Gladbeck. Der in Schwierigkeiten geratene Gladbecker Tafel e.V. wird mit Hilfe der Stadt neu aufgestellt. Einige Überraschungen erschweren den Neustart.
Eine gute und eine schlechte Nachricht konnte Sozialdezernent und Erster Beigeordneter Rainer Weichelt am Dienstagnachmittag dem Sozialausschuss mitteilen. Positiv ist, dass ein Notvorstand kurzfristig die Arbeit aufnehmen wird, um den in Schwierigkeiten geratenen Gladbecker Tafel e.V. zu reaktivieren. Aber es gibt dazu auch einen Wermutstropfen bezogen auf die Lebensmittelausgabe für Bedürftige und die alte Geschäftsführung des Vereins.
Denn der Neustart wird etwas Zeit benötigen, so dass der Tafelladen wohl erst im Frühjahr 2022 wieder seine Pforten für arme Gladbecker öffnen kann. Hintergrund: Nachdem innerhalb weniger Tage sowohl der Vorsitzende Dietmar Tervooren als auch dessen Stellvertreterin Gisela Schmidt im Juli verstorben waren, hatte der Verein seine rechtliche Handlungsfähigkeit verloren, da kein weiteres Mitglied befugt war, die Geschäfte zu führen. Und wie jetzt entdeckt wurde, erfolgte die alte Vereinsführung wohl chaotisch mit gravierenden Mängeln.
Die Situation der Tafel Gladbeck hat sich schwieriger dargestellt als erwartet
Die Stadt habe sich nach Kontaktaufnahme und Information zur Situation durch den Landesverband eingeschaltet, berichtete Weichelt. Die Ratsfraktionen der SPD, ABD und die Linke hatten beantragt, im Ausschuss über die Lage informiert zu werden. Die Tafel sei eine sinnvolle Institution, und man habe zunächst das Ziel verfolgt, einen Notvorstand zu besetzen der die Geschäfte sortiert, damit die Tafel so schnell wie möglich wieder arbeiten kann. Die Situation habe sich dann aber nach ersten Sondierungen im Büro des Tafelvereins schwieriger als erwartet dargestellt, so der Sozialdezernent weiter.
Mehr als 1000 Bedürftige versorgt
Die Lebensmittelausgabe der Gladbecker Tafel wurde nach dem Tod der Vorsitzenden noch bis zum 24. September von Ehrenamtlichen aufrecht gehalten. Mehr als 1000 Personen hat die Tafel regelmäßig in ihrem Domizil an der Bülser Straße versorgt. Die Schließung erfolgte notgedrungen, auf Empfehlung des Landesverbandes der Tafeln NRW.
Weichelt erklärte, dass Dietmar Tervooren zwar den Betrieb der Tafel gut sichergestellt habe, er mit der Geschäftsführung aber offensichtlich überfordert gewesen sei. Man habe im Büro keine ordentliche Buchführung vorgefunden, lediglich eine Lose-Blatt-Sammlung. Ordentliche Mitgliederlisten seien auch nicht vorhanden, und die eigentlich vorgeschriebenen jährlichen Mitgliederversammlungen seit Jahren nicht abgehalten worden. Da vereinsrechtliche Vorgaben gegenüber dem Finanzamt nicht erbracht worden seien, habe der Tafelverein faktisch auch seine Gemeinnützigkeit verloren und in einer Art rechtsfreiem Raum gearbeitet. Damit sei Gladbeck leider negativ spitze und habe bundesweit Geschichte geschrieben, da es solche Zustände in keinem der mehr als 900 anderen Tafelvereine gegeben habe.
Zunächst müssen die im Büro vorhandenen Unterlagen gesichtet und sortiert werden
Zunächst gelte es jetzt die Blatt-Sammlung und den Bürocomputer der Tafel nach relevanten Unterlagen zu durchsuchen und diese zu ordnen, denn der Verein verfüge ja auch über Werte wie die Fahrzeuge, mit denen die Lebensmittelspenden gesammelt wurden und die auch für einen Neustart wichtig seien. Um dann eine solide Basis zu schaffen, sehe es aber wohl so aus, dass der alte Verein liquidiert werden müsse. Wer im bereits gefundenen Notvorstand ist, solle erst bekannt gegeben werden, „sobald die Eintragung vom Vereinsregister bestätigt ist“, so Weichelt. Dass die Stadtverwaltung im Notvorstand selbst vertreten sein wird, wurde aber deutlich, indem Dezernent Weichelt von der erheblichen Arbeit sprach, die das Team um Marcel Hädrich erwarte, dem Abteilungsleiter Existenzsicherung und Wohnen im Sozialamt.
Wie schnell die neue Tafel ihre Arbeit dann aufnimmt, könne man jetzt noch nicht genau sagen, es ei aber „Ziel, innerhalb der nächsten vier Monate die Lebensmittelausgabe wieder ans Laufen zu kriegen“, so Rainer Weichelt. Er unterstrich, dass aber kein Bedürftiger Hunger leiden müsse, da es viele soziale Leistungen existenzsichernder Art für die Menschen in Gladbeck gebe. Zudem hätten Tafeln aus den Nachbarkommunen sich bereit erklärt, berechtigte Gladbecker mit zu versorgen und die Gladbecker Foodsharing-Gruppe sei für Spendenfahrten eingesprungen.