Gladbeck. Nach ihrem Amtsantritt hat Bettina Weist ihr Büro modernisiert. Was ist dran am Gerücht, dass dafür unverhältnismäßig viel Geld ausgegeben wurde?
Hell, modern, freundliche Farben und offene Anordnung - so kann man knapp das renovierte und neu möblierte Dienstzimmer im Alten Gladbecker Rathaus von Bettina Weist beschreiben. Die Arbeiten und Ausgaben nach dem Amtsantritt der neuen Bürgermeisterin (SPD) sorgen jetzt aber für Irritationen. Eine Anfrage der CDU zu den Kosten wird im Zusammenhang mit kürzlichen Gebühren- und Grundsteuererhöhungen genannt - und impliziert so die Frage der Verhältnismäßigkeit angesichts klammer Stadtkasse. Auch Ex-Bürgermeister Ulrich Roland soll Ausgaben von satten 60.000 Euro in die Öffentlichkeit gestreut und so Stimmung gegen seine Amtsnachfolgerin gemacht haben. Was sind letztlich die Fakten?
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Diese Zahl habe sie auch gehört, sagt Bettina Weist beim Vor-Ort-Termin in ihrem Dienstzimmer. Sie habe vor ihrer Wahl klar gemacht, dass sie für einen Neuanfang stehen wolle, mit Offenheit, angenehmer Gesprächskultur und Modernität. Da sei es für sie naheliegend gewesen, „dass sich dieser neue Führungsstil auch in meinem Büro widerspiegelt“. Das alte, abgeschriebene Mobiliar sei gut 30 Jahre alt gewesen, habe teils altersbedingte Schäden aufgewiesen. Brauntöne und maskuliner Stil ihrer männlichen Amtsvorgänger hätten das Ambiente geprägt. „Alles war sehr dunkel und wuchtig“, so Weist, habe eher autoritär gewirkt – „vom massigen Schreibtisch bis zum rechteckigen Besprechungstisch mit dem Bürgermeister als Chef vor Kopf thronend“.
Büro-Renovierungen finden regelmäßig im Rathaus statt
Es sei ein normaler Vorgang im Rathaus, dass ein Büro ertüchtigt werde, wenn ein Mitarbeiter beispielsweise in den Ruhestand gehe, oder Umstrukturierungen stattfinden. Das erfolge auch jetzt in einigen anderen Bereichen, erklärt die Bürgermeisterin weiter. Bei einem ihrer Amtsvorgänger sei auch noch nie gefragt worden, „ob Renovierungen stattfinden“. Ulrich Roland habe zwar den Großteil des vorhandenen Mobiliars bei seinem Amtsantritt 2004 behalten, gleichwohl seien auch in seiner Ägide Renovierungen erfolgt.
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Die jetzige Anfrage der CDU habe sie überrascht, sagt Bettina Weist. „Da mich der Fraktionsvorsitzende Peter Rademacher nach meinem Amtsantritt im neuen Büro besucht hat und dabei auch die Renovierung zur Sprache kam“. Die sei von ihm da als normaler Vorgang gewertet worden, mit der Aussage, „dass das ja bei Wechseln in der Chefetage durchaus üblich sei.“ Warum also jetzt die offiziell Anfrage von Peter Rademacher und Dietmar Drosdzol? Ihr sei zu Ohren gekommen, dass ihr Amtsvorgänger Stimmung gegen sie in Sachen angeblicher hoher Ausgaben für ihr neues Büro mache, „und dabei auch die CDU direkt kontaktiert haben soll“. Das dementiert Ulrich Roland (SPD) auf Anfrage der WAZ. Es habe dazu keine Gespräche mit dem Fraktionsvorsitzenden oder Stadtverbandsvorsitzenden der CDU gegeben. „Den Antrag der CDU kenne ich nicht und war daran nicht beteiligt“, so Roland.
CDU hatte in der Sache keinen direkten Kontakt zum Ex-Bürgermeister
Das bestätigt die Gladbecker CDU-Spitze gegenüber der WAZ, „es gab zum Thema keinen direkten Kontakt“. Gleichwohl sei man aus der Bürgerschaft auch von CDU-Mitgliedern darauf angesprochen worden und habe gehört, „dass Roland über „Stammtischkanäle“ versuche, das Thema nach Außen zu bringen“, so Stadtverbandsvorsitzender Dietmar Drosdzol. Ulrich Roland solle sich über die Neuanschaffungen für das Amtszimmer echauffiert und so den Eindruck erweckt haben, „dass unverhältnismäßig viel ausgegeben wurde“, berichtet Peter Rademacher. Man wolle die Bürgermeisterin mit der jetzigen Anfrage nicht persönlich angreifen, sagt der CDU-Fraktionschef weiter, vielmehr so „die Sache transparent machen, um auch Gerüchten entgegen zu wirken“.
Sie wolle sich über den Vorgang nicht ärgern, sondern nach vorne schauen und ihre Kraft und Energie für wichtige Arbeit nutzen. „Ich denke, dass wir bei der Renovierung verantwortungsvoll und wirtschaftlich entschieden haben“, sagt Bettina Weist und nennt Zahlen. Für das neue Mobiliar wie Schreibtisch und Beistelltische, einen runden Besprechungstisch („ich möchte keine Poolposition“) mit zehn Stühlen, einer Sitzecke mit Sofa und zwei Sesseln („für zwanglose, bereits sehr stark nachgefragte Bürger- und Mitarbeitergespräche“) und einige halbhohe Aktenschränke seien rund 20.000 Euro ausgegeben worden.
Das alte Mobiliar wird in anderen Büros weiter genutzt
Der Sicherheitsingenieur der Verwaltung habe zudem die nicht ausreichende Beleuchtung ihres Bildschirmarbeitsplatzes gemäß Arbeitsstättenverordnung bemängelt, erklärt Weist. Die so nötige neue Deckenbeleuchtung mitsamt Elektroinstallation und Trockenbauarbeiten sowie Anstrich belaufe sich auf rund 26.000 Euro. Der Austausch des mehr als 16 Jahre alten Bodenbelages habe rund 6000 Euro gekostet. Abschließende Information der Bürgermeisterin: Das alte, ausrangierte Mobiliar werde nicht einfach entsorgt, sondern, wenn noch verwendbar, „weiter in anderen Büros der Stadtverwaltung genutzt“.