Gladbeck. Zu viert schrieben Autoren und ein Dichter fantastische Geschichten um den Gladbecker Ritter Ludolfus. Brigitte Vollenberg stellt das Buch vor.
Ein Schritt durch den Zauberspiegel – und schwupps finden sich vier moderne Gladbecker in einer anderen Welt wieder. Was als Besuch auf einem Mittelaltermarkt beginnt, entwickelt sich zu einer unterhaltsamen Zeitreise ins Leben eines Ritters. „Die fantastischen Geschichten des Ludolfus de Witteringe“ führen 800 Jahre zurück.
Gladbecks 100. Geburtstag: Das Buch ist ein Beitrag zum Jubiläumsprogramm
Manches basiert auf Tatsachen, das meiste ist ausgedacht. „Wie hätte es damals sein können?“, lautete die Kernfrage dieses Literaturprojektes zum 100. Geburtstag der Stadt Gladbeck. Aus der Feder von Britt Glaser, Dirk Juschkat, Harald Landgraf und Brigitte Vollenberg stammen die Kurzgeschichten und Gedichte, die Geschichte und Gegenwart, Vergangenes und Aktuelles verknüpfen. Der Leser hält eine Mischung aus Krimis und Märchen in der Hand.
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„Da über die historische Figur des Ritters, dem wohl einstigen Erbauer des Hauses und heutigen Schlosses Wittringen, nicht wirklich viel überliefert ist, waren der Fantasie Tür und Tor geöffnet“, stellt das Vorwort klar. Und diese literarische Freiheit nutzten die Damen und Herren, um Ludolfus wieder Leben einzuhauchen und dem Leser – wie durch ein Schlüsselloch – Einblicke ins Mittelalter zu geben. Dabei näherten sich die Schriftsteller auf individuellen Wegen der historischen Figur und seinem Milieu an.
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Der Gladbecker Autor und Journalist Harald Landgraf, der die Idee zu diesem Projekt hatte, besuchte beispielsweise eine Burg, um mehr über den Alltag der Rittersleut zu erfahren. Brigitte Vollenberg erzählt: „Ich habe viel recherchiert, wie es damals war.“ Da im Stadtarchiv Gladbeck „so gut wie nichts“ an Informationen zum Thema zu finden sei, setzte sich die Autorin für ihre Nachforschungen an den Computer, erfuhr beispielsweise Details über Ackerbau im Mittelalter. Vollenberg: „Was wir gesichert wissen: Ludolf wurde erstmals im Jahre 1236 urkundlich erwähnt.“ Manche Zeitgenossen mögen ihn im Buch verächtlich einen Träumer schimpfen, andere hingegen erkennen in ihm das Potential eines Erfinders, der seiner Zeit voraus war.
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Das bunte Cover des Bands mit seinen gezeichneten munteren Gestalten, die sich auf der Brücke des Wasserschlosses Wittringen tummeln, erweckt den Eindruck, der Leser halte ein nettes Kinderbuch in den Händen. Vollenberg meint: „Ich würde eher sagen, wenn es für jüngere Leser geeignet sein soll, handelt es sich eher um ein Jugendbuch.“ Immerhin drehen sich die Kurzgeschichten auch um Themen wie die erste zarte Liebe. „Und wenn ein erlegter Wolf zum Ausbluten aufgehängt wurde, ist das nichts für Kinder“, meint die Gladbeckerin.
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Aus ihrer Feder stammt der Beitrag „Wolfsprobleme“, der die Jagd auf den Vierbeiner thematisiert. Vollenberg: „Ich wollte mit dieser Geschichte eine Verknüpfung zur Gegenwart herstellen.“ Schließlich sei die Wolfsproblematik heutzutage aktuell und brisant. Es wird darüber diskutiert, ob die Tiere abgeschossen werden sollten, weil sie Vieh reißen und eine Gefahr darstellen könnten. „Ich wollte in meinen Geschichten auch den Bezug zur Region und Gegenwart herstellen“, sagt die Autorin.
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Im Buchhandel erhältlich
„Die fantastischen Geschichten des Ludolfus de Wittringe“ (ISBN: 978-3-7504-2223-0) von Britt Glaser, Dirk Juschkat, Harald Landgraf und Brigitte Vollenberg sind im Buchhandel erhältlich. Der Band mit gut 100 Seiten kostet 9,90 Euro. Das comicartige Cover haben Ulrich Queste und Nora Bojarra, die 35-jährige Tochter von Brigitte Vollenberg, gestaltet.
Die Gladbecker Autorin: „Wir denken über eine Fortsetzung nach.“ Brigitte Vollenberg überlegt laut: „Vielleicht stellen wir eine Verbindung zum früheren Hof Schulte Rebbelmund her.“
Dieser habe ja zu Lebzeiten Ludolfus’ existiert. Archäologen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) haben „die berechtigte Annahme“, dass sich der Hof auf dem Areal des heutigen Aldi-Marktes an der Schultenstraße befunden habe.
Sie erläutert: „Jeder von uns konnte sich seine Themen selbst aussuchen, die Texte der anderen lesen und Fortschritte verfolgen.“ Landgraf schuf die Rahmenhandlung, die die Klammer für die Beiträge bildet. Die Erzählungen von Britt Glaser haben Krimi-Flair. „Erste Gespräche zu dem Projekt gab es Anfang 2018. Ein Jahr später haben wir die Arbeit begonnen“, plaudert Vollenberg.
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Ob sie einen Lieblingsbeitrag habe, von ihren eigenen Geschichten abgesehen? Bei der Frage muss die Autorin länger nachdenken: „Ich habe alles ja 100.000 Mal gelesen.“ Aber ein Gedicht von Dirk Juschkat gefällt ihr besonders gut: die Erklärung zum Zauberspiegel. „Gestern, heute, jede Zeit/Zukunft und Vergangenheit: alles werden Menschen sehen, die durch diesen Spiegel gehen (...)“, heißt es dort.
Der Autor Titus Müller nimmt in seinem Buch „Einfach mal spazieren gehen“ Bezug auf das Literaturprojekt und schreibt: (...) „was Ludolfus davon gehalten hätte, wenn er uns hier sehen würde, wie wir über den Platz gehen, und was er über unsere Kleidung, unsere Sprache, unseren Alltag denken würde.“ Wer weiß: Vielleicht erfahren wir demnächst mehr über diesen Ritter aus Wittringen. Denn, so Vollberg: „Wir wollen Ludolfus am Leben halten.“ Schließlich habe die Arbeit an den „Fantastischen Geschichten“ Spaß gemacht. Und Ludolfus sei den Autoren ans Herz gewachsen.