Gladbeck. Auf dem Reiterhof Schulze Langenhorst in Gladbeck feiern ukrainische Frauen und Kinder Ostern ohne die Väter. Eine davon mit neugeborenem Baby.

Auf dem Reiterhof Schulze Langenhorst in Gladbeck-Ellinghorst wird in diesem Jahr ein ganz besonderes Osterfest gefeiert. Landwirt Thomas Schulze Langenhorst und seine Ehefrau Nina teilen ihr 500 Quadratmeter großes Landhaus in Gladbeck seit über einem Monat mit 13 geflüchteten Menschen aus der Ukraine – acht Frauen und fünf Kinder. Eine der Frauen hat die lange Reise über die polnische Grenze in der 38. Schwangerschaftswoche auf sich genommen und ihr Baby am 2. April im St.-Marien-Hospital in Gelsenkirchen-Buer zur Welt gebracht.

Für den Ostersonntag haben Thomas und Nina Schulze Langenhorst ein großes Familienfest organisiert, das zum einen Freude und Unterhaltung bieten und zum anderen von der Sehnsucht nach der Heimat und den Familienvätern ablenken soll.

29-Jährige flüchtete hochschwanger aus der Ukraine nach Gladbeck

Die 29-jährige Tetiana Pastustichak würde am liebsten ihre Koffer packen und abreisen, um das Osterfest im Kreise ihrer frischgebackenen kleinen Familie zu verbringen. Doch in ihrer Heimat, der Ukraine, herrscht Krieg. Gemeinsam mit der Schwiegermutter und der neugeborenen Tochter Kamila lebt Pastustichak nun auf unbestimmte Zeit auf dem Reiterhof in Gladbeck-Ellinghorst. Hier ist sie in guter Gesellschaft und hat für sich und ihr Baby alles, was sie zum Leben braucht. Alles bis auf Ehemann Ihor, der in der Ukraine bleiben musste und sein Erstgeborenes bislang nur per Videochat zu Gesicht bekommen hat.

Ukrainerin Tatiana Pastustichak lebt mit ihrer neugeborenen Tochter Kamila vorübergehend auf dem Ellinghorster Reiterhof in Gladbeck.
Ukrainerin Tatiana Pastustichak lebt mit ihrer neugeborenen Tochter Kamila vorübergehend auf dem Ellinghorster Reiterhof in Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Es war eine schwere Geburt“, berichtet Nina Schulze Langenhorst, die selbst gebürtig aus der Ukraine kommt. Tetiana habe mehr als zwölf Stunden in den Wehen gelegen, doch ihr Baby wollte einfach nicht von alleine kommen. „Also haben die Ärzte entschieden, Kamila mit einem Kaiserschnitt zu holen“, so die Pferdewirtin. Kommuniziert habe man mit der jungen Mutter per Google-Übersetzer. „Das Personal war großartig! Alle haben dafür gesorgt, dass sich Tetiana wohlfühlt. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn sie ihr Baby unter den momentanen Umständen in der Ukraine hätte gebären müssen“, sagt Schulze Langenhorst. Eine Hebamme aus Polen besucht Tetiana und ihr Baby nun regelmäßig auf dem Reiterhof. Beide sind wohl auf.

Eiersuche mit Schnitzeljagd: Schulze Langenhorsts feiern Ostern mit Ukraine-Flüchtlingen auf dem Reiterhof

„Ostern wird für unsere Gäste in diesem Jahr nicht dasselbe und vermutlich sogar etwas traurig sein“, erklärt Nina Schulze Langenhorst. „Aber wir sind bestens vorbereitet und werden versuchen, Stimmung zu machen.“ So werden sich Thomas und Ninas ältere Söhne aus jeweils erster Ehe am Ostersonntag als Osterhasen verkleiden und damit hoffentlich für strahlende Kinder- und Mamaaugen sorgen. Die Suche nach den Ostereiern wird mit einer Schnitzeljagd stattfinden, die Landwirt Thomas Schulze Langenhorst eigenständig kreiert hat. Danach versammeln sich alle zu einem großen Osterschmaus.

