Gladbeck / Dorsten. Das Land will Flüchtlinge in Gladbeck unterbringen. Politik und Verwaltung erhielten Einblick in die ZUE Dorsten. So sind die Erfahrungen dort.
Menschen aus mehr als 30 Nationen haben in der Zentralen Unterbringungseinheit (ZUE) des Landes in Dorsten Zuflucht gefunden. Insgesamt können hier 250 Menschen Platz finden, derzeit sind 225 Plätze belegt, das Durchschnittsalter liegt bei 26 Jahren. Damit gehört die Unterkunft in der Nachbarstadt zu den kleinen Landeseinrichtungen, die die Bezirksregierung betreibt.
Eine Gladbecker Delegation aus Politik und Verwaltung, angeführt von Bürgermeisterin Bettina Weist, hat sich am Montagnachmittag ein Bild von dieser Form der Unterbringung gemacht – zunächst in Dorsten, im Anschluss in Marl. Eingeladen hatte die Bezirksregierung schon vor der Einigung im Streit um eine ZUE im Van der Valk. Doch mit Blick auf die Einigung war der Termin womöglich aktueller als zuvor. Schließlich haben Land und Stadt verabredet, gemeinsam Möglichkeiten zu suchen, kleinere Landeseinrichtungen in Gladbeck zu schaffen. Eine Größenordnung wie in Dorsten wäre da vielleicht denkbar.
Dorstens Bürgermeister berichtet vom guten Draht zu den Verantwortlichen in der ZUE
Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff (CDU) war ebenfalls vor Ort und berichtete den Gladbecker Gästen die kommunale Sicht auf die ZUE. Sie ist in einer ehemaligen Schule untergebracht, ein städtisches Gebäude, was die Kommune ans Land vermietet hat. Ausdrücklich lobte Stockhoff die Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung. Man habe klare Ansprechpartner, und wenn es Probleme geben sollte, spreche man sich ab, und es würden Lösungen gefunden.
Ein Beispiel für so ein Problem hatte er auch parat, fehlende Parkplätze. Die Einrichtung in Dorsten gibt es seit 2015, zu der Zeit waren Parkplätze nicht nötig. Mit Ankunft der Flüchtlinge aus der Ukraine, die nicht selten mit dem Auto geflohen sind, änderte sich das. Doch es sei gelungen, das Problem zu lösen.
Unterbringung in Mehrbettzimmern mit Doppelstockbetten
Im Inneren des ehemaligen Gymnasiums Petrinum erfuhren die Besucher aus Gladbeck dann, dass die Einrichtung durch das DRK betrieben wird, das Essener Unternehmen Kötter stellt den Sicherheitsdienst. Untergebracht sind die Bewohner in Mehrbettzimmern mit Doppelstockbetten. Duschen oder Waschmöglichkeiten gibt es auf den Zimmern nicht. Es gibt Gebäudebereiche für Familien und auch alleinreisende Männer, der Zugang ist elektronisch gesteuert.
Was die Gladbecker Gruppe jedoch nachhaltig beeindruckte: Der Empfang im Haus ist 24 Stunden am Tag besetzt. Und die Mitarbeiter, die dort eingesetzt werden, sprechen teils neun Sprachen. Oder wie es eine der Kräfte mit einem Grinsen formulierte: „Hier sitzen Talente.“ So sei sichergestellt, dass immer Ansprechpartner verfügbar sind und auch in nahezu allen Sprachen, erklärt Kai-Joachim Rose, der Betreuungsdienstleiter vom DRK.
In der Dorstener ZUE sind sogar Ärzte im Einsatz
Diese Information ist auch erste Anlaufstelle für alle Neuankömmlinge. Hier gibt es die entsprechenden Papiere, hier erhalten die Bewohner ihren Hausausweis, werden mit der Hausordnung vertraut gemacht und weiter geleitet zu den Ausgabestellen für Hygieneartikel, Bettwäsche und Kleidung. Direkt neben der Kammer ist die Wäscherei, in der die Bewohner die Möglichkeit haben, ihre Leibwäsche waschen zu lassen. Kai-Joachim Rose spricht angesichts dessen von einem „Full-Service-Betrieb“. Zu guter Letzt wurde die ehemalige Turnhalle zu einer Art Mensa umgebaut, in der das Essen ausgegeben wird.
