Gladbeck. Ein Konzept für die Beleuchtung des Nordparks Gladbeck liegt vor. Ein Kompromiss, so NABU-Fachmann Korn. Ihn treiben Bedenken wegen der Fauna um.

Vielerorts gehen in diesen Tagen die Lichter aus, zum Beispiel an Straßen und öffentlichen Gebäuden – um angesichts der explodierenden Energiekosten Geld zu sparen. In Gladbeck leben Wesen, die naturgemäß wahrscheinlich in die Luft gehen würden, wenn so manche Laterne gar nicht erst aufleuchten würde. Nämlich Tiere im NordparkGladbeck. Dort sollen Wegeverbindungen mit LED-Lampen beleuchtet werden. Michael Korn vom lokalen Naturschutzbund Deutschland (NABU) sagt zum Konzept: „Das ist ein Kompromiss.“

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Nach wie vor hält er die Beleuchtung von Parks und Wäldern für kritisch. Korn meint: „Der Mensch steht bei solchen Überlegungen immer im Vordergrund. Aber ich muss doch nicht alles beleuchten!“ Die Wahl der Leuchtmittel, Masthöhe und Einschaltmodus sollen laut Konzept negative Folgen begrenzen oder gar ausschalten.

Der NABU hätte am liebsten überhaupt keine Beleuchtung im Gladbecker Nordpark

Der NABU sei in die Überlegungen und Planungen eingebunden worden: „Das Ingenieuramt hat uns ins Boot geholt.“ Von 39 Lichtmasten im Abstand von 45 Metern ist die Rede, 200.000 Euro sind für dieses Jahr als Kosten angesetzt. Aber auch die vorliegende Lösung, eben ein Mittelweg, ist aus Sicht von Fachleuten aus dem Naturschutz nicht ohne. „In einer Höhe von 4,50 Meter sollen die Leuchten angebracht werden. Wir hätten lieber 3,50 Meter, um die Streuung zu minimieren“, gibt Michael Korn zu. Lichtpunkte sollten generell möglichst niedrig installiert werden. Die geplanten Ausschaltzeiten findet der Gladbecker okay. Aber am allerbesten würde es ihm gefallen, wenn es überhaupt keine Laternen gäbe.

Müssen denn wirklich Lampen in Grünanlagen – Beispiel Marathonbahn in Wittringen – sein? Naturschützer sind skeptisch und beurteilen Beleuchtung in Parks und Wäldern kritisch.
Müssen denn wirklich Lampen in Grünanlagen – Beispiel Marathonbahn in Wittringen – sein? Naturschützer sind skeptisch und beurteilen Beleuchtung in Parks und Wäldern kritisch. © NABU Gladbeck | Nabu Gladbeck

„Eine so genannte bedarfsorientierte Beleuchtung soll’s werden. Das heißt, die Lampen brennen nicht permanent, sondern werden über Sensoren durch Bewegung ausgelöst.“ Deren Lichtspektrum soll auf einen Bereich beschränkt sein, der für die meisten Tierarten keine Auswirkungen nach sich ziehe. Sinn des Konzeptes, so die Stadtverwaltung und Befürworter des Projektes: Funktionsverbesserungen innerhalb des Nordparks. Soll im Klartext heißen, Wegeverbindungen und die Verbindung an das bestehende Rad- und Fußwegnetz werden ausgeleuchtet – zur Freunde der Menschen, aber zum Leidwesen von Tieren und Naturschützern.

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Denn mit der Beleuchtung werde eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die einen massiven Eingriff in das ökologische Gefüge darstelle, bringt’s Korn auf den für ihn relevanten Punkt. Bestenfalls schwärmen nachtaktive Insekten wie Köcherfliegen und Motten aus, weil sie sich vom Licht angezogen fühlen – eine willkommene Nahrungsquelle für beispielsweise die Zwergfledermaus. Es kann umgekehrt jedoch auch passieren, dass sich nachtaktive Insekten-Populationen negativ verändern – und damit das Nahrungsangebot für Fledermäuse geringer wird. Die Konsequenzen können sogar soweit gehen, dass die fliegenden Säugetiere vom Trinken an Gewässern abgehalten werden. Zudem machen empfindliche Arten wie die Wasserfledermaus einen großen Bogen um beleuchtete Bereiche.

