Gladbeck. Aufgrund von Lieferengpässen fehlen derzeit Ersatzteile, und auch auf Fahrräder müssen Kunden lange warten. So reagieren Händler in Gladbeck.
Markus Mischke, Inhaber des Zweirad-Centers Kleine-Gung in Gladbeck, ist seit 35 Jahren im Geschäft. Zeiten wie diese aber, die hat er noch nicht erlebt. „Aufgrund der Lieferengpässe haben wir Wartezeiten ohne Ende.“ Mit seinen Kunden geht er nun einen eher ungewöhnlichen Weg.
„Die Lieferengpässe haben enorme Auswirkungen auf unser Geschäft“, so Mischke, der in seinem Fahrradcenter keinen Neuverkauf mehr anbietet, sondern auf Reparaturen spezialisiert ist. Gängigste Ersatzteile etwa für den Schaltungs- oder Bremsbereich, selbst Schläuche und Reifen, bekommt er momentan nicht. „Unser Ziel ist es aber, den Kunden zu helfen. Daher ist es derzeit sogar so, dass wir den Kunden sagen, dass sie auch selbst Ersatzteile besorgen und zur Reparatur zu uns mitbringen können. Anders haben wir derzeit keine Chance.“
Die meisten Kunden haben Verständnis
Natürlich aber kommen auch Privatleute nicht an die für den Fachhändler vergriffene Ware. „Doch vielleicht hat jemand noch ein Ersatzteil in der Garage liegen“, nennt Mischke ein Beispiel. „Im Moment ist wirklich das Mitwirken der Kunden gefragt.“
Die Reaktionen der Kunden seien überwiegend verständnisvoll, die meisten seien inzwischen über die Lieferschwierigkeiten informiert. „Es gab aber auch Zeiten, da war das Verständnis nicht da. Es ist ja auch unvorstellbar, dass ein Fahrradhändler keinen Ersatzreifen bestellen kann“, findet er. Die Globalisierung zeige sich aktuell von ihrer negativen Seite. Es gebe Liefertermine, etwa für Mai 2022, die gar nicht auszusprechen seien. Einige Lieferanten geben inzwischen noch nicht mal mehr Liefertermine an. „Es ist eine anstrengende Zeit – für Kunden und für Händler.“
Die Lager bei den Fahrradhändlern sind leer
Sowohl Lager als auch Laden waren bei Zweirad Happe in Zweckel immer ordentlich voll – so leer gefegt wie nun war die Verkaufsfläche noch nie. „Jetzt haben wir nur noch eine Handvoll Räder. Die Kunden fragen uns schon, ob wir ausverkaufen“, berichtet Kathrin Happe.
Mehrere Faktoren
Mehrere Faktoren sorgen aktuell für Lieferengpässe. Auch Discounter wie Aldi oder Lidl leiden darunter. Ein Grund ist die vorübergehende Schließung eines Hafens in China, in dem es zu einem Corona-Ausbruch gekommen war.
Auch Zulieferbetriebe, insbesondere in Asien, müssen wegen hoher Inzidenzen immer wieder schließen. Das betrifft auch die Fahrradindustrie, die einen Großteil in Asien herstellen lässt.
Wer spezielle Wünsche hat und ein Rad konfiguriert, kann mit einem Jahr Lieferzeit rechnen. „Das sind in der Regel Kunden, die bereits ein Fahrrad haben, genaue Vorstellungen haben und dann eben warten.“ Reparaturen nimmt das Ehepaar Happe nur noch dann an, wenn sie auch die entsprechenden Ersatzteile haben. „Alles andere muss wieder mitgenommen werden. Viele Kunden müssen wir gehen lassen.“
Shimano, ein großer Zubehörhersteller, beliefert derzeit keine Händler, sondern nur Hersteller direkt. „Er ist aber der einzige Hersteller etwa für Ketten- und Nabenschaltungen. Es gibt immer mehr Monopole, und man kann nicht ausweichen“, kritisiert Happe. Als Grund sieht Happe die „Geiz-ist-geil-Mentalität“. „Wenn die Kunden bereit wären, mehr Geld auszugeben, könnte etwa auch wieder in Europa gefertigt werden.“
Die Händler könnten aufgrund der Nachfrage viel verkaufen
Auch Jörg Lindemann, Inhaber vom Radsportservice Lindemann, hat nur noch wenige Räder auf Lager. „Es ist alles weg.“ Auch er ist inzwischen dazu übergegangen, dass er seinen Kunden anbietet, selbst nach Ersatzteilen zu suchen und diese dann zur Reparatur mitzubringen. Aber selbst im Internet, beispielsweise Restbestände bei anderen Händlern, finden sie oftmals nicht mehr.
Für Händler ist die Situation besonders ärgerlich. Sie könnten derzeit viele Fahrräder verkaufen, denn die Nachfrage ist ungebrochen groß, aber: Aufgrund der Lieferschwierigkeiten fehlt es schlicht an Fahrrädern.