Gladbeck. Vier Anlaufstellen im Stadtgebiet bieten in der Energiekrise einen Platz zum Aufwärmen an. So wird das Angebot der Wärmestuben bislang genutzt.

In der kommenden Woche sollen die Temperaturen auch in Gladbeck in die Minusgrade absinken. Gut zu wissen, dass es vier öffentliche Wärmestuben im Stadtgebiet gibt, die in der Energiekrise mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher seit einer Woche betrieben werden. Noch ist die Nachfrage nicht groß, „das könnte sich mit den fallenden Temperaturen ändern“, sagt Stadtpressesprecher David Hennig. Eine Zwischenbilanz.

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In der Stadtmitte stehen das Lesecafé der Stadtbücherei und das Fritz-Lange-Haus zum Aufwärmen zur Verfügung, in Gladbeck-Ost/Grenze Zweckel die Tenne des Kotten Nie und im Stadtsüden das Heinrich-Weidemeier-Haus in Rosenhügel. In der ersten Woche des Wärmestuben-Angebots sind vier Besucher gezählt worden. Genutzt wurden lediglich das Lesecafé und das Fritz-Lange-Haus. Zum Start der Woche Zwei konnte dann auch der Kotten Nie am Montag den ersten Besucher registrieren.

Ein großes Hinweisschild weist am Straßenrand auf die Wärmestube im Kotten Nie an der Bülser Straße 157 hin.
Ein großes Hinweisschild weist am Straßenrand auf die Wärmestube im Kotten Nie an der Bülser Straße 157 hin. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Gast Lars hatte sich am Nachmittag in dem historischen Fachwerkbau eingefunden, um neben dem bollernden Holzofen auf seinem Tablet zu lesen, sich auch von innen mit dem kostenlosen Kaffee zu wärmen und mit dem Kotten-Vertreter ein Schwätzchen zu halten. „Vom Ambiente finde ich es hier schöner als im Fritz-Lange-Haus“, so der 35-Jährige, der sonst anonym bleiben will. Der Gladbecker erzählt, dass er arbeitssuchend sei, „derzeit vom Bürgergeld lebt“. Seine Heizkosten trage zwar das Sozialamt, „aber nur einen angemessenen Verbrauch, so dass ich aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise vorsichtshalber meine Wohnung nicht heize“.

Magdalene Godisch hat einen Mantel in der Wärmestube als Spende abgegeben. Sie findet das Angebot „generell gut“, sie ist aber bei Bedarf auch dafür, es auszuweiten.
Magdalene Godisch hat einen Mantel in der Wärmestube als Spende abgegeben. Sie findet das Angebot „generell gut“, sie ist aber bei Bedarf auch dafür, es auszuweiten. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Generell finde er das Angebot gut, „mit Kuchen zum Kaffee wäre es perfekt“. Es sei ja klar, meint Lars, „dass bei den für einen Winter eher warmen Temperaturen in der Vorwoche die Wärmestuben kaum genutzt wurden“. Vielleicht, so seine weitere Vermutung, habe sich das Angebot bei beabsichtigter Gäste-Klientel auch noch nicht herumgesprochen, „die ja vielleicht auch nicht die deutsche Sprache beherrschen“. Sein Verbesserungsvorschlag: „Den kostenlosen Service im Internet auch in mehreren Sprachen, zum Beispiel in Ukrainisch, bekannt zu machen.“ Derweil klopft es an der Holzpforte der Tenne. Draußen steht Magdalene Godisch, in ihren Armen bringt sie einen Mantel mit hinein. „Ich wollte fragen, ob ich den hier als Kleiderspende abgeben kann, vielleicht kann den ja ein Besucher der Wärmestube brauchen?“

