Gladbeck. . Revag-Geschichtskreis und der Verein „Lebenswerter Wohnen Luftschacht“ wollen Buch über Ellinghorst herausbringen. Bewohner können sich beteiligen.

Tief in der Vergangenheit von Ellinghorst wollen der Revag-Geschichtskreis und der Verein „Lebenswerter Wohnen Luftschaft“ graben. Und was sie zutage fördern an Fakten, Erinnerungen und Zeitdokumenten soll in ein Buch münden. Geplant ist, dass es in zwei Jahren auf den Markt kommt. Möglicher Titel: „Leben und Arbeit in Ellinghorst“.

Von der Bauerschaft zur Industrie

Walter Hüßhoff vom Revag-Geschichtskreis sagt: „Wir hatten den Eindruck, dass der Ortsteil ein bisschen stiefmütterlich behandelt wird.“ Dabei, so Bettina Normann, sei „Ellinghorst von der Fläche her der größte in Gladbeck“. Und nachweislich urururalt: Hier liegt das jungbronzezeitliche Gräberfeld der Stadt. In der seinerzeit neuen Arbeiterkolonie an der Maria-Theresien-Straße wurden bei Arbeiten am 10. Juli 1936 Tonscherben, Knochensplitter und eine fast unversehrte Urne entdeckt. Es schlossen sich gezielte Grabungen an, die weitere Fundstücke ans Tageslicht brachten. Und zu der Erkenntnis führten: An dieser Stelle befand sich einst ein Friedhof.

Kollektives Gedächtnis

Dies ist nur ein Kapitel der Geschichte Ellinghorsts, das die Luftschacht-Vereinsvorsitzenden Peter Kock und Bettina Normann sowie Walter Hüßhoff und Heinrich Neumann vom Revag-Kreis für ihr Buch aufschlagen wollen. Doch da sind noch so viele andere Ereignisse und Entwicklungen, die Einheimischen im Gedächtnis haften geblieben sind wie Kohlenstaub auf der Haut. Zum Beispiel Geschäfte, die längst passé sind, aber früher aus dem Alltag nicht wegzudenken waren: die Bude anne Ecke, der Frisör, der Tante-Emma-Laden, die Metzgerei oder die Waldschänke „Heftzwecken-Hilde“.

Von Baracken und Firmen

Der 66-jährige Hüßhoff ruft die Barbara-Werke in Erinnerung: „Da wurden 60 000 Ziegelsteine pro Tag hergestellt.“ Später sei dort Dämmmaterial produziert worden: „Die Werke waren die direkten Vorgänger von Rockwool.“ Und der meterhohe „Sarottimohr“, das Markenzeichen einer Süßwarenfirma, ist vielen Ellinghorstern ebenfalls unvergessen. Hüßhoff erzählt: „Das Unternehmen hatte hier in den 1960er Jahren ein Zwischenlager.“

Der 58-jährige Heinrich Neumann ist in Ellinghorst in den Baracken groß geworden, die im Volksmund „Nissen-Hütten“ hießen. Auch daran sind viele Erinnerungen geknüpft. Und Bettina Normann, 43 Jahre alt, hat vieles von ihrem Vater, einem Bergmann, und ihrer Großmutter erfahren.

Um Mithilfe wird gebeten

Der Verein „Lebenswerter Wohnen Luftschacht“ wurde im Jahre 2007 gegründet. Ihm gehören aktuell rund 150 Haushalte mit weit mehr als 200 Mitgliedern an.

Der Revag-Geschichtskreis zählt derzeit 20 Mitglieder. Walter Hüßhoff: „Wir wollen mithelfen, Geschichte zu konservieren und vor allem in die Jugend hineinzutragen, damit sie aus der Vergangenheit lernen kann.“

Beide Vereine haben vor, in Kooperation zu ihrem Buch-Projekt „Ellinghorst“ weitere Veranstaltungen anzubieten. Geplant sind eine Erlebniswanderung und Spiele „gestern und heute“. „Eventuell wollen wir auch eine Ausstellung präsentieren“, sagt Walter Hüßhoff.

An einem Nachmittag sollen Ellinghorster Erinnerungen und Geschichten austauschen können.

Wer zu dem Buch etwas beitragen möchte, kann sich melden bei Bettina Normann ( 37 59 29) oder Walter Hüßhoff ( 6 22 07).

Die Geschichtsfreunde hoffen, dass – wenn sie nun dem Gedächtnis der Ellinghorster einen Stupps geben – Fakten und Anekdoten wieder aus der Versenkung emporsteigen. Hüßhoff ist davon überzeugt, dass es viele Menschen gibt, die sich an das Damals erinnern können. Das Quartett wünscht sich, dass die Ellinghorster ihr Wissen teilen und in das Buch einfließen lassen: „Die Leute sollen sich mit ihren Geschichten wiederfinden.“ Mit dem Buch soll die Verbundenheit mit Ellinghorst gestärkt werden. Kock & Co. wollen Material sammeln, recherchieren, Interviews führen, Kontakte zu Schulen, Vereinen und Firmen knüpfen, um Einblick in Chroniken zu nehmen. Das Konzept sieht vor, die Entwicklung von der einstigen Bauernschaft zum Standort von industriellen Unternehmen nachzuzeichnen. Neumann: „Wir würden uns besonders über Fotos freuen.“

Hinweistafel zum Luftschacht 

Der Name Ellinghorst hat seine Wurzeln in der alten Ortsbezeichnung Elling (Erlen) und -horst (Gehölz). Der Ortsteil setzt sich zusammen aus den drei Siedlungen Luftschacht, Haarbach und Pestalozzidorf. Beim besagten Luftschacht handelte es sich um den Wetterschacht (5) der ehemaligen Zeche Möller, später Rheinbaben. Das ehemals markante Gerüst ist mittlerweile von der Bildfläche verschwunden, nur ein Betongehäuse, eine so genannte Protegohaube, ist geblieben. „Das Gerüst muss in den 1970er Jahren abgerissen worden sein“, meint Bettina Normann (Jahrgang 1971), „ich kann mich noch vage erinnern, wie es gestanden hat.“

Wer kann ein Foto beisteuern?

Stadtarchivarin Katrin Bürgel weiß: „Im ersten und im zweiten Weltkrieg befanden sich am Luftschacht Baracken für Kriegsgefangene.“ Die Expertin hat Informationen zusammengetragen, die demnächst auf einem Hinweisschild vor Ort dem Leser sagen, was es mit dem Luftschacht auf sich hatte. Es handelt sich um die mittlerweile siebte Tafel, die an historisch bedeutsamen Stellen in Gladbeck installiert sind. Für dieses Schild wird noch ein Foto benötigt: „Möglichst mit Gerüst“, so Katrin Bürgel.

Wer solch ein Bild zur Verfügung stellen möchte, kann sich im Stadtarchiv, Neues Rathaus (Untergeschoss, 99 27 00) melden.