Gladbeck. Der Weltmeistertitel hat in Deutschland eine Basketball-Euphorie entfacht. Hilft das dem Sport in Gladbeck? Gewissermaßen, sagt ein Experte.
Nicht unwahrscheinlich, dass dem Basketball in Gladbeck dasselbe Schicksal bevorsteht wie einst dem Tennis. Damals, in den 80er Jahren, als Boris Becker und Steffi Graf mit ihren Erfolgen den Tennis aufs deutsche Sporttableau brachten, stand gefühlt in jedem Kinderzimmer ein Tennisschläger. Nicht alle wurden tatsächlich mal ausgepackt, manchmal war nämlich der Wunsch Vater des elterlichen Gedankens, den eigenen Sprössling mal ganz in Weiß auf dem ehrwürdigen Rasen Wimbledons zu sehen. Trotzdem verzeichneten die Tennisvereine und -abteilungen riesigen Zulauf, der Becker-Boom hatte Deutschland fest im Griff. Andere Sportart, selber Effekt? Jens Conrad vom TV Gladbeck hält das für möglich – aus Erfahrung.
Denn vielleicht folgt jetzt, 2023 der Schröder-Boom. Oder der Obst-Boom. Oder der Wagner-Boom. Der Basketball-Boom jedenfalls ist gut vorstellbar, jetzt wo das Team des DBB (Deutscher Basketball Bund) in Manila zum ersten Mal in seiner Geschichte Weltmeister geworden ist. 4,6 Millionen Zuschauer sahen das Finale gegen Serbien am Sonntagnachmittag, ein Marktanteil von 35 Prozent für das ZDF, und da sind die Zuschauer bei privaten Streaminganbietern noch nicht mitgerechnet. Deutschlands Frontmann Dennis Schröder forderte prompt, jedes deutsche Länderspiel im Fernsehen zu übertragen. Denn nur das Finale wurde frei empfangbar gezeigt, es brauchte erst den Sensationssieg gegen die USA im Halbfinale, um das Interesse der Sender zu wecken.
Gladbecker Basketball war auch schon vor der WM im Trend
Jens Conrad von der Basketballabteilung des TV Gladbeck freut sich natürlich über den Sieg der deutschen Mannschaft, ob er den Basketballern einen personellen Aufschwung verschafft, bezweifelt er. „Den haben wir seit einem Jahr nämlich schon, zum Glück. Bis vor anderthalb Jahren hatten wir so wenige Sportler, dass unsere Existenz auf dem Spiel stand.“
Lesen Sie auch:
- Unwetter. Gewitter: Feuerwehr Gladbeck muss Löscheinsatz unterbrechen
- Kreisleitstelle. Feuerwehr zum E-Call: Wenn das Auto einen Notruf absetzt
- Überschwemmung. Starkregen: Diese Straßen sind besonders gefährdet
- Verkehr. Frust für Autofahrer, Sicherheit für Arbeiter: die BSG
- Dialog. Gladbecker Gastronomen sprechen über Hürden und Chancen
Heute trainieren beim TV Gladbeck wieder fünf Jugendmannschaften und drei Herrenmannschaften, „so viele, dass wir eher noch Probleme bekämen, müssten wir auf einmal viele Neuanmeldungen unterbringen“. Woran macht Conrad, der auch selbst Trainer ist, das fest? Zunächst mal an der Bronzemedaille bei der Europameisterschaft 2022, „danach hat man deutlich gemerkt, dass die Anmeldungen mehr wurden.“
Deutsche in der NBA: Popularität des Sports steigt
Noch ein wenig nahe liegender allerdings: die Strahlkraft der National Basketball Association, kurz „NBA“. Die nordamerikanische Liga ist zweifelsohne die stärkste Liga der Welt, wer in der Welt des Basketballs etwas werden will, muss bei einem der 30 Teams spielen. War der deutsche Vorzeigebasketballer Dirk Nowitzki als europäischer Spieler 1998 bei den Dallas Mavericks noch so etwas wie ein Exot, kommen die besten Spieler mittlerweile nicht mehr aus Amerika, sondern aus Kamerun (Joel Embiid) oder Serbien (Nikola Jokic), der Franzose Victor Wembanyama wird als größtes Talent seit LeBron James gefeiert.
Entsprechend sind auch andere deutsche Spieler Nowitzki in die NBA nachgefolgt, die Wagner-Zwillinge kennen die WM-Zuschauer schon, Daniel Theis auch, Dennis Schröder, klar, aber auch Maximilian Kleber spielt schon seit 2018 für die Dallas Mavericks.
Wie die Fußball-Bundesliga dem Basketball hilft
Und jetzt kommt der Clou, und der ist beinahe ironisch, weil der Fußball dem Basketball in Deutschland auf die Sprünge hilft: „Wenn die Eltern den Streaminganbieter DAZN abonniert haben, um zum Beispiel die Bundesliga und die Champions League live zu sehen, können die Kinder und Jugendlichen die NBA verfolgen“, sagt Jens Conrad. Dass das überhaupt geht, ist noch gar nicht so lange selbstverständlich: Bis vor wenigen Jahren musste man sich noch richtig ins Zeug legen, um in Deutschland überhaupt Spiele der NBA live empfangen zu können.
Na klar, mit der Basketball-Bundesliga hat auch Deutschland eine Top-Spielklasse, aber die besten Spieler zieht es eben in die USA. Und nicht nur das, viele Spieler glänzen auch abseits des Platzes als schillernde Persönlichkeiten und kochen Rivalitäten gerne künstlich hoch – das erhöht den Schauwert der Spiele. Alles Gründe für einen Basketball-Boom in Gladbeck, der schon vor der Weltmeisterschaft begonnen hat. Trotzdem erhofft sich Jens Conrad etwas vom deutschen Sieg: „Einen Trainer-Boom. Wir sind gerade sechs Trainer, wenn wir mehr wären, könnten wir auch mehr neue Basketballer aufnehmen.“
Das sagen die Gladbecker Nachwuchs-Basketballer
Die Spieler der U14-Mannschaft des TV Gladbeck haben indes noch mal andere Gründe für ihre Liebe zum Basketball. Ahmed (13) und Daniil (12) hat die Anime-Serie „Kuroko no Basket“ vom Sport überzeugt, „früher war ich beim Fußball“, sagt Ahmed. Die WM haben die beiden nicht direkt verfolgt, „aber die Mannschaft hat in unserer Whatsapp-Gruppe immer davon erzählt.
Der 11-Jährige Ensar war von einem Video auf Social Media ganz begeistert. „Da hat jemand gezeigt, wie gut er dribbeln kann. Deswegen habe ich mir einen Basketball gekauft und auf dem Schulhof angefangen, Dribblings zu üben.“ Das war 2022, seit Februar 2023 ist er beim TV Gladbeck, „das macht echt sehr, sehr viel Spaß“. Die acht Spiele der deutschen Mannschaft hat er sich alle angeguckt, „damit ich mir auch ein paar Techniken abgucken kann, damit ich selber besser werde.“