Gladbeck. Mechthild Eckholt tritt als Leiterin des Eduard-Michelis-Haus ab. Wie die Bewohner Eckholts Vorurteile übers Ruhrgebiet ausräumten.

Menschen standen in ihrem beruflichen Leben immer im Mittelpunkt. Sechs Jahre arbeitete Mechtild Eckholt als Erzieherin im Kindergarten, 15 Jahre bei der sozialpädagogischen Familienhilfe der Caritas in Coesfeld, studierte berufsbegleitend Sozialarbeit und entdeckte ihre Begeisterung für die Altenhilfe. Am 1. März 2006 übernahm sie die Leitung des Seniorenzentrums Eduard-Michelis-Haus an der Gladbecker Gildenstraße. Heute ist ihr letzter Arbeitstag. Mit knapp 66 Jahren geht sie in den Ruhestand.

Sie war die erste weltliche Leiterin der Einrichtung, die 1966 vom Orden der Schwestern von der göttlichen Vorsehung gegründet wurde. Für einen christlichen Träger entschied sie sich bewusst, „weil mir wichtig ist, wie mit den Menschen umgegangen wird“. Sie teile die Philosophie des Ordens, geprägt von Gottvertrauen und Nächstenliebe. Dass Mechtild Eckholt und ihr Team diese Werte mit Leben gefüllt haben, wird beim Besuch in der Einrichtung schnell deutlich: Man begegnet fröhlichen Bewohnern und Beschäftigten. „Ohne unser engagiertes Team in der Pflege, im sozialen Dienst, in der Küche und Wäscherei, in der Verwaltung und im technischen Dienst wäre das alles nicht möglich“, sagt die Leiterin und zitiert den Ordensgründer Eduard Michelis: „Zusammenstehen gibt eine unbezwingliche Kraft.“

Von der Ordenseinrichtung zum modernen Altenheim

Der Start an neuer Wirkungsstätte war geprägt von Bauarbeiten. Schon 2007 standen die Bagger vor der Tür. Auf dem Gelände wurden zwei Häuser mit 32 barrierefreien Wohnungen und ein Kinderheim, in dem jetzt die drei verbliebenen Ordensfrauen wohnen, gebaut. Dann folgte der aufwändige Umbau der Senioreneinrichtung. Fünf Jahre dauerte es, den Altbau in eine moderne Einrichtung zu verwandeln – im laufenden Betrieb. „Unser Haus war immer voll belegt. Neue Bewohner zogen trotz der Baustelle hier ein.“

Der Umbau, dem wegen zu hoher Investitionskosten auch das bei vielen Gladbeckern beliebte Hallenbad weichen musste, ermöglichte die Umsetzung eines neuen Konzepts. Zuvor lebten deutlich mehr als 20 Bewohner in einer Wohngruppe, heute gibt es 13 Gruppen mit maximal zehn Bewohnern, insgesamt 120 Vollzeit- und elf Kurzzeitpflegeplätze. Eckholt: „Die persönlichen Kontakte und der Austausch, auch mit den Angehörigen, sind so viel intensiver, ähnlich wie in einer WG.“

Corona, Energiekrise, Personalmangel: viele Krisen für Mechthild Eckholt

In ihren mehr als 17 Dienstjahren sah sich Mechtild Eckholt mit vielen Herausforderungen konfrontiert, von überbordender Bürokratie über neue gesetzliche Vorgaben bis hin zum Personalmangel. Die für sie belastendste Zeit aber war die Coronapandemie, geprägt von Angst um das Leben der Bewohner und die Gesundheit der Beschäftigten, konfrontiert mit den Sorgen der Angehörigen, unvermeidliche Isolationen… Aber wie immer lautete auch in dieser schweren Zeit ihre Devise: „Jammern hilft nicht, wir müssen mit dieser Situation umgehen.“ Das bedeutete auch, dass sie und andere Verwaltungskräfte zur Not in der Pflege mit anpackten.

Auf die Pandemie folgte die Energiekrise. Eckholt: „Wir haben für den Fall eines Blackouts für das gesamte Team Stirnlampen angeschafft, die wir zum Glück nie gebraucht haben. Unser Chefkoch, dessen leckeres Essen ich übrigens besonders vermissen werde, hat sich so gut vorbereitet, dass er 74 Stunden ohne Strom ausgekommen wäre.“

Eckholt wird Gladbeck vermissen, „obwohl ich nie ins Ruhrgebiet wollte“

Trotz aller Krisen und Herausforderungen habe sie die Arbeit im Eduard-Michelis-Haus immer geliebt, versichert Mechtild Eckholt. Gestern hat sie sich von den Bewohnern verabschiedet und dabei, wie so oft, zu gemeinsamen Liedern zur Gitarre gegriffen. Heute folgt noch der Abschied vom Team, dann sagt sie Gladbeck ade. Auch diese Stadt werde sie vermissen, sagt sie, „obwohl ich als Münsterländerin eigentlich nie ins Ruhrgebiet wollte. Aber ich habe meine dummen Vorurteile schnell über Bord geworfen, weil ich hier so vielen herzlichen und offenen Menschen begegnet bin.“

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Jetzt geht es zurück nach Ascheberg-Herbern und öfter mal Landshut, wo ihre Kinder wohnen. Sie freut sich auf Wanderungen und Radtouren mit ihrem Mann, möchte meditatives Tanzen lernen, vielleicht wieder in einem Chor singen, „wenn das mit meiner alten Stimme noch klappt“. Und die Enkelkinder freuen sich auch, weil Oma bald mehr Zeit für sie hat.