Gladbeck. Wieder ist ein Pedelec-Nutzer in Gladbeck bei einem Verkehrsunfall verletzt worden. Polizei-Experte klärt über Gefahren auf und gibt Tipps.

Und wieder ist es passiert. Ein Pedelec-Fahrer aus Gladbeck wurde bei einem Verkehrsunfall (siehe Box) verletzt. Dieses motorunterstützte Zweirad gewinnt an Beliebtheit, aber: Das erhöhte Risiko, mit solch’ einem Gefährt im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, fährt mit.

Auch interessant

Gerade in Corona-Zeiten stiegen viele Menschen vom Auto um aufs Fahrrad. Und jetzt, da die Spritpreise schwindelerregende Höhen erreichen, stellt sich die Frage: Bleibt der motorisierte Untersatz nicht lieber stehen, und statt PS kommt eigene Muskelkraft zum Zuge? Wer etwas komfortabler von A nach B gelangen möchte, lässt sich gerne beim Strampeln unterstützen – und fährt ab aufs „Pedelec“.

Polizeidirektor warnt: „Pedelecs werden häufig unterschätzt!“

Ihre Anzahl im Straßenverkehr nimmt rasant zu. Und immer wieder kommt es zu Unfällen mit diesen Zweirädern, warnt Polizeidirektor Martin Kirchner. Der Leiter der Direktion Verkehr im Polizeipräsidium Recklinghausen stellt fest: „Pedelecs, im Volksmund auch E-Bikes genannt, werden häufig unterschätzt.“ Der Experte erläutert: „Sie bieten nur dann Motorunterstützung, wenn man in die Pedale tritt.“ Bis zu einer maximalen Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern gelten sie als Fahrrad, werden in dieser Kategorie auch in der Verkehrsunfallstatistik der Polizei geführt. Sie sind nicht zulassungspflichtig. Kirchner: „Pedelecs bieten die Chance, weitere Strecken zu Orten zurückzulegen, wohin man früher vielleicht mit einem herkömmlichen Fahrrad nicht gekommen wäre.“

Lesen Sie auch:

Gerade die ältere Generation zeige großes Interesse an diesen Zweirädern. „Pedelecs sind teuer, und Senioren haben oft mehr finanzielle Ressourcen als Kinder und Jugendliche und können sich die Anschaffung eher leisten“, hat der Polizeidirektor beobachtet. Aber: „Wenn ein älterer Mensch mit einem Pedelec stürzt, zieht er sich in der Regel größere Verletzungen zu als ein junger.“

Polizeidirektor Martin Kirchner gibt Gladbeckern Tipps zur Sicherheit bei der Pedelec-Benutzung.
Polizeidirektor Martin Kirchner gibt Gladbeckern Tipps zur Sicherheit bei der Pedelec-Benutzung. © Polizei Recklinghausen

Insgesamt verunglückten im Jahr 2021 laut aktueller Verkehrsstatistik des Polizeipräsidiums Recklinghausen insgesamt 54 Radler. Davon waren elf mit einem Pedelec unterwegs. Im Vorjahr gingen 63 Verunglückte ins Zahlenwerk ein, darunter 13 auf motorunterstützten Velos. 2019 wurden 64 Unfälle registriert. Mit Pedelecs dabei: 15.

Auch interessant

Das Geschwindigkeitsdurchschnittsniveau sei höher als beim Fahrrad ohne Motorunterstützung, die Folgen beim Sturz können deshalb gravierender sein. Damit nicht genug: Menschen am Lenkrad „unterschätzen gelegentlich die Geschwindigkeit der Biker“. Da Letztgenannte keine Knautschzone haben, fehlt ihnen der schützende „Puffer“. Also sollten Pedelec-Nutzer im eigenen Interesse ihre Sicherheit im Blick haben.

Die Polizei rät zur Benutzung eines Helms

Bei der Benutzung spielt der Zustand des Fahrzeugs eine große Rolle, so müssen Beleuchtung und Bremsen funktionieren. Martin Kirchner empfiehlt: „Bei Neuanschaffungen – ob Fahrrad mit oder ohne Motorunterstützung – sollte das Anfahren, Bremsen und Abbiegen geübt werden.“ Nicht zu vergessen die Ausrüstung derjenigen, die sich auf den Sattel schwingen. „Ein Helm kann Leben retten. Er schützt vor schweren Kopfverletzungen“, sagt Kirchner mit Nachdruck, „deshalb empfiehlt die Polizei dringend das Tragen.“

Auch interessant

Wie bei allen Verkehrsteilnehmern, die zu Fuß oder per Zweirad unterwegs sind, gelte die Devise: „Sicherheit durch Sichtbarkeit“! Also helle Kleidung, Leuchtwesten und Accessoires, die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr erzielen, anziehen.

Schwerer Unfall mit Pedelec auf der B224

Ein schwerer Unfall, in den ein Pedelec-Fahrer verwickelt war, ereignete sich am Samstag auf der B 224. Dort kam es gegen 16.20 Uhr zu einem Zusammenstoß von Auto und Zweirad.

Laut Polizei war ein Autofahrer (81) auf der B 224 gen Essen unterwegs. Als er sich dem Kreuzungsbereich der Goethestraße näherte, passierte er aufgrund von Ablenkung den Kreuzungsbereich bei Rotlicht. Zeitgleich querte ein Gladbecker (52) mit seinem Pedelec bei Grün die Straße. Beide Männer stießen frontal zusammen.

Der Pedelec-Fahrer wurde über die Motorhaube geschleudert. Die Polizei: „Laut Aussage des Notarztes bestand zur Unfallaufnahmezeit Lebensgefahr für den 52-Jährigen. Spätere Ermittlungen ergaben, dass er leicht verletzt wurde.“ Der Sachschaden beläuft sich auf schätzungsweise 3000 Euro.

„Es hilft insgesamt, wie ich es auch als Motorradfahrer mache, defensiv und vorausschauend zu fahren“, rät Kirchner. Das heißt unter anderem: den Blickkontakt in Vorfahrt-Situationen suchen und besonders mit Fehlern anderer rechnen.

Auch interessant

Den eigenen Schutz „hat ein Radfahrer ein Stück weit selbst in der Hand“, unterstreicht der Polizei-Experte. Beispielhaft führt er korrektes Verhalten an: Rotlicht beachten, Richtungsänderungen beim Abbiegen mit der Hand anzeigen, Radwege nur in der freigegebenen Richtung benutzen – „nicht geisterradeln!“ Der Polizeidirektor stellt klar: „Es ist nicht uncool, das Handy in der Tasche lassen.“

+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++

Die Missachtung solcher Gebote sind keineswegs Kavaliersdelikte. „Wir treffen auch repressive Maßnahmen gegen Radfahrende, wenn sie gegen Regeln verstoßen – ebenso wie beispielsweise gegen Autofahrer, die ihren Pkw auf Radwegen parken.“ Wer meint, beim Radeln mit dem Smartphone telefonieren oder bei Rot rechts abbiegen zu dürfen, ohne dafür mit Konsequenzen rechnen zu müssen, befindet sich auf dem Holzweg. Diejenigen, die die Polizei erwischt, „müssen zahlen“.

Das Polizeipräsidium Recklinghausen bietet immer wieder Trainings zur Nutzung von Pedelecs an. So beispielsweise über die Volkshochschule Gladbeck (Telefon: 0 20 43/99 24 15) am 12. Mai. Ort: Schulhof der Wittringer Schule, Bottroper Straße 55. Auf dem Plan stehen Theorie und Praxis.

Weitere Berichte und Meldungen aus Gladbeck lesen Sie hier.