Gladbeck. Lauter Protest: Mit einem Fest vorm Rathaus und einem Marsch durch die City bezogen viele Gladbecker deutlich Stellung gegen eine rechte Demo.
Diesmal ist alles anders, anders als im August. Da war Michael Stürzenberger mit seiner rechten Bewegung Pax Europa (BPE) schon einmal in Gladbeck. Im Sommer hat es keinen organisierten Protest der Stadtgesellschaft gegen die islamfeindlichen Parolen der Bewegung gegeben. Doch diesmal sind sie da: viele Gladbeckerinnen und Gladbecker. Sie sagen laut, sehr laut!, dass sie mit dem, was die BPE-Redner da über Lautsprecher verbreiten, nicht einverstanden sind. Weil für sie die Demokratie bunt und vielfältig ist – und das auch so bleiben soll.
Nichts ist normal an diesem Samstag in Gladbecks Innenstadt. Davon zeugen allein schon die Polizeifahrzeuge, die fast einen geschlossenen Ring um die Fußgängerzone bilden. Der Grund: Auf dem Europlatz beginnt um 11 Uhr, wie angekündigt, eine Kundgebung der BPE. Über die Gefahren des „politischen Islam“ aufklären will der 58-jährige Stürzenberger. Dafür steht ihm nun in Gladbeck ein exakt abgemessener Raum auf dem Europaplatz vor der Targobank zur Verfügung – umgeben von zwei Polizeiabsperrungen aus Metall.
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Für Demokratie und Vielfalt findet auf dem Willy-Brandt-Platz in Gladbeck die Gegenkundgebung zur BPE statt
Nur wenige Meter entfernt bauen zur selben Uhrzeit die Mitglieder vom Bündnis für Courage gemeinsam mit ihren Mitstreitern Stände, Zelte und Musikanlage vorm Gladbecker Rathaus auf. Muslimische Gruppierungen sind vertreten, die Lokalpolitik , die Stadtspitze und viele andere Organisationen und Verbände. Sie alle wollen friedlich protestieren gegen das, was da parallel gerade auf dem Europaplatz stattfindet. Zu den Rednerinnen und Rednern gehört auch Bürgermeisterin Bettina Weist. „Ich bin dankbar für jeden einzelnen Gladbecker, jede einzelne Gladbeckerin, die heute hierhin gekommen ist“, betonte sie. Denn im August, da sei man nicht vorbereitet gewesen auf die Kundgebung der BPE. Das sei jetzt anders, und das sei gut so.
Zwei getrennte Kundgebungen? Roger Kreft vom Bündnis für Courage ist das nicht Protest genug. Er hält fest an seinem zuvor angekündigten Plan, mit einigen Mitstreitern zum Europlatz zu ziehen und dort laut Stellung zu beziehen „gegen die rechten Parolen und zum Schutz der Demokratie!“. Kurz kommt es zu Spannungen hinter den Kulissen, denn nicht alle Mitorganisatoren des Friedensfestes vorm Rathaus sind dieser Ansicht. Auch die Stadtspitze ist skeptisch.
Gegen Mittag formiert sich der Protestmarsch vom Bündnis für Courage gegen Stürzenberger
Doch gegen Mittag zieht Kreft mit etlichen Mitstreitern dann doch los, während die Veranstaltung auf dem Willy-Brandt-Platz weitergeht. Bis zur ersten Polizeiabsperrung kurz vor dem Europaplatz kommen die Demonstranten, Fahnen schwingend und mit Trillerpfeifen und Megafonen ordentlich Krach machend. Weiter dürfen sie nicht gehen. Die Polizei hält die beiden Kundgebungen auf Abstand, denn auf dem Europaplatz war die Stimmung zuvor immer wieder hochgekocht – in Erwartung der Bündnis-Leute.
Fast hätte die Polizei die BPE-Kungebung schon aufgelöst, weil Stürzenberger wohl einmal versucht hat, über die Absperrgitter vor ihm zu klettern. Ein zweiter Versuch, so ein Polizeisprecher, hätte Folgen gehabt. Doch dazu kommt es nicht. Dafür sind die Demonstranten vom Bündnis für Courage nun so laut, dass die BPE-Redner nur noch versteht, wer ganz dicht an der Gruppe vor der Targobank steht. Ziel erreicht!
Mit Absperrungen sichert die Polizei den engen Bereich auf dem Europaplatz
Anzeigen nach Eierwürfen
Auch am späten Nachmittag noch hält die Polizei aus Sicherheitsgründen an den Absperrungen in der Gladbecker Fußgängerzone fest.
Bislang, so ein Polizeisprecher, sei alles mehr oder weniger friedlich abgelaufen. Bis auf ein paar Eiererwürfe auf die BPE-Kundgebung, die zur Anzeige gebracht worden sind. Bis 18 Uhr ist die Kundgebung der BPE in Gladbeck angemeldet. So lange wird auch die Gegen-Demo vom Bündnis für Courage weitergehen.
Viele Gladbecker, die eigentlich nur ihre Samstagseinkäufe erledigen wollten, haben da schon genervt die Innenstadt verlassen. Raus war das auch möglich. Wer in anderer Richtung an den Polizeisperren vorbei wollte, musste das begründen. Die Sicherheit in dem engen Bereich in der Fußgängerzone sicher zu stellen war oberstes Gebot für die Polizei.
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Für die Kaufleute am Europaplatz war es wohl ein schwarzer Tag. Am Juweliergeschäft Hahne gingen schon kurz nach Beginn der BPE-Kundgebung die Rollos runter, die Eingangstür blieb aber auf. Für Inhaber Georg Hahne sind die Rollos ein akustischer Schutz. Er sagt: „Ich kann die idiotischen Parolen von diesem Redner einfach nicht mehr ertragen!“