Gladbeck. Christine Löbus (52) engagiert sich in der Notfallseelsorge. Sie hilft auch in Gladbeck. Wie es ihr gelingt, mit Tod und Trauer fertig zu werden.
Ein Kleinkind stirbt – plötzlicher Kindstod. Für die Mutter und den Vater bricht eine Welt zusammen. „Dieses unermessliche Leid der Eltern zu sehen, das geht einem schon sehr nahe“, erinnert sich Christine Löbus. Der unerwartete Tod des Babys ist einer von inzwischen dutzenden Todesfällen, die die Recklinghäuserin in den letzten sieben Jahren miterlebt hat. So lange ist Christine Löbus ehrenamtlich bei der „Notfallseelsorge Emscher-Lippe“ aktiv – eine ökumenisch getragene Einrichtung, die es jetzt bereits seit zehn Jahren für Einsätze im Kreis Recklinghausen plus Bottrop gibt.
Christine Löbus ist eine von insgesamt 70 Helferinnen und Helfern, die bei der Notfallseelsorge tätig sind. Wenn es zum Beispiel zu einem plötzlichen häuslichen Todesfall kommt und Angehörige allein dastehen, wenn ein schwerer Autounfall geschieht und Zeugen fassungslos und überfordert dabei sind – dann leistet die Notfallseelsorge Unterstützung.
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Die Notfallseelsorge Emscher-Lippe hat das ganze Jahr über Rufbereitschaft
„Der Rettungsdienst vor Ort informiert in diesen Fällen die Leitstelle der Feuerwehr, die uns Bescheid gibt. Dann kommt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Notfallseelsorge zum Einsatzort, um solange für die Betroffenen da zu sein, wie es notwendig ist“, erläutert Peter Bromkamp. „Wir sind immer erreichbar, haben das ganze Jahr über jemanden in Rufbereitschaft“, ergänzt der Koordinator der „Notfallseelsorge Emscher-Lippe“.
„Das ist ein sehr sinnvolles Ehrenamt“, betont Christine Löbus. „Für die Betroffenen ist plötzlich gerade alles zusammengebrochen. Da ist es wichtig, dass sie in dieser Extremsituation nicht allein bleiben, dass ihnen jemand zur Seite steht.“ Dieses „zur Seite stehen“ kann unterschiedliche Gesichter haben – es reicht von Gesprächen mit Angehörigen über Hinweise auf weitere Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge bis zum „einfach nur Dasein, Zeit haben“, wie Christine Löbus sagt.
Der Einsatz nach dem Absturz der Germanwings-Maschine mit 150 Toten war hart
Die 52-jährige verheiratete Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Töchtern erinnert sich an den Absturz der Germanwings-Maschine mit 150 Toten – unter ihnen 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen des Halterner Joseph-König-Gymnasiums. „Ich war damals als Notfallseelsorgerin an der Schule in Haltern – nach diesem komplett sinnlosen Ereignis ging es vor allem darum da zu sein, die Situation mit den Betroffenen auszuhalten. Das war für mich ein prägendes Ereignis“, erinnert sich Christine Löbus. Auch andere Extremsituationen seien besonders belastend. „Wenn ich zum Beispiel beim Einsatz merke, dass da jetzt ein Mensch ist, der niemanden mehr hat – dann ist das schon heftig.“
Neuer Ausbildungskurs startet
In über 170 Einsätzen im Jahr 2021 haben Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger Menschen im Kreis Recklinghausen und in Bottrop in Krisensituationen zur Seite gestanden. Um weiterhin ein verlässliches Begleitungsangebot machen zu können, sucht die Notfallseelsorge Emscher-Lippe weitere ehrenamtlich Mitarbeitende: Menschen, die sich engagieren wollen, Menschen, die sich auf die seelische Not anderer einlassen können, Menschen, die bereit sind, Zeit zur Verfügung zu stellen.
Gesucht werden interessierte Frauen und Männer ab 30 Jahren, belastbar und mit Lebenserfahrung, die bereit sind, sich für die „Erste Hilfe für die Seele“ schulen zu lassen und in der Rufbereitschaft der Notfallseelsorge mit zu arbeiten.
Es wird eine qualifizierte Ausbildung angeboten, die alle wesentlichen Aspekte des Betätigungsfeldes der Notfallseelsorge umfasst. Der nächste Kurs startet dienstags nach den Herbstferien in Herten. An der Mitarbeit in der Notfallseelsorge Interessierte können sich melden bei Pastoralreferent Peter Bromkamp unter 0 23 66/10 97 31, per E-Mail an bromkamp@bistum-muenster.de oder bei Pfarrer Uwe Heubach unter 01 60/8 57 74 88, per E-Mail an uwe.heubach@ekvw.de.
Dennoch bezeichnet die Lehrerin ihren Einsatz als Notfallseelsorgerin als „sehr befriedigende Arbeit“. Und sie hat bemerkt, dass ihr diese Aufgabe liegt: „Es gelingt mir, die Dinge nicht mit nach Hause zu nehmen. Ich weiß: Das ist hier eine sehr schwierige, aber nicht meine Situation. Und so habe ich die notwendige professionelle Distanz, die Gefühlslage der Betroffenen aushalten zu können. Auch mein christlicher Hintergrund gibt mir hier Halt.“
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter gut vorbereiten
„Die Notfallseelsorger müssen sich berühren lassen, aber nicht so wie die Betroffenen. Die Betroffenen müssen merken, dass sie sich anlehnen können. So sind wir eine Hilfe“, erläutert Peter Bromkamp. Auf diese Grundhaltung werden die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbereitet. Auch nach den Herbstferien startet wieder ein neuer Ausbildungskurs. Und auch Fortbildungen, Auffrischungen sind für die Helferinnen und Helfer wichtig, meint Christina Löbus.
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Die Recklinghäuserin absolviert etwa zwei bis vier Schichten Rufbereitschaft von jeweils zwölf Stunden monatlich. Trotz des hohen Zeitaufwands und der bisweilen belastenden Situationen ist sie froh, als Notfallseelsorgerin aktiv zu sein. „Das klingt komisch, weil die Tätigkeit mit dem Tod zusammenhängt: Aber ich mache das gerne. Es ist wichtig, erweitert auch den eigenen Horizont. Und ich höre oft den Dank von Betroffenen: ,Gut, dass Sie da waren‘.“