Gladbeck. Nach dem Tod von Regina Winckler haben Gaudensia und Olav Kuschmierz die Afrika Lounge in Gladbeck übernommen. Das Paar plant so einiges.

Regina Winckler, beliebte Gastronomin in Gladbeck, ist Anfang März nach langer Krankheit gestorben. Nicht, ohne vor ihrem Tod Sorge dafür zu tragen, dass „ihr Kind“, die Afrika Lounge im Herzen der Innenstadt, in gute Hände kommt und weiter besteht. Der Betrieb bleibt in Gladbecker Hand. Gaudensia und Olav Kuschmierz haben ihn übernommen. Das Paar, das einst zu den Stammgästen gehörte, hat sich einiges vorgenommen – für die Karte, die Räume und eine VIP-Version des Lokals. So geht’s weiter mit der Afrika Lounge.

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Von Von Steffen Bender

Wenn Gaudensia und Olav Kuschmierz über Regina Winckler sprechen, schwingen zwischen den Sätzen Trauer, Respekt, Freundschaft und – ja, auch – Bewunderung mit. Unvergessen die erste Begegnung mit der Chefin, die mit so viel Herzblut ihre Cocktailbar an der Goethestraße betrieb. Das war, so Olav Kuschmierz, im Jahre 2018. Die gebürtige Kenianerin Gaudensia erzählt, sie sei zu einem 60. Geburtstag in die Lounge eingeladen worden. Afrika? Der Namensbestandteil ließ „Nelly“, wie sie genannt wird, aufhorchen. Da treffen sich doch bestimmt viele Menschen aus ihrer Heimat...!? Dem war nicht so, aber Gaudensia und Olav fühlten sich trotzdem ad hoc wohl, wurden Stammgäste.

Gaudensia und Olav Kuschmierz wechseln vom Gastraum hinter den Tresen

„Regina“, Nelly spricht’s mit weichem „g“ wie im Englischen aus, „Regina kam in die Chemo und kehrte nicht nach Hause zurück.“ Aber die 37-Jährige und ihr Mann wussten: Sie hätte gerne, dass die Lounge nicht verwaist zurückbleibt, eine Übernahme war eingestielt. Der 54-Jährige: „Wir haben das Lokal zum 1. März übernommen.“

Der Gladbecker Olav Kuschmierz mixt in der Afrika Lounge die Cocktails – bedient auch Sonderwünsche.
Der Gladbecker Olav Kuschmierz mixt in der Afrika Lounge die Cocktails – bedient auch Sonderwünsche. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Genauer gesagt, so korrigiert er sich, ist seine Frau die Inhaberin. Wenn jemand die Nachfolge eines so geschätzten Menschen wie Regina Winckler wagt, dann tritt er in große Fußstapfen. Das weiß das Gladbecker Paar. Olav Kuschmierz erinnert sich: „Regina war kontaktfreudig, freundlich, wollte es allen recht machen.“ Seine Frau ergänzt: „Sie war einfach super – mit ihr kann ich mich nicht vergleichen.“

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Oder vielleicht doch, wenn auch auf eine andere Weise? Denn dass es Nelly und Olav in den Fingern juckt, ihren Gästen eigene Ideen zu servieren, ist spürbar. Dabei wollen sie allerdings,trotz ihres Tatendrangs, behutsam vorgehen. Der Spirit of Afrika Lounge, den Regina Winckler versprühte und den ihr Publikum liebgewonnen hatte, soll sich nicht in Luft auflösen. Ein sanfter, achtsamer Mix aus Gewohntem und Neuem – das ist das Rezept à la Kuschmierz.

Ein Hauch von Afrika weht in der Afrika Lounge in der Gladbecker Innenstadt.
Ein Hauch von Afrika weht in der Afrika Lounge in der Gladbecker Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Dabei spielt sicherlich eine Zutat auch eine Rolle: ein Quentchen Besonnenheit ob der frischen Herausforderung. Der 54-Jährige ist Betriebsschlosser bei BP und arbeitet in Wechselschicht. Seine Frau stammt aus der 1,2-Millionen-Stadt Mombasa in Kenia, lebt seit fünf Jahren in Gladbeck. „Ich habe vor drei Jahren bei der Arbeiterwohlfahrt eine Ausbildung zur Pflegehilfskraft gemacht“, erzählt die 37-Jährige. Nun will sie sich zur Pflegekraft qualifizieren, drückt wieder die Schulbank. Ach ja, vier Kinder zwischen zwei und 17 Jahren komplettieren die Familie Kuschmierz.

