Gladbeck. Die Gladbecker Kunst- und Designroute zeigte sich am vergangenen Wochenende facettenreich. Trotz Regens waren die Ausstellungsorte gut besucht.
Achtzehn Künstlerinnen und Künstler an dreizehn Standorten zu zeigen, das war ein kleiner organisatorischer Rekord für die vierte Edition der Kunst-und Designroute „OFFENsichtlich“ am vergangenen Wochenende. Auch darum gab es am Samstag keine offizielle Eröffnung. „Das war immer recht kompliziert für die teilnehmenden Künstler pünktlich für die ersten Gäste zurück in ihren Werkstätten zu sein“, informierte Susanne Schalz. Diesmal haben sich die Mitwirkenden intern am Freitagabend zur „Macherparty“ getroffen und am Veranstaltungstag wartete jeder direkt an seinem Ort auf die Besucherinnen und Besucher.
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Erstmals seit vielen Jahren war das Wetter durchwachsenen bis regnerisch. „Wir mussten uns im Wald bei Zweckel vor einem Schauer unterstellen“, berichtete Harald Stucken, Vorsitzender des Verkehrsvereins Dorsten. Mit rund zwanzig Radlern hatte er einen Ausflug zur Kunstroute geplant, gegen 14 Uhr angekommen im Magazin an der Talstraße stärkten sich die Teilnehmer bei Kaffee und Gebäck. Vom Atelier und den fünf dort ausstellenden Künstlern waren sie wie jeder Besucher der Kunstroute beeindruckt. Nach einer Einführung zur Bergbau- und Industriegeschichte des Ortes lud Schalz zur Erkundung der Ausstellung ein.
Ein strukturiertes natürliches Durcheinander ist bei Manuel Krauß zu sehen
Bei Doris Reineking blieb es gleich im Thema, einige Werke aus Kreide und Aquarell sind Studien von Maschinenteilen, andere halten Momente eines Eisengießens fest. Die rund 1100 Grad aus einem Hochofen sind mit gleißenden Farben beeindruckend plastisch dargestellt, fast als würde glühende Hitze aus der Leinwand strahlen. „In der Präzision des Arbeitsprozesses liegt für mich die Ästhetik der Industrie“, sagt die 72-jährige Bottroperin, die Physik- und Mathematik studiert hat. Mathematisch genau können auch die Bilder von Christian Mast bezeichnet werden. Seine Sprühtechnik von Lacken entwickeln endlos viele Ebenen, Gehirne sind eingeschlossen in geometrische Figuren, oder schweben sie doch darüber? Die strikte Anordnung erweist sich im Detail als ein Wimmelbild von Einzelepisoden, wie im Kopf des Betrachters.
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Ein strukturiertes „Durcheinander“ war auch bei Manuel Krauß zu bewundern. Sein Laden für Aquaristik in der Beethovenstraße ist erstmalig bei der Kunstroute dabei gewesen. Jede verästelte Mangrovenwurzel, die hier gekauft werden kann, ist ein kleines Kunstwerk der Natur, die kunstvoll erschaffenen Wasserlandschaften von Krauß ein Kunstwerk des Aquarium-Designers. Leise plätschert Wasser von den Wänden, es ist warm im Geschäft, die drei Halsbandsittiche in einer großen Voliere fühlen sich sichtlich wohl. Gerade am kühlen Sonntag ein Genuss, hier zu verweilen.
Der Krieg hat Ukrainerin veranlasst, Zeichnungen zum Thema zu machen
„Das ist ja das Schöne, dass all unsere Ausstellungsorte auch Aufenthaltsqualitäten haben“, sagt Karoline Dumpe. Neben ihren Werken waren in diesem Jahr vor allem die großformatigen Schwarz-Weiß-Bilder von Iryna Minkner-Romanova ein Anziehungspunkt in der Alten Spedition. Die Ukrainerin bannt vor allem enigmatische Frauenbilder mit Kreide auf die Leinwand. Auf den ersten Blick verträumt, immer mit einer eleganten Aura umgeben, strahlen die Bilder viel Harmonie aus. Doch sind die Gesichter meist verdeckt, eine Scheu, vielleicht auch Angst ist spürbar, oder doch Einsamkeit? Der Krieg in ihrem Heimatland hat Minkner-Romanova veranlasst, Zeichnungen zum Thema zu machen. Eine gelb-blaue Maske umrahmt von Sonnenblumen weint, viele Hände bedecken das Gesicht, Hilfe oder Ohnmacht, es blieb dem Betrachter überlassen.
Das Fazit aller Beteiligten der Kunst- und Designroute war trotz schlechten Wetters auch in diesem Jahr positiv. „Man kann ein Kunstwerk mögen oder nicht, es reicht mit jemandem davor zu stehen und zu diskutieren, dann hat es den Sinn erfüllt“, freute sich Karoline Dumpe über die vielen Denkanstöße.