Gladbeck. Vivien Rettberg erfüllte sich den Traum, professionell mit Tieren zu arbeiten. Die Hundetrainerin arbeitet hauptberuflich im Gladbecker Rathaus.
Vivien Rettberg ist ein hilfsbereiter und sozialer Mensch. Das zeigt sie auch im Berufsleben im Rathaus, wo die junge Frau im Amt für Jugend und Familien alleinerziehende Mütter oder Väter berät sowie deren Kinder unterstützt. Die Gladbeckerin hat seit Kindestagen aber auch eine Leidenschaft für Hunde. Ihre persönlichen Erfahrungen mit einem „Problemhund“ sorgten dafür, dass sich die Halterin mit Trainingsmöglichkeiten beschäftigte, um die Situation zu verbessern. Mit so guten Erfahrungen, dass sich die 25-Jährige als Hundetrainerin fortgebildet hat. Im Nebenjob bietet sie nun bei unterschiedlichsten „Leidenswegen“ ihre professionelle Hilfe in Gladbeck an, damit es den Vierbeinern und ihren Herrchen oder Frauchen besser geht.
„Happy Dogs Hundetraining“ heißt das Unternehmen, mit dem sich Vivien Rettberg über eine Homepage im Internet präsentiert. Dort bietet sie auch einen Service an, der eigentlich kontraproduktiv ist, wenn sie ihre Mission nur am Geldverdienen ausrichten würde: Die Beratung und Unterstützung vor und bei der Auswahl und Anschaffung eines Hundes. „Denn dabei können Fehler vermieden werden, die das harmonische Zusammenleben erschweren, wenn ein Tier in die Familie kommt, das mit seinen Bedürfnissen, seiner Wesensart nicht in die Lebenssituation der Halter passt“, weiß die Trainerin aus leidvollen Berichten ihrer Kunden.
Der erste eigene Hund wurde aus einer illegalen Massenzucht gerettet
Eine besondere, private Leidensgeschichte brachte die Gladbeckerin letztlich dazu, den Weg in die Profession als vom Veterinäramt zertifizierte Hundetrainerin zu beschreiten: ihre erste eigene Hündin „Nessie“. Sie wurde von Vivien Rettberg im Tierheim ausgewählt, weil ihr die völlig verängstigte Hündin aufgefallen war. Ein Cairn-Terrier-Schnauzer-Mix, der aus einer illegalen Bottroper Massenzucht herausgeholt wurde, wo man das Tier als „Wurfmaschine“ missbraucht hatte. „Ich habe sie aufgenommen, weil sie eigentlich als nicht vermittelbar galt und in einem erbärmlichen Zustand war“, erzählt die Tierfreundin. Die vierjährige Hündin habe zuvor nie ihre qualvolle Haltung verlassen, sie hatte keine ausgebildete Muskulatur, Allergien, kaum Haare, war voller Angst und depressiv.
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„Mit nahezu autistischen Züge, so dass sie auch ihr Körbchen gar nicht verlassen wollte“, berichtet Vivien Rettberg. Erste Kontakte zu Hundeschulen wurden schnell verworfen, „Gruppentraining kam nicht in Frage, da Nessie auch große Angst vor andern Hunden hatte“. Die junge Halterin begann sich so selbst intensiv mit Hundetraining zu befassen, suchte sich Fachliteratur, schaute Videos von Hundetrainern im Internet, um behutsam mit Nessie zu arbeiten und ihr Vertrauen zu gewinnen. „Das waren zwei harte Jahre, bis sich immer mehr Erfolg einstellte“, sagt sie. Ihre ruhige, freundliche und kontinuierliche wie wohl kompetent wirkende Arbeit auch in öffentlichen Parks habe offenbar dafür gesorgt, „dass andere Hundehalter auf mich aufmerksam wurden und mich angesprochen haben, ob ich ihnen Tipps für ihr Tier geben kann“.
Die Diagnose der Mensch-Hund-Beziehung ist wichtig
Die Anfragen seien immer mehr geworden, so dass ihr der Bedarf deutlich geworden sei, „wie viele Hundehalter professionelle Hilfe benötigen“. Damit sei der Wunsch in ihr gereift, ihre Leidenschaft, mit Tieren zu arbeiten, professionell aufzustellen. Über ein Schulungszentrum für Hundetrainer (Ziemer & Falke) bildete sich Vivien Rettberg nebenberuflich theoretisch und praktisch fort – zum Beispiel in der Diagnose der Mensch-Hund-Beziehung, Verhaltenstherapie, Impulskontrolle, Kommunikations- und Interventionstechniken sowie der Gestaltung verschiedenster Trainingsformen. Nach rund 200 Stunden Ausbildung folgten ein schriftlicher Test und eine praktische Prüfung. Beide erfolgreich, so dass der Weg in den Zweitjob offen stand.
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Dies sei einerseits sicher eine Doppelbelastung. „Es gibt mir aber viel zusätzliche Energie, dass ich auch meine Leidenschaft für Hunde als Beruf ausüben kann“, sagt die Beamtin. Deren Faible auch bei ihrer Bachelorarbeit (Bachelor of Laws) beim Studium auf dem Weg zur Stadtinspektorin deutlich wurde, die das Thema „Der Hund am Arbeitsplatz in der Verwaltung“ trägt – und Vor- wie Nachteile für den Arbeitgeber und die Beschäftigten aufzeigt. Was Vivien Rettberg selbst beruflich hinbekommen hat, gilt auch als Motto für ihre Hundeschule: „I make it happen – ich mache es möglich“, steht auf ihrem Sweatshirt.
Für den Lernerfolg kommt es auf die Ausdauer der Hundehalter an
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„Wenn man am Ball bleibt, kann man alles hinbekommen“, gibt sie als Erfolgsgarantie ihren Kunden mit auf den Weg. Dies bedeute aber auch, dass der Halter bereit sein müsse, „kontinuierlich mitzuarbeiten und letztlich das Training zu machen“. Denn diese wichtige, auch langfristige Lernphase erfolge nicht durch den Hundetrainer, der die Methode anleite, verbessere und korrigiere. Deutlich wird das beim Training am Nachmittag, mit der Terrier-Dame Ida sowie ihren Haltern Vera und Joachim Kaminski. Beide (60) loben Vivien Rettberg, „wir sind seit vier Monaten im Training, und es hat einen großen Effekt“. Ihre agile Hündin habe durch viel gemeinsame Arbeit bereits gelernt, „ihr Temperament und ihre Aufregung im Haus zu zügeln und auch im Außenbereich Artgenossen gelassener begegnen zu können“.