Gladbeck. Beim Ortstermin am neuen Gladbecker Logistikzentrum Beisenstraße äußerten Anwohner große Verärgerung. Das sind Kritikpunkte.

Ortstermin beim Logistikzentrum an der Beisenstraße: „Gladbecker können das neue Logistikzentrum besichtigen“, so hieß es in der Pressemitteilung. Der Bauherr, die „Alcaro Invest“, der Mieter aus der Schweiz vom Unternehmen „swiss commerce“ sowie die Stadtverwaltung Gladbeck wären anwesend, um Fragen zu beantworten. Ob die Gastgeber mit einem so großen Interesse gerechnet hatten, ist zu bezweifeln.

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Jedenfalls standen am Mittwoch (9. August) rund 100 Interessierte – in der Mehrheit Anlieger – schon vor dem Termin um 17 Uhr auf der Einfahrt an der Beisenstraße 47, dem ehemaligen Sarotti-Gelände. Noch war das Rolltor geschlossen. Dass es schon seit einiger Zeit unter der Anliegerschaft des für Gladbecker Verhältnisse riesigen Gebäudes rumort, wurde ziemlich deutlich, konnten sich doch zu Beginn, aufgrund zahlreicher Unmutsbekundungen, sowohl Investor als auch neuer Mieter nur schwer verständlich machen.

Als die Gladbecker Bürgermeisterin nicht kam, machten einige Besucher kehrt

Als Michael Berger vom Büro der Bürgermeisterin bekannt gab, leider sei Bettina Weist terminlich verhindert, steigerte sich die Unruhe noch einmal, und einige verließen daraufhin direkt wieder das Gelände. Nachdem die Tore geöffnet wurden zur 15.000 Quadratmeter großen und 13 Meter hohen Lagerhalle, ergriff Kevin Heiniger, Logistikleiter des neuen Mieters, das Wort, um zu erläutern, was in Zukunft hier stattfinden werde.

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Markus Kroner, zweiter Geschäftsführer von Alcaro Invest, sprach beim Ortstermin mit Gladbeckern über deren Sorgen im Zusammenhang mit dem neuen Logistikzentrum.
Markus Kroner, zweiter Geschäftsführer von Alcaro Invest, sprach beim Ortstermin mit Gladbeckern über deren Sorgen im Zusammenhang mit dem neuen Logistikzentrum. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Das Unternehmen, das zahlreiche Online-Shops mit Nischenprodukten betreibt, wird in Gladbeck unter anderem Artikel für den Heimtierbedarf, Tierfutter, Kleidung sowie Gerät für Jagd- und Reitsport und Fischereizubehör lagern und logistisch verwalten. Die Anwohner der Beisenstraße befürchten nun, dass die ohnehin bereits stark beanspruchte Straße noch lauter und unsicherer werde durch den zunehmenden Lkw-Verkehr. Als Sprecher der Anlieger fasste Hans-Peter Kock die Kritik der Bürgerinnen und Bürger in einem Satz zusammen: „Wir sind überhaupt nicht mitgenommen worden.“ Seit Februar dieses Jahres habe man die Bürgermeisterin viermal angeschrieben und um einen Termin gebeten: Und bis jetzt sei nichts passiert.

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Dem widersprach Michael Berger, stimmte allerdings zu, dass man versäumt habe, spätestens zum Richtfest des Gebäudes Anfang März 2023 die Anlieger einzuladen; die Verärgerung darüber sei „nachvollziehbar“. Karsten Fuchte, Leiter des Amtes für Bauen, Planen, Umwelt, erläuterte anhand der Pläne, dass das Grundstück explizit als Industriegebiet ausgewiesen sei und es aus rechtlicher Sicht nur eine Bürgerbeteiligung hätte geben können, wenn am geltenden Bebauungsplan Änderungen vorgenommen werden sollten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. So habe die Stadtverwaltung der Ansiedlung des Unternehmens zugestimmt.

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Gladbecker besichtigten das imposante Logistikzentrum an der Beisenstraße.
Gladbecker besichtigten das imposante Logistikzentrum an der Beisenstraße. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Kevin Heiniger vom Unternehmen „swiss commerce“ zeigte sich im Anschluss überrascht vom Unmut der Anlieger. Er habe „viel Frustration“ verspürt, so der Leiter der Logistik. Er unterstrich eindringlich: „Wir wollen das Projekt einvernehmlich mit der Bevölkerung realisieren und nicht auf Kosten der Anwohner.“ Er rechne mit etwa 800 Lkw im Jahr, wobei der Verkehr über die rückwärtige Seite der Beisenstraße geleitet werde, um die Anwohner zu entlasten. Darüber hinaus sei kein Arbeitsbetrieb rund um die Uhr vorgesehen, sondern jeweils eine Tagesschicht von 7.30 bis 16.30 Uhr.

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Einladung zum Treffen

Die Stadtverwaltung Gladbeck weist darauf hin, dass Bürgermeisterin Bettina Weist für den 18. September in die Albert-Schweitzer-Schule in Ellinghorst einlädt, um über die Ansiedlung des Logistikzentrums zu informieren und Fragen der Anlieger zu beantworten. Beginn: 18 Uhr.

Kevin Heiniger von swiss commerce bekräftigte im Anschluss an die Versammlung gegenüber der WAZ, er werde in einem halben Jahr Hans-Peter Kock und alle Anlieger zum Gespräch einladen. Auch wichtig: Bewerbungen für einen Arbeitsplatz beim Unternehmen können ab sofort erfolgen. Informationen dazu unter swiss-commerce.ch

All dies konnte die Anwohnerschaft nur wenig besänftigen, verärgert auch darüber, dass man „einen solchen Klotz“ auf das Grundstück gebaut habe, wie eine junge Frau kritisierte. Das Haus, in dem Guido John wohnt, hat sein Großvater gebaut, er selbst wohnt seit 1953 darin. Die Veränderungen in seinem Umfeld seien so „nicht mehr hinnehmbar“, empörte er sich und ergänzte: „Mein Eigentum ist an der Grenze der Unbewohnbarkeit.“ Er schaue nunmehr aus den meisten seiner Fenster auf „die schwarze Wand“ – die häufigste Kritik an diesem Nachmittag.

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Es fiel auf, dass seitens der örtlichen Politik nur Ratsherr Volker Musiol (SPD) anwesend war, der sich nach eigenen Worten „irritiert“ von den Protesten zeigte. Er sei gekommen, weil es sich um eine Informationsveranstaltung handeln sollte. Von der Bürgerunzufriedenheit sei ihm nichts bekannt gewesen. Auf Nachfrage beim gewählten Ellinghorster Ratsvertreter Wolfgang Wedekind (SPD) hieß es, er habe keine Einladung bekommen. Nach knapp zwei Stunden war die Veranstaltung beendet, da war nur noch eine kleine Gruppe von Besuchern anwesend.

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