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Sofort meldet sich Besucher Lars. „Den nehme ich gerne mit, ich kenne viele Leute, die wenig Geld haben und bedürftig sind.“ Die 70-jährige Spenderin freut sich. Sie sagt: „Das Angebot der Wärmestube finde ich gut. Nur die Öffnungszeiten am Kotten Nie von 9 bis 15.30 Uhr sollte man vielleicht überdenken. Vielleicht auch am Abend öffnen und dann auch eine warme Suppe ausgeben, wenn die Kälte erst richtig anzieht.“ Reingard Ruch, Abteilungsleiterin Senioren und Gesundheit im Sozialamt, gibt zu bedenken, dass das Angebot mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher realisiert werde. An ihrer Wirkungsstätte, dem Fritz-Lange-Haus, sei das über den Seniorenbeirat prima gelungen, rund 30 Ehrenamtler konnten aktiviert werden. Hier werde die Wärmestube zumindest am Wochenende bis 17 Uhr vorgehalten. „Über unseren Bücherschrank und Spieleschrank besteht Gelegenheit, etwas zu lesen oder in gemütlicher Runde bei einem Kaffee ein Brettspiel oder Karten zu spielen“, so die Sachgebietsleiterin Seniorenberatung Stephanie Janus.

Kai übernachtet auch im Winter im Freien. Der 36-Jährige hat seinen Stammplatz in der Fußgängerzone und ist so vielen Gladbeckern bekannt. Für die Wärmestuben hat er auch einen Verbesserungsvorschlag.
Kai übernachtet auch im Winter im Freien. Der 36-Jährige hat seinen Stammplatz in der Fußgängerzone und ist so vielen Gladbeckern bekannt. Für die Wärmestuben hat er auch einen Verbesserungsvorschlag. © WAZ | Esser

Immerhin hat das Lesecafé der Stadtbücherei an drei Tagen in der Woche bis 18 Uhr und am Dienstag sogar bis 19 Uhr geöffnet. An den Abendstunden und am Morgen Wärmestuben zu öffnen, das hält auch Kai für sinnvoll.

Öffnungszeiten der Wärmestuben

Die Wärmestuben in Gladbeck sind zu den folgenden Zeiten geöffnet: Lesecafé in der Stadtbücherei (100 Plätze), Friedrich-Ebert-Str. 8, Sonntag und Montag geschlossen; Dienstag 10 bis 19 Uhr, Mittwoch, Donnerstag und Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 13 Uhr..

Fritz-Lange-Haus (100 Plätze), Friedrichstraße 7, Samstag von 15 bis 17 Uhr, Sonntag von 10 bis 13 und 15 bis 17 Uhr sowie Montag von 9 bis 15.30 Uhr. Kotten Nie (50 Plätze), Bülser Straße 157, Montag bis Freitag, 9 bis 15.30 Uhr. Heinrich-Weidemeier-Haus (50 Plätze), Dahlmannsweg 24a, Montag bis Freitag, 9 bis 13 Uhr, am Wochenende 10 bis 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr.

Er ist in Sachen Kälte und Leben im Freien Experte, wenn man es so ausdrücken wollte. Denn der 36-jährige Gladbecker ist seit einigen Jahren obdachlos und übernachtet auch jetzt im Freien. „Wenn am Tage die Sonne scheint, ist es auch im Winter meist gut auszuhalten“, sagt er. Zudem könne man ja bei Helligkeit herumlaufen, um sich dabei aufzuwärmen. Das mache er auch, wenn die Kälte auf seinem Stammplatz in der Fußgängerzone an der Horster Straße zunehmend in die Knochen krieche, wo er um Geld bittet, oder sich über einen spendierten Kaffee oder ein Brötchen von „Stammkunden“ freut, die dann oft auch mit ihm ein wenig plaudern.

Vorstandsvertreter Jürgen Watenpfuhl sagt, dass der sozialorientierte Kotten-Nie-Verein „sich gerne an dem Wärmestuben-Angebot beteiligt“. Die Nachfrage sei bislang aber sehr verhalten, so dass man abwarten müsse, ob es auch bei kälteren Temperaturen so bleibe. „Um dann zu sehen, ob die Notwendigkeit besteht, die Wärmestube am Kotten Nie weiter vorzuhalten.“ Die Verwaltung wolle Ende Januar „ein Zwischenfazit zum Angebot in der Energiekrise ziehen“, sagt Stadtsprecher David Hennig. Um dann auch zu überlegen, „wie mit den Wärmestuben weiter verfahren wird“.