Gladbeck. Ärzte in Gladbeck haben immer mehr Schwierigkeiten, die Corona-Impfstoffe an die Patienten zu bringen. Wartelisten gibt es kaum noch.
Wer sich gegen das Coronavirus immunisieren lassen wollte, hat längst ein Angebot dazu bekommen, auch das Impfzentrum in Recklinghausen impft seit einiger Zeit ohne vorherige Terminvereinbarung. Vielmehr haben Mediziner derzeit Schwierigkeiten, den kompletten Impfstoff an die Patientinnen und Patienten zu bekommen. Und so landen auch schon mal in Gladbeck Impfdosen im Müll.
So wie etwa in der Gemeinschaftspraxis von Markus Jordan, Christof Czaja und Nicole Thomas. „Wir mussten schon Impfdosen wegwerfen“, berichtet Zeinab Sammou, medizinische Fachangestellte. Das sei etwa dann der Fall, wenn das Team zu den Impfungen die Spritzen mit den Vakzinen aufziehe, der betreffende Patient dann aber einfach nicht erscheine. „Wir versuchen, immer noch jemand anderes zu erreichen“, so Sammou, aber das klappe nicht immer.
Impfung von Jugendlichen zum Erreichen der Herdenimmunität
Mit der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante hat das Robert-Koch-Institut inzwischen die nötige Prozentzahl zum Erreichen der Herdenimmunität nach oben gestuft. 85 Prozent der Menschen müssen demnach für eine solche geimpft sein. Ob die mit der derzeitigen Impfflaute noch zu erreichen ist, sei eine Einschätzung, die die Wissenschaft geben müsse, so Kreissprecherin Lena Heimers. Die nun verstärkte Impfung von Kindern und Jugendlichen könne aber zum Erreichen der Herdenimmunität beitragen.
Hausarzt Dr. Gregor Nagel stellt weiterhin eine sehr geringe Nachfrage nach dem Vakzin von Astrazeneca fest. „Es gibt aber noch vereinzelt Patienten, die den Impfstoff für die Zweitimpfung nutzen und auf eine Kreuzimpfung verzichten. Hintergrund ist, dass eine Kreuzimpfung in vielen Ländern bei Auslandsreisen nicht anerkannt wird“, so der Mediziner.
Wartelisten gibt es in vielen Praxen gar nicht mehr
Auch Wartelisten – die vor einiger Zeit noch unendlich lang waren – gibt es in vielen Praxen gar nicht mehr. „Wir vergeben bei Nachfrage die Termine direkt. Nur nach einer Impfung mit dem Stoff von Astrazeneca fragt kaum noch jemand“, sagt Sammou. Auch in der Praxis von Dr. Gregor Nagel im Hausarztzentrum Butendorf gibt es keine Wartelisten mehr. „Impfstoff ist so ausreichend vorhanden, dass wir auch kurzfristig impfen können“, so der Sprecher des Gladbecker Ärztenetzes. So sprechen die Mediziner ungeimpfte Patienten nun auch gezielt in den Sprechstunden an. Immer häufiger gibt es daher nun den Pieks spontan. Um die 500 Impfungen pro Woche stehen im Hausarztzentrum derzeit noch an. Nur vereinzelt mussten Impfdosen in seiner Praxis bisher entsorgt werden. „Dann, wenn am Abend eine Ampulle angefangen ist und nicht ganz aufgebraucht werden kann.“ Montagnachmittag stand im Hausarztzentrum Butendorf die Impfung von 140 Patienten an. „Im Vorfeld ziehen wir rund 80 Spritzen auf. Danach wird nur noch ampullenweise aufgezogen, falls doch einige ihre Termine nicht wahrnehmen.“
Auch wenn bisher die Nachfrage nach den Corona-Impfungen deutlich nachgelassen hat, Dr. Nagel geht davon aus, dass diese schon bald wieder steigen könnte. „Die Nebenwirkungen sind nicht schlimm, so wie von einigen befürchtet. Zudem bleiben ja Einschränkungen für Ungeimpfte bestehen.“ Viele hätten eine Impfung auch aufgrund der zuletzt niedrigeren Infektionszahlen nicht mehr für nötig gehalten. „Wenn die Inzidenzzahlen nun aber, wie erwartet, weiter steigen, wird das für den einen oder anderen wieder zur Motivation werden, sich doch immunisieren zu lassen.“
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Es wird immer schwieriger, verbliebene Dosen an die Patienten zu bekommen
Im Impfzentrum Recklinghausen sei es bisher „Gott sei Dank“ noch nicht vorgekommen, dass Impfdosen weggeworfen werden mussten, so Kreissprecherin Lena Heimers. Im Gegensatz zu niedergelassenen Ärzten bestelle der Kreis die Vials nur sehr bedarfsgerecht, „um nicht zu viel Impfstoff in den Kühlschränken vor Ort zu haben“. Aber auch die Verantwortlichen im Impfzentrum stellen vermehrt fest: Es wird immer schwieriger, am Abend die verbliebenden Dosen an die Patienten zu bekommen. „Die Kollegen telefonieren sich jeden Abend die Finger wund, um die Reststoffe verteilen zu können.“
Bisher sei das aber immer gelungen. „Nur selten müssen wir für den letzten Impfling des Tages noch ein neues Vial anbrechen.“ Dann aber gebe es noch immer Listen mit weiteren Interessenten, auf die zurückgegriffen werden könne. Die Kontakte würden dann zum Impfzentrum gerufen, um sich dort kurzfristig immunisieren zu lassen.