Gladbeck. Die Fraktionen im Gladbecker Stadtrat ziehen ein Jahr nach der Kommunalwahl eine zufriedene Bilanz. Viel Lob gibt’s für die neue Bürgermeisterin.
Ein Jahr nach der konstituierenden Sitzung des neuen, deutlich veränderten Rates in Gladbeck ohne klare Mehrheiten und dem Antritt der neuen Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD), ziehen die Fraktionen durchweg eine positive erste Zwischenbilanz.
Allenthalben werden die respektvolleren Umgangsformen in der Nach-Roland-Ära zwischen den Parteien, aber auch im Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung gelobt. Durchweg Anerkennung findet die Amtsführung des neuen Stadtoberhauptes.
Die SPD ist zufrieden und erkennt eine „sozialdemokratische Stadtentwicklung“
„Mit dem Start des neuen Rates war ein Aufatmen spürbar, dieser neue Geist hat sich in den zwölf Monaten verfestigt“, stellt SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind fest. „Auch wenn durch die schweren Rahmenbedingungen – Corona und enge Finanzen – dieses neue Licht leider etwas abgedunkelt wird.“ Die SPD sei zufrieden, sie habe als stärkste Fraktion „ganz gut“ ihre Themen durchbekommen, auch wenn sie für ihre Politik immer neue Mehrheiten habe suchen müssen. Wedekind: „Aber eine sozialdemokratische Stadtentwicklung wird deutlich“.
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Wolfgang Wedekind schätzt die neuen Umgangsformen: „Jedem wird vernünftig zugehört, andere Fraktionen haben durchaus auch Chancen, ihre Ideen durchzubekommen.“ Die Bürgermeisterin mache einen guten Job, sorge für Transparenz und liefere mehr Hintergrundinfos. „Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wir als SPD sind zufrieden.“
Die CDU freut sich über das ungewohnte „umgängliche Betriebsklima“
Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Rademacher freut sich über das „umgängliche Betriebsklima“ im neuen Rat. Es werde „anders“ diskutiert, eine „gewisse Erleichterung“ sei spürbar. Vor allem lobt er „den faireren, ordentlicheren Umgang zwischen Verwaltung und Politik“. Bürgermeisterin Weist überlasse der Politik ein größeres Spielfeld bei der Themensetzung, „sie ist moderater, will die Bürgermeisterin für alle sein“.
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Von der Arbeit seiner Fraktion zeigt sich Rademacher beeindruckt, „auch wenn sie die jüngste Fraktion im Rat ist, das hat uns nicht zurückgeworfen“. Man sei bei vielen Themen gleichauf mit anderen. Einzig: Unfair sei, dass seine Fraktion mitunter von anderen in die Nähe zur AfD gerückt werde.
Die Grünen finden die wechselnden Mehrheiten „gut für Gladbeck“
Grünen-Fraktionschefin Ninja Lenz findet, dass die wechselnden Mehrheiten im Rat, die Kompromisse, die gefunden werden, Gladbeck gut tun. „Es herrscht kein Stillstand, ganz im Gegenteil, es werden mehr Themen diskutiert.“ Für ihre eigene, größere Fraktion sei es gut, dass sie nicht mehr Juniorpartner der SPD sei, sondern die eigenen Themen in den Vordergrund spielen könne. Aber: Es gebe noch Luft nach oben. Lenz: „Ich wünsche mir, dass mehr um der Sache willen diskutiert wird, weniger parteipolitisch.“
Da könnten sich die Grünen, fügt Lenz selbstkritisch hinzu, allerdings auch „an die eigene Nase fassen“. Deutlich demokratischer sei die Moderation von Bürgermeisterin Bettina Weist. „Wir sind nicht immer einer Meinung, aber sie respektiert andere.“ Insgesamt sei der neue Rat deutlich vielfältiger, auch Themen kleinerer Partien würden debattiert, „früher wurden sie einfach von der Tagesordnung gestrichen“.
FDP und ABD „enormer Verbesserung“ und spürbaren „Respekt der Großen“
Von einer „enormen Verbesserung“ der Arbeit im Rat spricht auch FDP-Fraktionsvorsitzender Michael Tack. Die politische Arbeit sei entspannter, die Sitzungsleitung der Bürgermeisterin „sehr strukturiert“, was insgesamt womöglich den Unterhaltungswert der Ratssitzungen verringere. „Aber der Ideenreichtum ist größer.“ ABD-Fraktionschef Udo Flach (für ABI, BIG und DKP) konstatiert, dass die Themen der kleinen Parteien ernst genommen würden. „Wir werden von den Großen respektiert.“ Die neue Bürgermeisterin höre sich alle Themen an und suche nach Lösungen.
AfD-Fraktionssprecher Marco Gräber findet die Behandlung seiner Partei, die erstmals im Rat ist, „in Ordnung“. In anderen Städten sei es „schlimmer“. Man sei ganz passabel durch das erste Jahr gekommen, habe mehrere Anträge stellen können. „Wir leisten kritische Oppositionsarbeit, wollen Gespräche führen, stoßen aber auf eine Blockadehaltung, generell nehmen uns SPD, Linke und Grüne nicht ernst“, klagt Gräber. Keine Äußerung gibt es im Übrigen von den Linken – sie waren für die WAZ nicht erreichbar.