Öffnungszeiten und Reservierung

Die Afrika Lounge an der Goethestraße 59 ist zu folgenden Zeiten geöffnet: dienstags bis donnerstags zwischen 17 Uhr und 0 Uhr, freitags und samstags ab 17 Uhr und über Mitternacht hinaus. „Dann haben wir open end“, sagt Neuchefin Gaudensia Kuschmierz. Die 37-Jährige fügt hinzu: „Die Küche ist bis 22 Uhr geöffnet.“ Sonntags bleibt die Afrika Lounge geschlossen.

Gut 60 Sitzplätze stehen drinnen zur Verfügung. Hinzu kommen ein paar Tische im Außenbereich. Olav Kuschmierz empfiehlt: „Es ist besser, Plätze zu reservieren, gerade am Wochenende.“ Kontakt: 0 20 43/29 52 29.

Also keine Kenntnisse im Gastgewerbe? Doch! Nelly erzählt, Hotelmanagement und Catering habe sie in ihrer Heimat gelernt. Und: „Ich wollte immer etwas in der Gastronomie machen.“ Wenn wundert’s da, dass sie sich sichtlich wohl in der Gladbecker Afrika Lounge fühlt? Ein bisschen hat das energiegeladene Paar im Gastraum verändert, ein Teil der Dekoration ist „in den Keller gewandert“. Die Inhaberin sagt: „Eine Schlange habe ich weggeräumt. Warum denken die Menschen bei Afrika immer auch an Schlangen?“ Nein, so ein Reptil wollte die 37-Jährige nicht vor der Nase haben.

Pflanzen, Bananenstauden, wahre Herden von Giraffen, Elefanten und anderes Getier – okay. Bei manchem Figürchen handelt es sich um ein Geschenk, das Publikum von Reisen Regina Winckler mitgebracht hat. „Stammgäste haben uns gebeten, die Afrika Lounge nicht zu sehr zu verändern“, berichtet die Inhaberin. Und der Gast ist König und Königin.

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Deswegen bleibt auch vieles auf der Karte unangerührt – vor allem oft verlangte Getränke. Gaudensia Kuschmierz: „Ich weiß, was die Leute trinken.“ Ihr Mann erklärt: „Regina hatte schätzungsweise mehr als 60 Cocktails auf der Karte – plus Drinks ohne Alkohol. Aber manches wurde kaum bestellt.“ Daher will das Paar das Angebot etwas ausdünnen. Sollte jemandem nach einem besonderen Cocktail gelüsten, dann mixt der 54-Jährige ihn eben auf Wunsch.

Giraffen soweit das Auge reicht, zieren die Gladbecker Afrika Lounge. Ein paar Elefanten und andere Tiere gesellen sich dekorativ dazu.
Giraffen soweit das Auge reicht, zieren die Gladbecker Afrika Lounge. Ein paar Elefanten und andere Tiere gesellen sich dekorativ dazu. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Glasklar, Klassiker wie Swimmingpool aus Wodka, Blue Curacao, Ananassaft, Kokossirup und Sahne oder Olavs Lieblingsdrink Caipirinha – Pitu, Limette und brauner Zucker gehen eine spritzige Verbindung ein – sind ein Muss. Die haben ihren festen Platz. Favorit der 37-Jährigen ist Mariposa. Dafür kommen Limette, Zitrone, Karamellsirup, Likör sowie Maracuja- und Orangensaft in den Shaker. Ob Mojito oder Bierchen, Gäste dürften beim reichhaltigen Angebot weiterhin immer fündig werden.

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Das gilt auch für die Speisen. Mexikanische Gaumenfreuden und Currywurst bleiben. Klar wie Kloßbrühe für die Inhaberin: „Ich kann Stammgästen doch nicht ihr Schnitzel wegnehmen.“ Andere Gerichte aus Afrika mit intensiveren, vielleicht auch schärferen Gewürzen sollen hinzukommen. Fladenbrot, Yamwurzel, Fleischtöpfe – Gaudensia fällt da so einiges ein. Eine Vollzeitkraft beschäftigt sie in der Küche: „Außerdem habe ich hier neun Teilzeitangestellte, aber das reicht immer noch nicht.“

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Gaudensia – wenn man als Wurzel des Namens das Lateinische „gaudere“ heranzieht, ist Nelly eine Frau, die sich freut. Genau das strahlt die 37-Jährige nicht nur aus. Lebensfreude und gute Laune will sie auch weitergeben an ihre Gäste. Da passt eine Idee des Paares ins Konzept wie Deckel auf Topf: internationale Live-Musik oder DJs, die Stimmung in die Lounge bringen. Olav Kuschmierz hofft, „dass wir die Leute animieren können, auch mal zu tanzen“.

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Dazu könnte ein Projekt beitragen, das noch nicht ausgegoren ist. Sollte sich die Möglichkeit ergeben, die Fläche des jetzigen Lokals zu erweitern, „planen wir eine VIP-Afrika-Lounch: etwas moderner und für junge Leute.“

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