Gladbeck. Klinikbetreiber St. Augustinus und Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord führen Gespräche über einen Verbund. Auch Gladbecker Spital betroffen.
Die von der Landesregierung NRW angestoßene Krankenhausstrukturreform und die Veröffentlichung des Krankenhausplanes mit dem Startschuss für die praktische Umsetzung am 1. September hat jetzt Auswirkungen in der Region. Die St. Augustinus GmbH Gelsenkirchen (SAG), zu der das Gladbecker Barbara-Hospital gehört, und die Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH (KKRN) prüfen die Möglichkeit, einen neuen Klinikverbund zu bilden.
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Ziel der von der schwarz-grünen Landesregierung vorangetriebenen Neuordnung der Krankenhauslandschaft ist es, die Kostenstruktur zu optimieren. Um einerseits sicherzustellen, dass die Grundversorgung in einem Krankenhaus auch in ländlichen Regionen (in 20 Minuten mit dem Auto erreichbar) gewährleistet ist, anderseits zugleich aber auch Überversorgung in Ballungsgebieten vermieden wir. Gerade im Ruhrgebiet bedeutete dies, dass die Krankenhausbetreiber gehalten waren, miteinander regionale Planungskonzepte und Kooperationen auszuhandeln, wer künftig welche Leistungsschwerpunkte vorhält.
In einer gemeinsamen Pressemitteilung informieren SAG und KKRN, dass man sich als Krankenhausträger der Herausforderung gestellt habe, Zukunftsszenarien zu entwickeln, um knappe und wertvolle Ressourcen besser zu nutzen. Die Geschäftsleitungen hätten „die Annahmen und Voraussetzungen einer möglichen Zusammenarbeit geprüft und diskutiert“. Beide Unternehmen eine das Ziel, „durch mögliche Spezialisierungen und die Optimierung der Leistungserbringung eine ortsnahe, bedarfsgerechte, leistungsfähige, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen und auch zukünftig als konfessionelle Träger strukturiert im Wettbewerb agieren zu können“.
Auch nach Ansicht der Aufsichtsratsvorsitzenden beider Unternehmen „könnte in einer Verbundzukunft nicht nur die Chance bestehen, als Leistungsverbund das Ruhrgebiet und Westfalen als Versorger miteinander eng zu verzahnen“. Neben der Möglichkeit, Synergie-Effekte zu erzielen, könne auch die Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden. Denn es gehe auch „um die Verbreiterung des Fachabteilungs- und Krankenhausspektrums, die Verfügbarkeit von hochmodernen Einrichtungen und medizinisch-technischer Ausstattung und die Fachkräfteentwicklung und Fachkräftebindung, die gemeinsam weiterentwickelt werden könnte“.
Insgesamt zehn Krankenhäuser sind betroffen
Die KKRN ist mit ihren vier Betriebsstätten und 29 medizinischen Fachabteilungen die größte Klinikgesellschaft im nördlichen Ruhrgebiet. Zu ihr gehören das St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten, das St. Sixtus-Hospital in Haltern am See, das Marien-Hospital in Marl und das Gertrudis-Hospital Westerholt. Fast 3000 Mitarbeiter arbeiten für knapp 33.000 stationäre sowie 50.000 ambulante Patienten im Jahr. Der Medizinische Geschäftsführer Dr. med. Andreas Weigand nennt auf Anfrage die medizinischen Fachbereiche, „die in der Region Leuchtturmcharakter haben“. Hierzu gehörten innerhalb der KKRN „der Bereich der Pneumologie, unsere Weaningbereiche, in denen Patienten von der Beatmung entwöhnt werden, die Frauenheilkunde/Geburtshilfe und Urologie, unsere Linksherzkathetermessplätze (LKHM), der große Bereich der Medizin im Alter (Geriatrie), die Hernienchirurgie, unsere Allgemein- und Unfallchirurgie“.
