Gladbeck. Ein Gladbecker erhielt von Unbekannten einen Schock-Anruf. Das Betrüger-Paar forderte 55.000 Euro. Doch die Geschichte hat ein Happy End.
Werner K. (Name von der Redaktion geändert) ahnte nichts Böses, als er acht Tage vor Weihnachten ans Telefon ging. Doch dieser Anruf entwickelte sich für den Senior aus Gladbeck zu einer wahren Horror-Geschichte. In den Hauptrollen: Kriminelle.
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„Ich hätte nie gedacht, dass ich auf so etwas reinfalle“, sagt K., der sich entschloss, den Vorfall der WAZ zu schildern – als Warnung für seine Mitmenschen. Dabei, so räumt der 80-Jährige ein, seien ihm Berichte und Informationen der Polizei zum Thema „Betrüger am Telefon“ durchaus präsent. Unbekannte bedrängen vornehmlich Ältere, um deren Geld und Wertgegenstände in die Hände zu bekommen. Sei es der „falsche Polizist“ mit einem fadenscheinigen Argument, sei es das Enkelkind in der Klemme. Auch Werner K. tischten Betrüger – eine Frau und ein Mann – ein Schock-Märchen auf.
Der Gladbecker sollte 55.000 Euro als Kaution zahlen
Der Senior erzählt: „Ich habe einen Anruf bekommen. Zu hören war die Stimme einer Frau, die der meiner Lebensgefährtin wahnsinnig ähnlich war.“ Scheinbar aufgeregt und völlig aufgelöst habe sie geklungen. In so kopfloser Verfassung sei die Frau – eben vermeintliche Lebensgefährtin – gewesen, dass sie nach kurzer Zeit nicht mehr habe sprechen können. Ein Mann habe das Gespräch übernommen.
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Folgende Schreckensnachricht kam K. zu Ohren: Seine Partnerin habe einen schweren Verkehrsunfall verursacht, in dessen Folge das Opfer – eine Radfahrerin – im Koma liege. Laut Staatsanwaltschaft stehe sogar der Vorwurf der vorsätzlichen Tötung im Raum. Damit nicht genug: Die Lebensgefährtin solle Unfallflucht begangen haben, habe sich schließlich aber doch gemeldet.
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„Gegen eine Kaution von 55.000 Euro könnte sie eventuell auf freien Fuß kommen“, so wiederholt K. die Aussage, „es dürfte auch Gold sein.“ Aber die Zeit dränge. Wo sich seine Lebensgefährtin denn gerade befinde, wollte der Gladbecker wissen. „Es hieß, sie sei bei der Polizei in Essen.“ Weitere Informationen, zum Beispiel zum Unfallort, habe er nicht in Erfahrung bringen können. K. berichtet: „Mir wurde gesagt: Das können wir aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Ein Anwalt ist schon eingeschaltet.“ Der Senior dürfe ebenfalls nicht über diesen Vorfall sprechen, sonst mache er sich strafbar. „Der Anrufer hat irgendwelche Paragrafen aus der Strafprozessordnung angeführt“, erinnert sich der Gladbecker.
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Mit seiner Lebensgefährtin könne er laut Anrufer nicht reden, sie sei „schlecht zurecht“. Den Festnetzanschluss müsse er freihalten, so hieß es. K.: „Ich sollte nur mein Handy benutzen.“ Das Telefonat wühlte den Gladbecker verständlicherweise auf. Schließlich wollte er verhindern, dass seine Lebensgefährtin die Weihnachtstage im Gefängnis verbringen muss. K.: „Ich habe mit meinem Bankberater gesprochen. Der meinte: Jetzt rufen wir Ihre Frau an!“ Ein guter Vorschlag, denn: „Sie sagte: Ich sitze auf dem Sofa und gucke ,Rote Rosen’. Da fiel mir ein Stein vom Herzen.“
Anzeige erstatten
Corinna Kutschke, Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen, rät, bei solchen Betrugsversuchen Anzeige zu erstatten. Die Polizei erhalte Kenntnis von diesen Geschehnissen, und eine Aufklärung – auch anderer Fälle – sei nicht ausgeschlossen.
Bei dubiosen Telefonanrufen gilt: auflegen! Man sollte sich gar nicht erst in ein Gespräch verwickeln lassen. Die Polizei fragt niemals nach Geld, PIN-Nummern oder Wertsachen. Im Display erscheint auch nicht die Nummer 110.
Diese sollten Angerufene allerdings wählen, wenn sie sich akut bedroht fühlen. Und nicht vergessen: „Den Vorfall der Polizei melden.“
Der Anruf sei anonym gewesen, „keine Telefonnummer angezeigt, nichts“. Sicher, vor Weihnachten seien die Menschen bestimmt besonders sensibel – und damit eher ein leichtes Opfer. K. sagt über sich: „Ich habe gelernt, klar zu denken. Aber wenn man so aggressiv in die Zange genommen wird...“ Er habe immer, wenn er von solchen Betrügereien gelesen habe, „die Psychologie bewundert, wie die Täter es schaffen, klardenkende Menschen über den Tisch zu ziehen.“ Dieses Erlebnis, das für Werner K. doch noch ein Happy End hatte, soll seinen Mitmenschen eine Warnung sein.