Gladbeck. Gladbeck liegt bei den Infektionszahlen in NRW ganz weit vorn. Besonders junge Menschen infiziert. So sind die Werte in den Stadtteilen verteilt.
Der Inzidenzwert in Gladbeck steigt weiter so stark an, dass er nicht nur der höchste im gesamten Kreis Recklinghausen ist, sondern auch NRW-weit mit an der Spitze liegt. Am Montag lag er bei 72,7. Nur Solingen hat im Land einen höheren Inzidenzwert (76,0). Auch die Krisenstäbe von Kreis und Stadt befassen sich mit den vielen Infektionsfällen in Gladbeck.
„Wir sind mit dem Kreis im engen Austausch und haben noch einmal nachgeforscht, was die Ursache für die hohe Inzidenz in Gladbeck ist. Diese kann man aber nicht an einem Ereignis festmachen“, so Ordnungsdezernentin Linda Wagner, Leiterin des Krisenstabes. Denn die Infektionen seien über alle Stadtteile und alle Altersklassen verteilt.
Infektion hat sich in einigen Familien schnell verbreitet
Fest steht allerdings: Innerfamiliäre Infektionen und Infizierungen bei Reiserückkehrern lassen die Zahlen jetzt in die Höhe schnellen. „Es gibt auch kreisweit mehrere Haushalte, in denen nun alle Mitglieder infiziert sind“, so Kreissprecherin Svenja Küchmeister. Bereits am Freitag hatte sie auf Anfrage erklärt, dass im Moment besonders Familien betroffen sind. An der Lage habe sich am Montag, an dem das Kreisgesundheitsamt für Gladbeck 13 Neuinfektionen meldete, nichts geändert.
Kreis-Inzidenz nähert sich 35er-Marke
Auch im Kreis Recklinghausen steigt die Inzidenz weiter an – wenn auch nicht so deutlich, wie in Gladbeck. Am Montag lag der Kreis-Wert bei 33,7, und damit nah an der nächsten Inzidenzstufe von 35.
Ab einem Wert von 35 rutscht ein Kreis oder eine Stadt in die Inzidenzstufe 2. Dafür muss dieser Wert an acht aufeinanderfolgenden Tagen über 35 liegen, ab dem übernächsten Tag gelten dann weitere Verschärfungen der Corona-Maßnahmen.
Dazu gehört etwa, dass Treffen im öffentlichen Raum ohne Begrenzung für Angehörige aus drei Haushalten erlaubt sind; außerdem für zehn Personen mit Test aus beliebigen Haushalten. Bei Kulturveranstaltungen sind ein fester Sitzplan und ein negatives Testergebnis der Zuschauerinnen und Zuschauer Voraussetzung. Alle Kulturangebote, egal ob sie drinnen oder draußen stattfinden, obliegen einer Höchstzahl von 500 Gästen, zudem ist eine Sitzordnung im „Schachbrettmuster“ vorgeschrieben.
Aktuell seien in Gladbeck vier Haushalte mit jeweils fünf Personen sowie zwei Haushalte mit je vier Personen betroffen. Neben Infektionen, die sich in Familien stark weiter verbreiteten, seien aber auch Reiserückkehrer für die steigenden Zahlen verantwortlich. „Von den aktuell 92 Infizierten in Gladbeck sind 17 Reiserückkehrer“, so Wagner.
Besonders junge Menschen sind infiziert
„Der Großteil der Reiserückkehrer kommt aus der Türkei, mit einigem Abstand folgen Spanien und Griechenland“, sagt Küchmeister. Auch die Kreisverwaltung beobachtet – ebenso wie das Robert Koch-Institut bundesweit – dass die Zahlen in den Städten derzeit schneller steigen als im vergangenen Jahr. „Das kommt aber nicht besonders überraschend“, so Küchmeister. Die Menschen seien nun viel mehr unterwegs als im Sommer 2020, da die Corona-Schutzbestimmungen dies zulassen würden. So seien kreisweit aktuell vor allem junge Menschen infiziert.
Die zehn- bis 19-Jährigen liegen mit einer Inzidenz von 86,1 bei den Infizierten ganz vorne. „Das sind diejenigen, die überwiegend keinen Impfschutz haben, und dennoch sehr aktiv sind“, sagt Svenja Küchmeister. Auch in den Altersgruppen der 20- bis 29-Jährigen sowie der 30- bis 39-Jährigen ist die Inzidenz mit 60,1 beziehungsweise 61,5 deutlich höher als in anderen Altersklassen. „Auch in diesen Gruppen haben viele noch keinen vollständigen Impfschutz.“
Wenige Infektionen bei Menschen über 70
Die Verteilung der Fälle in den einzelnen Altersgruppen in Gladbeck entspräche den Werten im Kreis, so Ordnungsdezernentin Linda Wagner. „Bei den Menschen über 70 gibt es erstaunlich wenige Infektionen. Denn dort gibt es eine starke Durchimpfungsquote“, erklärt sie weiter.
Über die Stadtteile sind die Infektionen folgendermaßen verteilt: In Brauck, Butendorf und Rosenhügel sind insgesamt 26 Menschen infiziert, in Rentfort, Zweckel und Schultendorf 27 und in Ellinghorst und Mitte 40. Die Infizierten-Statistik wird nach Postleitzahlen geführt.
Drei Corona-Patienten werden aktuell im Krankenhaus behandelt
Im Gladbecker Krankenhaus ist die Lage trotz der steigenden Inzidenz indes noch entspannt. „Wir haben derzeit drei stationäre Corona-Patienten. Keiner davon liegt auf der Intensiv-Station“, sagt der neue ärztliche Direktor des St. Barbara-Hospitals, Christian Wedemeyer. Auch die Stadt hat einen Fokus auf die Lage in der Klinik. „Wir werden fortlaufend im Blick haben, wie sich die Situation im Krankenhaus und auch generell in Gladbeck entwickeln wird“, kündigt Wagner an.
Verschärfte Maßnahmen allein für Gladbeck stehen laut der Dezernentin derzeit nicht an. „Es gibt ein diffuses Ausbruchsgeschehen und nicht den einen Grund, bei dem wir gegensteuern müssen“, so Linda Wagner. Es sei vielmehr wichtig, das Thema Impfen weiter voran zu bringen. „Wir sind dazu in weiteren Vorbereitungen, und wollen zielgruppenspezifische Angebote machen.“