Gladbeck. Die Stadt Gladbeck muss immer mehr Knöllchen etwa wegen falschem Parken schreiben. Viele Menschen lassen die Rechnungen unbezahlt – mit Folgen.
Gregor Wirgs kennt das schon: Politessen werden häufig schief angeguckt. „Manche Leute sagen, wir sind nur hinter dem Geld her und wollen unseren Stadtkämmerer glücklich machen“, weiß der Leiter des Ordnungsamts in Gladbeck. Das sei mitnichten der Fall. Doch Thorsten Bunte dürfte trotzdem ein sechsstelliges Einnahme-Sümmchen nicht ablehnen wollen. 276.219 Euro spülten von Januar bis April 2022 Knöllchen für falsches Parken und andere Verstöße im ruhenden Verkehr in die Stadtkasse – mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wirgs gibt Einblick in Details der Statistik.
Ob diese Einnahmesteigerung auf den verschärften Bußgeld-Katalog zurückzuführen ist? Eigentlich wäre doch die Reaktion in der Bevölkerung zu erwarten gewesen: Wenn Falschparken & Co. teurer zu bezahlen sind als im Jahr 2021, halten wir uns besser an die Vorschriften. Doch die Fallzahlen sind nicht zurückgegangen. Laut Ordnungsamtschef wurden zwischen Januar und April des Vorjahres 6564 Knöllchen geschrieben. Das hieß fürs Stadtsäckel: eine Einnahme von 131.567 Euro. „Im Vergleichszeitraum 2022 haben wir 8225 Anzeigen geschrieben“, berichtet Wirgs. Sie brachten der Stadt besagte 276.219 Euro.
Rund zehn Prozent der Strafzettel in Gladbeck werden zunächst nicht bezahlt
Keineswegs alle, die eine „Knolle“ kassieren, blättern den fälligen Betrag sofort hin. „Von den 6564 Verwarnungsgeldern, die wir im Zeitraum Januar bis April 2021 geschrieben haben, wurden 976 nicht gezahlt und damit zu Bußgeldern.“ Der Ordnungsamtschef schätzt, das acht bis zehn Prozent der ertappten Menschen ihre Strafmandate offen lassen. Und etwa 50 Mal pro Jahr –„durchschnittlich ein Fall in der Woche“ – kommt es zum Äußersten: Erzwingungshaft. Gregor Wirgs betont: „Wir kriegen unser Geld!“ Und wenn es auf dem Wege von Vollstreckungsverfahren sein müsse.
Bei der hartnäckigen Verweigerungsklientel kommt nach Wirgs’ Einschätzung der eigentliche Sinn von Strafzetteln nicht an. Es gehe nicht ums Abkassieren, sondern um den pädagogischen Effekt. Hintergedanke: Wer erwischt wird, hält sich – hoffentlich – zukünftig an die Regeln.
Wirgs weist darauf hin: „2021 hatten wir wegen der Corona-Lage weniger Frequenz auf den Straßen, es gab noch Lockdowns.“ Aber nicht korrektes Verhalten stellten die Beschäftigten des Kommunalen Ordnungsdienstes und fünf Politessen, die nur im Innenstadtbereich nach dem Rechten gucken, dennoch reichlich fest.
Parkscheibe weiterdrehen: Ordnungsamt kontrolliert auch den Reifenstand
Parkschein-Verstöße machen „mit Abstand“ das Gros der Fälle aus. Wobei hinter diesem Oberbegriff einige Differenzierungen stecken, die mit einem unterschiedlich tiefen Griff ins Portemonnaie verbunden sind. „Wer ohne Parkschein sein Fahrzeug abstellt, musste bis 2021 mit einem Verwarnungsgeld von zehn Euro rechnen. Ab 2022 kostet das 20 Euro.“ Fällt der Adlerblick der Ordnungskräfte auf einen Parkschein, bei dem die zulässige Zeit abgelaufen ist, splittet sich der Betrag, der für die Stadt zu berappen ist, nach der Länge der Überziehung. Der Ordnungsamtsleiter zählt auf: „Bis zu 30 Minuten wird verfahren, als ob man keinen Parkschein gezogen hätte. Bei einer halben bis einer Stunde Überziehung sind es jetzt 25 Euro statt 15 Euro vor 2022, für bis zu zwei Stunden 30 statt 20 Euro.“ Dann geht es hoch auf bis zu 40 Euro (früher 30 Euro), wenn man mehr als drei Stunden länger als erlaubt an Ort und Stelle verharrt: „Aber das ist sehr, sehr selten.“ Die Mehrheit der Parkschein-Sünder gehe bis zu zwei Stunden in die Verlängerung.