In Dorsten gibt es sogar eine eigene Sanitätsstation, die zeitweise von Ärzten besetzt sind. Das gehe über die eigentlichen gesetzlichen Anforderungen für Unterbringungen hinaus, betont die Bezirksregierung. Die Bewohner sind nicht krankenversichert, erhielten bei akuten Beschwerden eigentlich einen Behandlungsschein, mit dem sie dann zum Arzt gehen können.
Hohe Akzeptanz im Umfeld für die Flüchtlingsunterkunft
41 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das DRK in Dorsten, einige Stellen seien aber noch offen, sagt Rose. Dazu kommen drei Schichten á fünf Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes. Ziel ist ein „störungsfreier und ordnungsgemäßer Betrieb“ der Einrichtung. Da spielt die soziale Betreuung eine wichtige Rolle – rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Dazu kommen tagesstrukturierende Angebote und Bildungsangebote, die das schulnahe Angebot vor Ort ergänzen. Inzwischen ist es nämlich in Dorsten gelungen, eine Lehrkraft einzustellen, die sich um das entsprechende Angebot kümmert. Das gestalte sich – je nach Standort – schwierig, räumt die Bezirksregierung ein.
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Die Besonderheit in Dorsten: Die ZUE ist aus einer Flüchtlingsunterkunft entstanden, die 2015 mit viel ehrenamtlichem Engagement aufgebaut wurde, entsprechend Akzeptanz im Umfeld genießt. Um die zu erhalten gibt es aber auch ein Umfeldmanagement, das regelmäßig auch Sprechstunden für Anwohner anbietet. Dazu sind ehrenamtliche Helfer eingebunden, so gibt es unter anderem auch eine Kooperation mit einem benachbarten Sportverein.
Gladbecks Bürgermeisterin sieht Stadt nicht im Zugzwang, setzt auf gemeinsames Vorgehen
Vieles, was in der kurzen Zeit auf die Gladbecker einprasselte, doch waren sie von dem, was sie gesehen und gehört hatten, recht angetan. Man habe eine ZUE mitten im Wohngebiet gesehen, konnte Eindrücke sammeln, die man nun auswerte, so Bettina Weist. Angesprochen darauf, inwieweit die Stadt schon Standorte im Auge habe, sagte sie, dass sie die Stadt nicht im Zugzwang sehe. Man werde gemeinsam mit Land und Bezirksregierung weiter arbeiten. CDU-Fraktionschef Dieter Rymann hatte sich solche Einblicke schon „viel früher“ gewünscht. Bernd Lehmann, Grünen-Fraktionsvorsitzender hob das Engagement des Umfelds hervor. Für seine Partei wünscht er bei einer ZUE in Gladbeck einen Beirat aus der Zivilgesellschaft.
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Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup, Leiterin der Flüchtlingsberatung der evangelischen Kirchengemeinde in Gladbeck, hätte sich dagegen auch Gespräche mit Bewohnern gewünscht, um zu erfahren, wie sie diese Art der Unterbringung erleben. „Was macht das mit den Menschen?“ Insbesondere der lange Aufenthalt – maximal sechs Monate für Familien, ansonsten bis zu 24 Monate – stört die Flüchtlingshilfe. In der ZUE warten die Flüchtlinge auf die Entscheidung über ihren Asylantrag. Das seien lange Wartezeiten, sagt die Gladbeckerin, die aber auch einräumt, dass es nach außen hin eine strukturierte und vor allem auch kleinere Unterkunft sei. Trotzdem halte sie das Prinzip der ZUEs für falsch, sagt Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup und verweist auf Beschlüsse der evangelischen Kirche.