Gladbeck. Starkregen-Ereignisse werden zukünftig häufiger auftreten, so ein Experte aus Gladbeck. Aber was lässt sich tun, um die Folgen einzudämmen?

Es regnet und regnet und regnet. Ach was, es schüttet zeitweise vom Himmel wie aus Kübeln! Wieder einmal, möchte man meinen. Scheinen doch diese sintflutartigen Wassermassen immer häufiger – wie es gerade jetzt wieder einmal der Fall ist – auf Stadt und Land niederzuprasseln. Nur ein Gefühl? Oder lässt sich der Eindruck mit Fakten belegen? Und vor allem: Können sich Kommunen sowie Privatleute vor Überflutungen schützen? Frank Restemeyer, Leiter des Ingenieuramtes Gladbeck, gibt Antworten.

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Der Experte bestätigt: „Ja, wir werden zukünftig mehr Starkregen-Ereignisse haben.“ Er stellt klar: „Es gab immer schon Starkregen, die Häufigkeit ist das Problem.“ Eine Folge des Klimawandels, der eben nicht nur Extreme wie außergewöhnliche Hitze auslöse.

Ingenieuramtsleiter Frank Restemeyer: „Eigentum verpflichtet“

Mehr Starkregen bedeutet laut Restemeyer aber keineswegs, dass das jährliche Niederschlag-Volumen ebenfalls steigt. „Die Gesamtmenge bleibt gleich. Im ganzen Jahr regnet es in unserer Region rund 800 Liter pro Quadratmeter, verteilt auf 365 Tage und 8760 Stunden.“ So die Theorie. Die Realität schaut anders aus: „Wenn 15 Prozent der Gesamtmenge innerhalb einer Stunde herunterkommen, ist das generell eine Belastung des Kanalsystems“, erklärt der Amtsleiter. Nur gemeinsam, so die Verwaltung, „können Stadt und Grundstückseigentümer die Folgen von Starkregen-Ereignissen reduzieren“.

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50 bis 60 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in einer Stunde, also die halbe Menge, die eine Badewanne fasst: „Da wird es schon heftig.“ Es kann dann passieren, dass Wasser aus der Kanalisation in Keller gedrückt wird. Zum Vergleich: Als ein „normales Regenereignis“ gilt eine Menge von fünf bis zehn Litern pro Quadratmeter und Stunde. „Auch wenn der Regen stärker ist, kann das unsere Kanalisation gut packen“, meint Restemeyer. Ein Problem stellen nach seinen Ausführungen versiegelte Flächen dar, dort kann Wasser nicht versickern. „Gladbeck gehört zu den relativ hoch verdichteten Städten. Im Bereich der Fußgängerzone haben wir einen Grad von 70 bis 80 Prozent“, sagt der Fachmann. Und fügt an: „Gut ist, wenn der Verdichtungsgrad unter 50 Prozent liegt.“

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Ingenieur Frank Restemeyer, Amtsleiter in Gladbeck, erläutert ein Bündel von Maßnahmen, um Starkregen-Folgen zu reduzieren. Aber auch die Einwohnerschaft muss ihren Teil dazu beitragen.
Ingenieur Frank Restemeyer, Amtsleiter in Gladbeck, erläutert ein Bündel von Maßnahmen, um Starkregen-Folgen zu reduzieren. Aber auch die Einwohnerschaft muss ihren Teil dazu beitragen. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Niedriger gelegene Orte laufen wie eine Schüssel voll. Restemeyer: „Ein klassischer neuralgischer Punkt ist die Unterführung Landstraße.“ Die Emschergenossenschaft betreibt dort zwei Pumpwerke, wovon eines ertüchtigt werden soll. Restemeyer: „Das sind Investitionen mindestens im mittleren sechsstelligen Bereich.“

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Am Jovyplatz „haben wir fünf Millionen Euro angefasst, um Misch- und Regenwasser von einander zu trennen“: „Dadurch werden die Wassermengen auf zwei Rohre verteilt.“ Ein Mittel, das die Stadt Gladbeck im Kampf gegen Starkregen einsetzt. Der Amtsleiter unterstreicht: „In den vergangenen 15 Jahren haben wir kein Neubaugebiet erstellt, in dem wir in einem Mischsystem entwässern.“

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Das Ereignis Starkregen wird für Wetter- und Unwetterwarnungen in mehrere Stufen eingeordnet. Kriterium: die Niederschlagsmenge gemessen auf einem Quadratmeter in einem festgelegten Zeitraum.

So gelten als Schwellenwerte für Stufe 2 (Starkregen): 15 bis 25 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde/20 bis 35 Liter pro Quadratmeter in sechs Stunden. Stufe 3 (Heftiger Starkregen): 25-40 Liter auf den Quadratmeter in einer Stunde/35-60 Liter pro Quadratmeter in sechs Stunden. Als extrem heftiger Starkregen wird in Stufe 4 kategorisiert: eine Niederschlagsmenge von mehr als 40 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde/mehr als 60 Liter pro Quadratmeter in sechs Stunden.

Allerdings: „Die Hauseigentümer am Jovyplatz und in der Innenstadt müssen die Maßnahme selber bezahlen. Sie haben 15 Jahre Zeit, das umzusetzen.“ Denn: Eigentum verpflichte, betont Restemeyer. Aber schließlich sei es eine Investition in die Zukunft, wenn man sein Gebäude vor dem Überfluten schütze. „Jeder Eigentümer bekommt von unseren Bauleitern alle Informationen“, so der Fachmann – inklusive der Hinweise auf mögliche finanzielle Förderung. Er rät auch zu einer Rückstausicherung und meint: „Man sollte sich schon überlegen, einmal Geld in die Hand zu nehmen statt alle fünf Jahre den Keller unter Wasser stehen zu haben. Was man am Ende hat, ist ja auch ein Anlagevermögen.“

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Die Stadt Gladbeck ist Teil der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“. Der Zusammenschluss von Kommunen in der Emscherregion verfolgt grenzüberschreitend aufeinander abgestimmte Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels: wie die Vernetzung von Grünzügen sowie dezentrale Puffer- und Speicherräume zum Rückhalt von Starkregen.

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„Wir fördern ganz stark Gründächer“, nennt der Gladbecker Fachmann ein Beispiel. Ein weiteres Exempel: die oberirdisch geführte Wasserableitung, zu sehen an der Albert-Einstein-Straße und Gustav-Stresemann-Straße. Kommen große Wassermengen zusammen, fließen sie auf die Straße und drücken nicht ins Kanalsystem. Als kleine Zwischenspeicher fungieren Leitungen zu Bäumen. Restemeyer: „Das Regenwasser wird dorthin geführt und unter den Bäumen gespeichert. Trennsystem, Gründächer, Entsiegelung: Lauter Einzelmaßnahmen, in die Frank Restemeyer große Erwartungen setzt. Er ist „ganz sicher, dass der gesamte Emscherraum große Fortschritte machen wird“.

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