Fan-Magazin "Schalke Unser" erscheint seit 20 Jahren
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Gelsenkirchen. Mit 6000 Exemplaren ist es das meistverkaufte deutsche Fan-Magazin: Das “Schalke Unser“. Seit 20 Jahren erscheint das Heft, herausgegeben von der Fan-Initiative gegen Rassismus, von Fans für Fans. An die große Glocke hängen die Macher den Geburtstag nicht. Dennoch gibt es es unzählige Höhepunkte.
Wenn es das „Schalke Unser“ nicht gäbe, dann müsste es erfunden werden. Das Magazin von Fans für Fans ist seit 20 Jahren ein wichtiges Korrektiv im königsblauen Vereinsleben. Kritische Themen, Fan-Belange oder die Arbeit gegen Rassismus und Diskriminierung finden auf 72 Seiten genauso Platz wie Satirisches und Kuriositäten. Zum runden Geburtstag sprach die WAZ mit zwei Autoren über ihr bewegtes Redaktionsleben.
An die große Glocke hängen die Macher des „SU“ den Geburtstag nicht. „Wer gratulieren will, kann uns gerne einen Text schicken“, sagt Redaktionsmitglied Markus und verrät damit gleichzeitig das Erfolgsrezept: Wie bei der Erstausgabe im April 1994 wird auch die Ausgabe Nr. 82 komplett aus der Feder von S04-Fans stammen. Anderswo sind ähnliche Formate längst im Sog der Kommerzialisierung verschwunden. Neben Texten des sechsköpfigen Redaktionsteams, bekommt das Fanzine von einem Pool schreibender Schalker unter anderem Berichte über Stadionbesuche oder Buchkritiken zugeliefert.
Anderswo sind ähnliche Formate längst verschwunden
Mit 6000 Exemplaren ist es das meistverkaufte deutsche Fan-Magazin. Ein Dutzend Verkäufer bietet das Heft im DIN A5-Format für 1,50 Euro (der Kenner gibt 2 Euro) vor der Arena an. „Mit dem Umzug vom Parkstadion sind es etwa 2000 weniger geworden“, verrät Autor Michael. Die Besucherklientel habe sich verändert, Fans hielten sich kürzer draußen auf und es gäbe weniger Zuwege. „Manche Leute kennt man seit 20 Jahren, die melden sich ab, wenn sie im Urlaub sind“, freut sich Michael, der das Heft „wie die Zeugen Jehovas den Wachturm“ auch verkauft. Er steht vor Eingang Ost und trifft auch auf Gästefans, die ebenfalls zugreifen.
Das „SU“ wird von der Fan-Initiative gegen Rassismus herausgegeben. Unter Manager Assauer habe sich Schalke dem Problem massiv angenommen (Stichwort: Antirassismus-Paragraph), so dass heute Nazis in der Kurve, anders als bei anderen Revierclubs, kein großes Thema seien. „Schalke ist nach wie vor aktiv und der Ordnungsdienst reagiert, falls jemand in dieser Richtung auffällt“, lobt Markus.
Schluss mit lustig
Rückblickend gibt es für Markus und Michael zig Höhepunkte: Die Ausgabe Nr. 6 etwa, bei der 5000 Strohhalme von Hand auf jedes Exemplar geklebt wurden. Schalke kam damals in die Qualifikation für den UEFA-Cup (kurz: Strohhalm-Cup). Oder die Jubiläumsausgabe Nr. 50, bei der alle Rubriken umgedreht wurden. Das Interview führten die Autoren also nicht selbst, sondern sie ließen sich von der WAZ befragen. Mal kamen statt Schalker, Gästefans zu Wort. Am heißesten diskutiert wurde die Ausgabe über Andy Möller. Für Aufsehen sorgte auch Heft 7, bei dem sich Autoren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion für ein Poster mit nacktem Hinterteil auf dem Meisterschafts-Tieflader des Erzrivalen aus dem östlichen Revier ablichten ließen.
„Früher hatten wir mehr Platz für lustige Themen, jetzt müssen wir uns immer häufiger traurigen Fällen widmen“, sagt „SU“-Autor Markus. Exemplarisch sei der Einsatz der Polizei im Heimspiel gegen Saloniki.
"Einen journalistischen Anspruch"
Einem „SU“-Autor sei damals das Handy beim Filmen von Polizisten aus der Hand geschlagen worden. Darüber berichtet das Magazin. Markus: „Wir haben einen journalistischen Anspruch, viel Zeit geht für Recherche und Gegenrecherche drauf.“ Er nennt auch eine „Phantom-Schlägerei“ in einem Parkhaus, die letztes Jahr für Wirbel sorgte. „Nicht alles, was in Polizei-Meldungen steht, stimmt automatisch.“ Nach Zusammenstößen beim vorletzten Derby in Dortmund ging die Redaktion den Tatsachen auf den Grund. „Da braucht man einen langen Atem.“ Bei der Polizei habe man so lang nachgebohrt, bis sich kritischen Fragen gestellt wurde. „Ich habe den Eindruck, früher war die Polizei froh, dass es uns gibt.“
Das „Schalke Unser“ ist auch nach 20 Jahren ein unbequemes Sprachrohr. In der neuen Ausgabe, die vor dem morgigen Gladbach-Spiel und beim letzten Spiel an der Arena verkauft wird, ist u. a. die S04-Jahreshauptversammlung Thema.
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