Gladbeck. Viele Menschen müssen wegen gestiegener Lebenshaltungskosten sparen. Das spüren auch Gastronomen in Gladbeck. „Trinkgeld fällt sehr dürftig aus.“

Die Preise für Lebensmittel, Sprit und Energie sind stark gestiegen, alles wird im Moment teurer. Und ein Ende ist noch gar nicht abzusehen. Viele Menschen plagen Existenzsorgen – und sie müssen noch mehr als manchmal ohnehin schon auf ihr Geld achten. Das merken auch Gastronomen in Gladbeck: Trinkgeld geben längst nicht mehr alle Gäste.

„Wir merken einen deutlichen Unterschied zu früher. Manche lassen keinen Cent da“, sagt Goran Koscevic, Betreiber der Gastronomie im Wasserschloss Wittringen. Andererseits gebe es auch Besucher, die in diesen Zeiten extra mehr Geld für den Kellner geben, „weil sie wissen, dass alles doof ist“. Koscevic hat einige Freunde, die in anderen Ländern Restaurants betreiben. „Bekannte berichten von Mallorca, dass viele Urlauber gar kein Trinkgeld mehr geben.“

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Der Gastronom hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich die Trinkgeld-Moral wieder ändern wird, aber: „Wahrscheinlich wird es noch schlimmer.“ Schon jetzt gebe es bei großen Veranstaltungen vielleicht zehn Euro Trinkgeld, wo es früher einmal 20 Euro waren. Die alte Faustregel, wonach ein angemessenes Trinkgeld bei zehn Prozent des Rechnungsbetrages liege, sei aber noch nie berücksichtigt worden. Koscevic würde daher gerne ein Gesetz haben, wonach Gastronomen auf der Rechnung automatisch einen festen Trinkgeldbetrag ausweisen könnten. „So wie etwa in den USA.“ Dabei betont er: „Alle meine Angestellten sind gut, übertariflich bezahlt. Das Trinkgeld ist nur ein Obolus.“

Nicht immer gibt es in Lokalen in Gladbeck Trinkgeld für die Bedienung – gerade in heutigen Zeiten, in denen viele Menschen sparen müssen.
Nicht immer gibt es in Lokalen in Gladbeck Trinkgeld für die Bedienung – gerade in heutigen Zeiten, in denen viele Menschen sparen müssen. © dpa-tmn | Kai Remmers

Zehn Prozent Trinkgeld? „Das ist bei befreundeten Gastronomen in Köln Standard, hier nicht“, sagt Sonja Petri, die in Rentfort das Café „1919 – Rentfort Lokal“ betreibt. Das Trinkgeld falle im Moment mehr als dürftig aus, sagt Petri und berichtet gleich von einem Beispiel: 15 Personen seien bei ihr zum Frühstück gewesen, Trinkgeld habe es keines gegeben. Am nächsten Tag habe sie im Briefkasten einen Umschlag mit einem Schreiben gefunden. Die Gäste hätten sich darin für die tolle Bewirtung beim gesamten Team bedankt. „Auch ein Fünf-Euro-Schein lag dabei – für das gesamte Team. Das war so peinlich“, sagt Petri.

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Café-Besitzerin aus Rentfort sorgt sich um die Zukunft der Gastrolandschaft

Größere Gruppen, so Petris Beobachtung, würden am wenigsten Trinkgeld geben. In ihrem Café direkt neben dem Friedhof bewirtet sie auch viele Beerdigungsgesellschaften. „Beerdigungen sind sowieso schon teuer, gerade in Gladbeck. Oft genug fällt dann bei uns gar kein Trinkgeld mehr ab.“ Eine weitere Erfahrung der Gastronomin: „Diejenigen, die nicht so gut bestückt sind, runden immer auf.“

Sonja Petri hat Ende 2019 ihr Café „1919 Rentfort Lokal“ eröffnet – seitdem kämpft sie mit Einschränkungen, erst wegen Corona, nun wegen der Folgen des Ukraine-Krieges.
Sonja Petri hat Ende 2019 ihr Café „1919 Rentfort Lokal“ eröffnet – seitdem kämpft sie mit Einschränkungen, erst wegen Corona, nun wegen der Folgen des Ukraine-Krieges. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Unsicherheit bei vielen Menschen kann sie aber gut verstehen. „Viele Leute haben Sorgen, dass sie ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können.“ Auch sie selbst plagen Zukunftsängste. Noch immer hat sie mit mangelndem Personal zu kämpfen, Corona-Überbrückungshilfen seien immer noch nicht ausgezahlt. Hinzu kommen natürlich auch für sie steigende Energiekosten. Die Frage künftig werde sein, was der Gast überhaupt noch bereit sei, im Restaurant oder Café zu bezahlen. „Ich bin gespannt, wie unsere Gastrolandschaft im kommenden Jahr aussehen wird.“