Gladbeck. Im sanierten Kreishaus wird für Kunden ein abgegrenzter Bereich geschaffen. Hintergrund sind Morddrohungen, etwa gegen Landrat Bodo Klimpel.

Morddrohungen gegen das Führungspersonal der Kreisverwaltung haben dazu geführt, dass der Flur, auf dem der Landrat und der Kreisdirektor ihre Büros haben, neuerdings nur noch mit einem elektronischen Schlüssel betreten werden kann. Ansonsten ist das Kreishaus ein Haus der offenen Türen. In der Vergangenheit, heißt es, sei es schon mehrfach zu sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen. Die anstehende Sanierung des Verwaltungsgebäudes will die Kreisverwaltung deshalb nutzen, um einen abgegrenzten Bereich für den Bürger zu schaffen.

Der Plan ist Bestandteil eines Sicherheitskonzepts. Dieses soll einerseits die Mitarbeiter schützen, andererseits dem Besucher lange Wege im Kreishaus ersparen. „Heute werden Dienstleistungen für den Bürger in vier Bauteilen auf vier Etagen erbracht“, sagt Projektleiter Thomas Lorenz. Besucher hätten häufig Probleme, sich im riesigen Kreishaus zurechtzufinden. Im Durchschnitt sind es täglich 300 Kunden, die ihre Anliegen im Kreishaus vortragen, berichtet Cäcilia Kirschbaum, zuständige Fachbereichsleiterin in der Kreisverwaltung. Ziele der Besucher sind zum Beispiel die Ausländerbehörde, das Startercenter für Existenzgründer oder das Katasteramt. Andere haben etwas in Sachen Elterngeld oder Bafög zu regeln, möchten sich für eine Fischerprüfung anmelden oder ein Reitkennzeichen beantragen.

Beratungsinseln für das persönliche Gespräch

Der Bürgerbereich soll im Erdgeschoss des sanierten Kreishauses seinen Platz finden und allen Anforderungen der Barrierefreiheit genügen. Die Pläne dafür stehen: An einer Servicetheke können Kunden zum Beispiel (Antrags-)Unterlagen in Empfang nehmen oder grundlegende Informationen einholen. Ist ein persönliches Gespräch mit einem Mitarbeiter aus dem zuständigen Fachbereich erforderlich, stehen Beratungsinseln, bei sensiblen Angelegenheiten auch geschlossene Räume zur Verfügung. Der Unterschied zu heute: Der Ratsuchende muss in der Regel nicht mehr den Weg zu seinem Sachbearbeiter antreten, der irgendwo im Kreishaus sitzt, sondern der Mitarbeiter kommt zu ihm, hat über die digitale Technik auch Zugriff auf notwendige Unterlagen und Informationen.

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Die Kreishaus-Kantine bleibt für Besucher ebenso zugänglich wie die Sitzungssäle im ersten Obergeschoss. Denn die werden vom Kreis weiterhin für Veranstaltungen von Vereinen, Verbänden oder Parteien vermietet. Für alle weiteren Bereiche des Kreishauses benötigt man eine Zugangsberechtigung. Das sei heutzutage eine zeitgemäße Regelung, betont der Leiter des Projekts Kreishaus-Sanierung.

Sanierung soll 2023 auch praktisch in Angriff genommen werden

Nach dem Baubeschluss des Kreistages, der in diesem Jahr erfolgen soll, sowie den Ausschreibungen und der Vergabe der einzelnen Gewerke soll im Jahr 2023 die Kreishaus-Sanierung auch praktisch in Angriff genommen werden. Sie gilt als ein Projekt für das laufende Jahrzehnt. Die Kostenschätzung liegt aktuell bei 99 Millionen Euro. Saniert wird ein Bauteil nach dem anderen, die betroffenen Mitarbeiter werden während der Bauarbeiten in einer angemieteten Immobilie in der Nähe untergebracht.

Die Büros – in der Regel für je zwei Mitarbeiter – sollen im Zuge der Sanierung effektiver zugeschnitten werden. Dadurch lasse sich die Zahl der Schreibtische um bis zu zehn Prozent steigern, erläutert Thomas Lorenz. Die Rede ist von bis zu 960 Büroarbeitsplätzen. Dem Kreis bietet sich dadurch die Chance, Organisationseinheiten, die zurzeit noch im Recklinghäuser Stadtgebiet verteilt sind, ins Kreishaus zurückzuholen – zum Beispiel die Abteilung für Schwerbehindertenangelegenheiten oder die Bußgeldstelle. Das Straßenverkehrsamt mit Zulassungsstelle wird nicht umziehen. Diese Kreisbehörde mit dem größten Publikumsverkehr behält ihren Sitz an der Stettiner Straße in Marl.