend fahren – eine sehr unangenehme Situation. Da seine Frau erst 68 Jahre alt ist, sei der Altersdurchschnitt im Heim ein zusätzliches Problem, welches sie psychisch belasten würde. So steht Becker jeden Tag aufs Neue auf, pflegt seine Frau von morgens bis abends und die Nacht über ebenfalls – „jeden Morgen wartet das Hamsterrad.“
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Selbst Urlaub ist bei einer pflegebedürftigen Person schwierig, die Planung eine zusätzliche Belastung neben allen anderen Dingen, die tagtäglich anfallen. Ein Aufenthalt am Meer in Schleswig-Holstein sei beispielsweise für Becker und seine Frau kaum möglich, da es laut dem Tourismusverband kein einziges Hotel mit Pflegebetten in dem Bundesland gebe. Die Kosten, um zu verreisen, seien zudem vier bis sieben Mal höher als für „normale“ Urlauber.
Pflegender Angehöriger: Gefühlsausbrüche sind nur schwer zu unterdrücken
Immer wieder falle es dem Gladbecker schwer, keine Gefühlsausbrüche seiner Frau gegenüber zu haben, die zwar der Grund für die schwierige, zermürbende Situation sei, aber ja selbst überhaupt nichts dafür könne und sehr darunter leide, von anderen Menschen abhängig zu sein. Gedanken kämen bei den Eheleuten auf, die kaum zu ertragen seien, nicht ausgesprochen werden sollten. „Wer weiß schon, wie es ist, sich den Tod des geliebten Partners zu wünschen, weil das die einzige Erlösung zu sein scheint?“, schildert Becker seine Verzweiflung. Das Einzige, was helfe, mit dieser unerträglich schwierigen Situation klarzukommen, sei es, diese Gedanken beiseite zu schieben und weiterzumachen.
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Von seinen Mitmenschen ist Becker oft enttäuscht, niemand wolle tatsächlich etwas von den Problemen bei der Pflege wissen. „Ich werde gefragt, wie es meiner Frau geht, vielleicht später noch, wie ich mich selbst fühle. Bevor ich aber antworten kann, legt mein Gegenüber mit den eigenen Sorgen los, also höre ich nur lange und verständnisvoll zu.“ Um sich mit Menschen austauschen zu können, denen es ähnlich geht, besucht Becker eine Selbsthilfegruppe. Dort werde ihm gezeigt, wie stark andere Personen sind, das lasse ihn Kraft tanken.