Gladbeck. Das Land NRW verzichtet auf die geplante Flüchtlingsunterkunft im Van der Valk in Gladbeck. Land und Stadt planen stattdessen gemeinsam neu.
Die ZUE im Gladbecker Hotel Van der Valk ist vom Tisch. Es wird dort keine Flüchtlingsunterkunft des Landes für mehr als 600 Menschen geben. Das teilten die Stadt Gladbeck und das Land NRW am Donnerstagnachmittag in einer Erklärung mit. Man werde stattdessen nun gemeinsam nach alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete in Gladbeck schauen.
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„Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Lösung nach monatelangen Diskussionen gefunden haben. Wir haben immer wieder unsere Bedenken geäußert und unsere Gründe für die Ablehnung deutlich gemacht. Das Votum des Stadtrates vom 15. Juni und die Stimmung in der Stadtgesellschaft werden damit respektiert, dafür danke ich dem Land NRW ausdrücklich“, so Bürgermeisterin Bettina Weist zu der neuen, sehr überraschenden Wendung.
Gladbeck will gemeinsam mit dem Land andere Flächen für kleinere ZUE in Blick nehmen
Carola Holzberg, zuständige Abteilungsleiterin im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW, erläutert die Gründe für die Abkehr vom Standort Van der Valk in Gladbeck: „Uns ist klar, dass sich bei den Prüfungen für neue Einrichtungen für Geflüchtete nicht alle Standorte realisieren lassen.“ Jetzt wollen Land und Stadt alle Möglichkeiten zur Schaffung weiterer Kapazitäten, das heißt, auch kleinere Liegenschaften oder Freiflächen in den Blick nehmen. Denn auch das sei klar: Die Stadt Gladbeck, heißt es in der Erklärung weiter, bekenne sich zu ihrer Verantwortung, geflüchteten Menschen Schutz und Unterkunft zu bieten.
Schon auf der SPD-Bürgerversammlung Mittwochabend auf dem Ellinghorster Fußballplatz hatte Weist eine mögliche positive Entwicklung in Sachen ZUE angedeutet. Das jüngste Schreiben des Landesministeriums an die Stadt Gladbeck, das am Montag noch für große Empörung bei der Stadtspitze gesorgt hat, läutete kurioserweise diese Wende ein.
Gladbeck will auch künftig „sicherer Hafen“ für Flüchtlinge sein
Dem Schreiben, erklärte Weist den gut 250 Gladbeckerinnen und Gladbeckern auf der Bürgerversammlung, seien intensive Gespräche mit dem Ministerium gefolgt. Endlich habe man einen Ansprechpartner, und noch dazu jemanden, der bereit sei Brücken zu bauen gemeinsam mit der Stadt Gladbeck. Weist untermauerte auf der Bürgerversammlung erneut, das man eine ZUE in der geplanten Größe und an der Stelle, also bei Van der Valk, auf jeden Fall verhindern wolle. Wohlgemerkt, an der Stelle. Man sei in Gladbeck nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme geflüchteter Menschen. Ganz im Gegenteil. „Wir sind ein sicherer Hafen und wollen das auch in Zukunft bleiben“, erklärte Weist.
Ausdrücklich lobte die Bürgermeisterin die langjährige, gute Flüchtlingsarbeit der evangelischen Kirche in Gladbeck. Sie erinnerte außerdem daran, dass man auch vonseiten der Stadt sowohl 2015 und auch aktuell seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine gute Arbeit bei der Unterbringung geflüchteter Menschen geleistet habe.
Gladbecker Flüchtlingshilfe: ZUEs sind „Orte der Perspektivlosigkeit und der Angst“
Als „Orte der Perspektivlosigkeit und der Angst“ kritisierte Mittwoch Abend Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup die Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes. Die frühere evangelische Pfarrerin engagiert sich seit 30 Jahren in der Flüchtlingsarbeit. Das Konzept ZUE, betonte sie, habe sich nicht bewährt. Unterstützung für die Gladbecker im Kampf gegen die geplante große Unterbringung bei Van der Valk kam auch aus Marl. Zwei Mitglieder der dortigen Flüchtlingshilfe schilderten das Leben in der ZUE in ihrer Stadt. „Die Menschen dort sprechen von Zuständen wie in den Camps in Griechenland und der Türkei“, erklärten sie.
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Scharfe Kritik übten beide zudem an der absoluten Blockadehaltung der Bezirksregierung Münster. Seit vier Jahren bemühe man sich darum, dass Ehrenamtliche in die ZUE dürfen, um Geflüchtete im Alltag zu begleiten, ihnen ein wenig mehr Teilhabe zu ermöglichen. Vergebens. Außer großer Versprechungen habe sich nichts getan.
Die überraschende Wendung hatte dann auch Auswirkungen auf die Ratssitzung am Donnerstagnachmittag. Bürgermeisterin Bettina Weist gab zu Beginn eine persönliche Erklärung ab und erläuterte den neuen Sachstand. Sie schlug vor, die geplante Abstimmung über die Aufstellung eines Bebauungsplans, der am Wittringer Wald eine Nutzung als Hotel festschreibt, von der Tagesordnung zu nehmen. Zur Erinnerung: Über dieses Baurecht wollte die Verwaltung die ZUE am Wittringer Wald verhindern oder aber zumindest verzögern. Mit großer Mehrheit folgte der Rat dem Vorschlag der Bürgermeisterin. Lediglich die AfD-Vertreter wollten den Worten des Landes nicht uneingeschränkt glauben schenken und das Aus für die ZUE übers Baurecht absichern.