Michael Korn vom NABU Gladbeck: „Das immer wieder beklagte Insektensterben hat auch mit künstlichem Licht zu tun.“
Michael Korn vom NABU Gladbeck: „Das immer wieder beklagte Insektensterben hat auch mit künstlichem Licht zu tun.“ © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Korn hat Verständnis, dass Städte aus Sicherheitsgründen Orte beleuchten. Aber wenn dies nicht der Fall sei, wird’s aus seiner Sicht bedenklich: „Dann wandern Tiere ab.“ Diese mögliche Auswirkung auf Fledermäuse räumt auch das Institut für Landschaftsentwicklung und Stadtplanung (ILS) Essen ein, das eine Artenschutzprüfung durchgeführt hat: „Im Bereich von Quartieren sind alle heimischen Arten lichtempfindlich. Künstliche Beleuchtung kann das Verhalten der Tiere derart verändern, dass sie später ausfliegen oder sogar das Quartier aufgeben.“ Eine Verschiebung der Artenvielfalt könnte letztendlich eine Folge sein: Empfindliche Tiere werden von weniger sensiblen verdrängt.

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Die Beleuchtung soll nur zwischen sechs Uhr morgens und zehn Uhr abends angeschaltet werden. „Um Auswirkungen auf lichtempfindliche Arten zu minimieren, wird in der Aktivitätsphase der Tiere die Beleuchtung auf den Hauptweg entlang des nördlichen Seeufers bzw. der Bahnlinie beschränkt und die vollständige Beleuchtung nur im Zeitraum November bis März geschaltet“, heißt es aus der Verwaltung.

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Michael Korn stellt klar: „Ganz entscheidend ist, welche Leuchtmittel eingesetzt werden und wie stark die Abstrahlung ist.“ LEDs und Filter, so sieht es das Konzept vor, sollen die Abstrahlung im blauen, grünen und UV-Bereich gering halten. Wichtig sei, dass die Lampen waagerecht montiert werden. So wird Abstrahlung verhindert. „Das immer wieder beklagte Insektensterben hat auch mit künstlichem Licht zu tun“, sagt der NABU-Fachmann. 60 Prozent aller Insektenarten sind dämmerungs- beziehungsweise nachtaktiv. Ist der natürliche Tag-Nacht-Wechsel gestört, beeinträchtigt das auch die Bestäuberleistung. Korn: „Warmweißes Licht mit einer Farbtemperatur bis zu maximal 3000 Kelvin ist insektenfreundlich – und schadet der menschlichen Gesundheit weniger.“ Für die Nordpark-Beleuchtung geht die Planung von eben jenen 3000 Kelvin aus. Korn: „Ich kann und muss mit dem vorgelegten Kompromiss leben.“

Der Großer Abendsegler gehört zu den Fledermausarten, die im Gladbecker Nordpark gesichtet wurden.
Der Großer Abendsegler gehört zu den Fledermausarten, die im Gladbecker Nordpark gesichtet wurden. © Michael Korn

Das Institut für Landschaftsentwicklung und Stadtplanung (ILS) Essen hat im Auftrag der Stadt Gladbeck die Fauna im Nordpark und mögliche Konsequenzen aus der geplanten Beleuchtung auf nachtaktive Tiere untersucht. Resultat der Artenschutzprüfung: „Beeinträchtigungen durch die sogenannte ,Lichtverschmutzung’ können grundsätzlich zu Verstößen gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) führen.“ Aber die vorgesehenen Maßnahmen, wie eine zeitliche Begrenzung der LED-Beleuchtung, könnten diesem negativen Effekt entgegenwirken.

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Das ILS erfasste das Vorkommen von Vögeln, zum Beispiel Eulen wie der Waldkauz. 38 Vogelarten, darunter auch Star und Tafelente, sind gelistet. Beim Gros handle es sich um weit verbreitete Arten, die nicht als planungsrelevant eingestuft werden.

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Neben Amphibien nahmen die Fachleute auch Fledermausarten in den Blick – und diese mit besonderem Interesse, entzündete sich doch gerade an ihnen die Kritik der Beleuchtungsgegner. Sie sehen den Lebensraum dieser fliegenden Säugetiere durch das künstliche Licht gefährdet. Das ILS wies sieben Fledermausarten im Nordpark sicher nach, beispielsweise den Großen Abendsegler, dessen Jagdaktivitäten erkennbar waren. Es gebe allerdings keine Hinweise auf seine Quartiere, „diese könnten jedoch in Fledermauskästen oder Baumhöhlen vorhanden sein“.

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Sehr zahlreich vertreten seien im Nordpark Zwerg- und Wasserfledermäuse: „Entlang der Flugrouten werden dunkle Bereiche bevorzugt. Einige Arten, wie zum Beispiel die Zwergfledermaus sind weniger empfindlich.“ Andere reagieren hingegen „hochempfindlich und werden schon bei geringer künstlicher Beleuchtung gestört“.

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