Gladbeck. Gladbecks Stadtkämmerer legte im Haupt- und Finanzausschuss die finanzielle Situation in Folge der Corona-Krise dar. Düstere Aussichten...

Stadtkämmerer Thorsten Bunte warnte die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses in der gestrigen Mammut-Sitzung vor, ehe er mit seiner Darstellung der finanziellen Folgen durch die Coronavirus-Pandemie begann: „Ich werde versuchen, Ihnen reinen Wein einzuschenken. Es wird kein lieblicher sein, der ist zurzeit aus.“ Wie das Geld an vielen Stellen in städtischen Haushalten – so auch in Gladbeck.

Gladbeck: Stadtkämmerer rechnet mit Verschlechterungen von 25 bis 29 Millionen Euro

„Auch wenn uns das Konjunkturpaket hilft, kommen auf uns bis 2023 nach überschlägiger Schätzung immer noch Verschlechterungen von 25 bis 30 Millionen Euro zu“, so der Finanz-Experte. Dabei sind seine aktuellen Ausführungen eine „Momentaufnahme“: „Da kann noch etwas passieren.“ Ursprünglich hatte der Stadtkämmerer sogar mit einem Verlust von mehr als 70 Millionen Euro in den Jahren von 2020 bis 2023 gerechnet. Doch dann brachte die Bundesregierung das Konjunkturpaket mit 57 Einzelmaßnahmen auf den Weg.

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Ulrich Roland, Bürgermeister in Gladbeck, sieht Altschulden „als Mühlstein am Hals“ armer Städte.
Ulrich Roland, Bürgermeister in Gladbeck, sieht Altschulden „als Mühlstein am Hals“ armer Städte. © FUNKE Foto Services | Jill Abanico / Funke Foto Services

Die dauerhafte Steigerung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft bei Arbeitslosen von 50 Prozent auf 75 Prozent (ein „längst überfälliger Schritt“), die angekündigte Übernahme des Gewerbesteuerausfalls für 2020 durch Bund und Land sowie die Erstattung des Einnahmeausfalls beim Öffentlichen Personennahverkehr – dank dieser Hilfen werde die Belastung gemildert. Doch Bürgermeister Ulrich Roland stellte klar: „Das Problem ist, dass bei erheblichen Einnahmeeinbrüchen die Kosten weiterlaufen.“

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Der Stadtkämmerer: „Ab 2018 waren wir ganz gut unterwegs.“ Nun geht Bunte auf Basis der Steuerschätzer von einer „Haushaltsverschlechterung von rund 72 Millionen Euro“ – „verhalten optimistisch geschätzt“: „Wenn es ganz schlecht läuft, sind es rund 100 Millionen Euro.“ Allein die aktuelle Sollstellung bei der Gewerbesteuer liege 5,8 Millionen Euro unter Plan.

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Resolution zu Altschulden

In Corona-Zeiten ersetzt der Haupt- und Finanzausschuss den Rat der Stadt Gladbeck. Bürgermeister Ulrich Roland: „Statt 47 Ratsmitgliedern sitzen hier nun 14.“ Dies sei nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit möglich geworden.

Das Gremium stimmte einer Resolution der Linke-Fraktion zu: „Die Altschuldenhilfe fehlt im Konjunkturpaket – Gladbeck braucht den Schuldenschnitt“. Ratsherr Olaf Jung gab in seinem Vorstoß der Enttäuschung Ausdruck, „dass in dem am 3. Juni verabschiedeten Konjunkturprogramm der Bundesregierung keine Altschuldenhilfe für überschuldete Kommunen enthalten ist“. Damit würden Kommunen im Ruhrgebiet, die vor allem von den Folgen des Strukturumbruchs wirtschaftlich stark getroffen seien, „weiter im Regen“ stehen gelassen.

Jung: „Der Druck von den Vertretern der wohlhabenderen Bundesländern war aber anscheinend so groß, dass das Altschuldenproblem wieder nicht gelöst wurde.“ Daher „fordert der Rat der Stadt Gladbeck die Bundes- und die Landesregierung nochmals auf, mit den betroffenen Kommunen und deren Spitzenverbänden in einen konstruktiven Dialog zu treten und die Einleitung eines Altschuldenfonds einzuleiten.“

„Wir sind eine arme Kommune, die Schlüsselzuweisungen sind für uns ein ganz wichtiger Posten“, sagte Bunte. Und genau diese Zuwendungen des Landes drohen einzubrechen. Wie geht es damit weiter? Der Fachmann: „Ich erwarte, dass das Land bei den Schlüsselzuweisungen nachlegt.“ Eine Stadt wie Monheim am Rhein mit hohen Gewerbesteuereinnahmen würde hohe Ersatzleistungen von Bund und Land bekommen – im Gegensatz zu armen Kommunen, wie eben Gladbeck, „die keinen Ausgleich für die drohenden Verluste bei den Schlüsselzuweisungen“ erhielten.

Als einen „Mühlstein am Hals“ armer Städte bezeichnen Bunte und Roland die Altschuldenlast. Die schon greifbare Lösung sei nun doch nicht gekommen. Dabei werde sie dringend gebraucht: „Nun steht Ministerpräsident Laschet in der Pflicht.“Eine Verschiebung der finanziellen Bürden in die Zukunft könne kein Ausweg sein.

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Bunte: „Kreditlaufzeiten über maximal 50 Jahre: Wer gibt uns diesen Kredit?“ Zumal man diese enormen Summen auch zurückzahlen müsse. Bunte sagte aber auch: „Wie schafft man es, dass aus dieser Situation kein Fatalismus wird? Wir bleiben in der Verantwortung und müssen Lösungen finden.“