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„Das Wichtigste ist, dass es den Kindern gut geht“, betont Nina Schulze Langenhorst. So versuchen alle auf dem Reiterhof in Ellinghorst die Kids mit Ponyreiten, Fahrradfahren und Fußballspielen bei Laune zu halten. Außerdem wurde die Regel aufgestellt, nicht vor den Kindern über den Krieg zu sprechen oder die Nachrichten anzuschauen.

Das sonnige Wetter kommt den Kindern zugute: Nina Schulze Langenhorsts jüngster Sohn Matvii Sava (7) mit einem Pony auf dem Ellinghorster Reiterhof in Gladbeck.
Das sonnige Wetter kommt den Kindern zugute: Nina Schulze Langenhorsts jüngster Sohn Matvii Sava (7) mit einem Pony auf dem Ellinghorster Reiterhof in Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ostern wird in der Ukraine nach dem orthodoxen Verständnis gefeiert

Was besonders den beiden ältesten Geflüchteten – Ninas Mutter und Tetianas Schwiegermutter – Kraft schenkt, ist der wöchentliche Sonntagsbesuch in der St.-Josef-Kirche in Gladbeck. „Das gibt ihnen das Gefühl von ein wenig Heimat“, so die Pferdewirtin. So sei die Religion auch ein wichtiger Bestandteil des ukrainischen Osterfests. „In der Ukraine feiert man Ostern eigentlich erst eine Woche später – nach dem Verständnis der orthodoxen Kirche. Das Osterfest heißt bei uns ‘Velyden’“, erläutert Nina Schulze Langenhorst.

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Nina Schulze Langenhorst

Nina Schulze Langenhorst ist seit 2019 mit Reiterhofbesitzer Thomas Schulte Langenhorst verheiratet und lebt seither in Deutschland. Die gebürtige Ukrainerin hat zwei Söhne aus erster Ehe, im Alter von sieben und 14 Jahren, die seit Beginn des Krieges ebenfalls mit auf dem Reiterhof in Gladbeck-Ellinghorst leben. Das Ehepaar erwartet auch ein gemeinsames Kind. Alle Flüchtlinge die derzeit bei Schulze Langenhorsts leben, sind Verwandte und alte Bekannte von Nina. Darunter auch ihre eigene Mutter, die mit Ninas Söhnen als Erste die Flucht auf sich genommen hat. Die Pferdewirtin steht im engen Kontakt zum Bürger- und Ausländeramt in Gladbeck und eilt zu Hilfe, wenn ein Dolmetscher für die ukrainische Sprache benötigt wird.

„In der Nacht von Samstag auf Sonntag geht man mit der ganzen Familie und einem großen Osterkorb in die Kirche. Dieser wird mit Süßigkeiten, Brot und Eiern gefüllt, davon ein Ei ohne Schale. Am nächsten Morgen teilt das Familienoberhaupt – meist der Vater – das gepellte Ei auf die ganze Familie auf. Dann sprechen alle ein Tischgebet zu Gott, um Danke zu sagen. Anschließend folgt ein großes Fest mit der ganzen Familie, bei dem getrunken, gegessen und getanzt wird“, berichtet die gebürtige Ukrainerin.

Einige ihrer Gäste hatten bereits in Erwägung gezogen, das Risiko einzugehen und für das Osterfest wieder nach Hause zu fahren. „Aber das wäre sehr aufwendig und gefährlich“, weiß Nina Schulze Langenhorst. So gibt sie alles, um den geflüchteten Müttern und Kindern eine gute Zeit im Reiterhof-Paradies zu bescheren und damit die Zeit zu überbrücken, bis der Krieg in der Ukraine hoffentlich ein Ende nimmt.