Gladbeck. Die Gladbecker BSG richtet Autobahnbaustellen in ganz Deutschland ein. Ein wichtiger Job – und bisweilen auch ein lebensgefährlicher.
Jeder Autofahrer kennt sie, bei den wenigsten lösen sie Glücksgefühle aus: Autobahnbaustellen. Sie kommen meistens in einer unheiligen Allianz mit Staus daher, mit Lkw die sich auf die verengte, mittlere Spur quetschen und die Verkehrsthrombose komplettieren. Und dann auch noch dieses passiv-aggressive Schild, das für ein Verständnis dankt, das man doch gar nicht hatte.
Was vor lauter frustrierten Bissen ins Lenkrad untergeht: Der Aufwand, der hinter solch einer Baustelle steckt. Damit die Arbeiter nämlich überhaupt mal loslegen können, braucht es Schilder, Behelfsleitplanken, Baken, Fahrbahnmarkierungen und mehr. Dafür sorgt zum Beispiel die BSG, eine Gesellschaft für Straßenverkehrssicherung, seit über 45 Jahren. Mittlerweile deutschlandweit auf den Autobahnen zu Hause, stand in Gladbeck eine der ersten Niederlassungen, und nach 20 Jahren Exil in Bottrop ist die Firma wieder zurück – zunächst an der Beisenstraße, bis im Februar 2025 dann die eigens errichtete Hauptverwaltung an der Europastraße bezogen werden soll. Aber wie läuft der Alltag in einem Unternehmen, dessen Arbeit jeder Autofahrer kennt und doch irgendwie nie drüber nachdenkt?
Auf deutschen Autobahnen unterwegs: die Gladbecker BSG
„Alles beginnt mit der Ausschreibung der Autobahn GmbH, wenn eine neue Baustelle ansteht.“ Danny Franke, kaufmännischer Leiter der BSG in Gladbeck, lässt den Blick über den Schotterplatz schweifen. Je weniger Material auf dem Platz herumliegt, sagt er, desto besser. Schließlich heißt das, dass gerade viele Baustellen abgesichert werden, sprich: gute Auftragslage. Bakenblätter, fein säuberlich gestapelt, daneben die Anhänger mit LED-Schildern, die Hiobsbotschafter, die das Wegfallen einer Spur verkünden.
Quasi als Kulisse aufgetürmt stehen dahinter Betonwände, Nissenwände, also kurz die Elemente, die als temporäre Leitplanken dienen. Im DIN-Land Deutschland kann man die natürlich nicht einfach auf die Autobahn stellen. „Die hier“, Danny Franke streichelt ein Stück Metall, „sind in NRW verboten, der Fuß ist zu breit. Und die da“, der Blick wandert zu einem Stapel Betonbarrieren, „darf man schon länger nicht mehr nutzen.“ Was nicht heißt, dass sie jetzt ohne Nutzen wären. „In Brandenburg können die noch aufgestellt werden, da sind wir ja auch aktiv.“ Macht Sinn, denn wenn Brandeburg eins hat, ist es schließlich Platz.
Autobahnbaustellen: ein lebensgefährliches Geschäft
Worüber Franke da so spricht, mag den meisten Autofahrern bloß ein Ärgernis sein. Tatsächlich sind Planken, Baken und Schilder aber Lebensretter für die Bauarbeiter, und entsprechend gefährlich ist es für die BSG-Mitarbeiter, die Maßnahmen zu installieren. Danny Franke wird nachdenklich. „Es wurden schon Kollegen von Lkw erwischt. Mittlerweile muss vor diesen LED-Schildern ein tonnenschweres Fahrzeug stehen, sozusagen als Puffer. Aber wenn da ein 40-Tonner ungebremst reinfährt, bringt das auch nichts. Ein Kollege wollte in seinen Lkw einsteigen, da haben sie später noch seinen Arm am Türgriff gefunden.“
Trotzdem, oder gerade deswegen, sichert die BSG Baustellen weiter gewissenhaft ab. Zum Beispiel mit Käse. So sehen die gelben Rollen zumindest aus, die in einem Container auf ihren Einsatz warten, wie Käseräder. Tatsächlich sind es die Spulen mit den gelben Fahrbahnmarkierungen, die jeder Autobahnbaustelle ein bisschen Farbe verleihen. „Wenn die aufgetragen werden, muss man ganz genau auf die Witterungsverhältnisse achten. Aber manchmal machen Auftraggeber Druck und wollen, dass die Markierungen bei Regen auf die Straße kommen. Dann können sie sich lösen, so kommen diese krummen, gelben Linien zustande, die man manchmal sieht.“
BSG hofft auf alten Lagerplatz: „Besser geht’s eigentlich nicht“
Es läuft gut für die BSG, erzählt Franke beim Spaziergang zurück ins Büro, aber ganz sorgenfrei sei er trotzdem nicht. „Der Personalmangel trifft auch uns. Monteure und Zeichner kriegen wir immer, aber Leute, die eine Niederlassung führen können ...“. Dazu kommt der Umzugsstress, die BSG ist erst seit Februar wieder in Gladbeck. „Wir wären gerne in Bottrop geblieben, aber die Stadt hat nicht mit uns gesprochen.“ Im Fluch versteckt sich aber auch ein Segen, der neue Lagerplatz an der Beisenstraße liegt nämlich wortwörtlich direkt an der A2, „besser geht’s eigentlich nicht. Wir würden den Platz gerne auch nach unserem Umzug an die Europastraße behalten, die Lagerfläche dort ist auf jeden Fall zu klein. Aber Rothschild (Eigentümer des Geländes an der Beisenstraße, Anm. d. Red.) möchte dort Wasserstofftanks aufstellen. Mal sehen.“
Im Interimsbüro in der zweiten Etage – bald zieht hier die Strabag ein – beugt sich Sabine Niemöller über einen Plan. Die technische Zeichnerin plant den Einsatz von all den Utensilien, die draußen auf dem Schotterplatz liegen, sie und ihre Kollegin stellen aber auch die nötigen Anträge bei Behörden, Städten, der Autobahn GmbH. „Das ist das Herzstück hier, ohne die Kollegen geht nichts“, grinst Danny Franke, Sabine Niemöller grinst auch und schiebt einen Plan in eine Faltmaschine. Eine Faltmaschine? „Alle Pläne müssen zehn Mal ausgedruckt und genau auf DIN-A4 gefaltet werden. Da kommt man abends gerne mal auf 100 Pläne.“ Damit die Finger nicht bluten, gibt es die Faltmaschine. Und damit das deutsche Autobahnnetz in Schuss bleibt, gibt es die BSG.