Die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH ist im Emscher-Lippe-Raum ein katholischer Leistungsverbund für Medizin, Pflege sowie Pädagogik und Arbeitgeber für aktuell rund 4500 Fachkräfte an insgesamt fünfzehn Standorten in Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop-Kirchhellen. Sechs Krankenhäuser mit 33 Kliniken arbeiten im Klinikverbund interdisziplinär zusammen: Das St. Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Buer, das Elisabeth-Krankenhaus in GE-Erle, das Marienhospital in GE-Ückendorf sowie das St. Antonius-Krankenhaus in Bottrop-Kirchellen, das St.-Barbara-Hospital in Gladbeck und das St. Josef-Hospital in GE-Horst. Letztere drei gehören zu den Katholischen Kliniken Emscher-Lippe (KKEL), die ab 2018 von St. Augustinus übernommen wurden. Als Folge wurden bereits Behandlungsschwerpunkte auf einzelne Häuser konzentriert (z.B. Geriatrie in St. Josef) oder Kliniken abgebaut und verlagert, die Gynäkologie von St. Barbara etwa wurde diesen Mai geschlossen und zur Frauenheilkunde ins Marien-Hospital-Buer verlagert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Geschäftsführung von einem Fortbestand der Hauptabteilungen Anästhesie, Innere Medizin, Kardiologie, Neurologie, Urologie, Unfallchirurgie/Orthopädie und Viszeralchirurgie am St.-Barbara-Hospital gesprochen.
Beide Unternehmen wollen Klinik-Standorte stärken und Arbeitsplätze sichern
Grund für nun mögliche Befürchtungen der Krankenhausmitarbeiter, dass der geplante Verbund zu neuen Behandlungsschwerpunkten, gegebenenfalls der Verlagerung von Fachabteilungen oder Arbeitsplätzen an den Standorten, führen könnte, sieht KKRN-Geschäftsführer Andreas Weigand nicht. „Wir sehen in diesem Prozess eher eine Stärkung statt Gefährdung unserer Klinikstandorte – durch die Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln, ohne Gefahr zu laufen, aufgrund rechtlicher Vorgaben hinsichtlich der Krankenhausplanung NRW Maßnahmen ergreifen zu müssen, auf die wir keinen Einfluss haben. Weiterhin geht es uns im Rahmen dieser Überlegungen darum, sich zwischen den Kliniken innerhalb der KKRN GmbH und darüber hinaus mit- und aufeinander abzustimmen, um die regionale Patientenversorgung weiter zu optimieren. Wir möchten als christlicher und verantwortungsvoller Arbeitgeber die Arbeitsplätze unserer Mitarbeitenden sichern und sehen in der Verzahnung eine Chance, ein breites Angebot an Arbeitsplätzen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten auszubauen.“
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SAG-Sprecher Wolfgang Heinberg teilt mit, dass die Ergebnisse aus dem bisherigen Verhandlungsprozess, der 2021 startete und seit März 2022 deutlich an Fahrt aufgenommen habe, „intensiv und umfänglich nach Innen kommuniziert“ worden seien. Noch stehe für ein gemeinschaftliches Konstrukt, egal in welcher Rechtsform, „kein durchdekliniertes medizinisches Versorgungskonzept zur Verfügung“. Er könne aber versichern, „dass es beiden Unternehmen darum geht, vorhandene Stärken, an allen Standorten, zu festigen und Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern“.
Ein finaler Beschluss soll im vierten Quartal des Jahres gefasst werden
Die Pläne für den neuen Krankenhausverbund scheinen aber bereits weit gediehen zu sein. Heißt es doch abschließend in der Pressemitteilung der Geschäftsführungen, Susanne Minten und Hendrik Nordholt (SAG) sowie Guido Bunten und Dr. med. Andreas Weigand (KKRN), dass das Ziel „eine finale Beschlussfassung der möglichen Zusammenarbeit im vierten Quartal 2022 durch die Gremien beider Unternehmen“ sei, um „eine konfessionelle, katholische Krankenhausstruktur in der Region zu erhalten“.