Denjenigen, die einfach ihre Parkscheiben weiterdrehen, ohne das Fahrzeug zu bewegen, sei gesagt: Die städtischen Ordnungskräfte sind schlauer. Wirgs: „Wir kontrollieren mehrfach, überprüfen den Standort und notieren die Reifenstände.“ Und alles sei mit Fotos belegbar. Die „Preisstaffelung“ für Verstöße: siehe Parkschein-Vergehen.
Neu im Bußgeld-Katalog
Nach dem neuen Katalog ist aus dem verbotenen Parken auf einem Radweg grundsätzlich ein Bußgeld geworden, für das Ertappte einige Scheine hinblättern müssen: 70 Euro und Gebühr. Im vergangenen Jahr war’s noch mit einer Verwarnung von 30 Euro getan. Dieses Verbot „gilt grundsätzlich für alle Fahrzeuge, auch für Lieferwagen“.
Dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) gehören derzeit zehn Beschäftigte an: Zehn arbeiten im Außendienst. „Wir haben seit 1. Mai eine neue Mitarbeiterin“, so Ordnungsamtschef Gregor Wirgs. Hinzu kommt ein Koordinator im Innendienst.
Ein Anblick, der sich den städtischen Ordnungskräften relativ häufig bietet: Unrechtmäßig abgestellte Fahrzeuge auf Behinderten-Parkplätzen. 60 derartige Fälle sind für Januar bis März 2021 in die Statistik eingegangen, 72 für die Vergleichsmonate im Jahr 2022.
Elterntaxi bleibt ein Problem, auch Rettungswege werden immer wieder blockiert
Parken auf dem Gehweg und in verkehrsberuhigten Zonen außerhalb der Markierungen kostet jetzt 55 Euro statt früher 30 Euro. Noch teurer wird’s, sollte mit dem Parken eine Behinderung einhergehen: 55 Euro (25 Euro). Das Gebiet vor der Hauptstelle der Sparkasse Gladbeck ist „als ein Schwerpunkt zu bezeichnen und wird regelmäßig beknollt.“ Das Verwarnungsgeld fürs Parken in zweiter Reihe ist emporgeschossen: von 25 auf 80 Euro. Nach Wirgs Angaben ist der Bereich um Schulen ein bekanntes Pflaster für solch ein Verhalten. Stichwort: Elterntaxi.
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So richtig blechen müssen dreiste Zeitgenossen, die Rettungswege, zum Beispiel Feuerwehrzufahrten, blockieren. Das macht 100 Euro Bußgeld plus 28,50 Bearbeitungsgebühr. Wirgs erklärt: „Die Grenze liegt bei 55 Euro Verwarnungsgeld. Alles darüber ist ein Bußgeld.“ Die genannte Bearbeitungsgebühr komme immer noch obendrauf.
Wirgs erzählt: „Wer innerhalb der vorgeschriebenen Frist, in der Regel zwei Wochen, nicht bezahlt, bekommt einen Bußgeldbescheid mit entsprechender Gebühr.“ Wird dieser missachtet, „gehen wir in die Vollstreckung: „Die Stadtkasse treibt im Zweifel das Geld ein. In der Regel ist das erfolgreich. Bei ganz Hartnäckigen ergreifen wir Erzwingungsmaßnahmen: zwei Tage Haft.“