Gelsenkirchen. . Philipp Max, der Sohn des früheren Bundesliga-Torschützenkönigs Martin Max, darf beim FC Schalke 04 Bundesligaluft schnuppern, weil zehn Profis verletzt fehlen. Im Derby bei Borussia Dortmund kam er in der Nachspielzeit für Julian Draxler. “Diese Minute“, sagt Max, “kann mir keiner mehr nehmen.“

Manchmal reicht eine Minute, um einen Menschen glücklich machen zu können. Es beginnt die Nachspielzeit im Revierderby in der vergangenen Woche in Dortmund, als Schalkes Trainer Jens Keller durch einen Wechsel Zeit gewinnen will, um das 0:0 mitzunehmen. Er holt Julian Draxler vom Feld und bringt einen Debütanten: Philipp Max, den 20-jährigen Linksverteidiger aus der Regionalliga-Mannschaft der Königsblauen.

Er läuft auf vor 80 000 Menschen, seine Emotionen tanzen Pogo: Er ist gleichzeitig angespannt, energiegeladen und begeistert. Als der Schiedsrichter abpfeift, hat der Neuling nicht einmal den Ball berühren dürfen. Egal. „Ich habe gedacht: Diese Minute kann mir keiner mehr nehmen“, sagt Philipp Max. „Auch wenn’s nur kurz war – für diesen ganz besonderen Augenblick hatte ich jahrelang intensiv gearbeitet.“

Drei Tage später, beim 2:0-Sieg gegen Berlin, kam er in der 88. Minute ins Spiel – und diesmal, bei seinem Bundesliga-Heimdebüt, war er sogar mehrmals am Ball. „Inklusive Nachspielzeit habe ich jetzt sechs, sieben Minuten Bundesliga-Erfahrung“, sagt Philipp Max und lacht.

Kontrastprogramm in der Wanne-Eickeler Mondpalast-Arena fällt schwer

Er weiß noch nicht, ob er am Samstag im Auswärtsspiel bei Werder Bremen wieder zum Aufgebot zählen wird. Er durfte in dieser Woche weiter bei den Profis trainieren, allerdings hatte er auch einen kleinen Rückschlag erlitten. Als er am Sonntag beim 0:1 gegen die Sportfreunde Lotte wieder für Schalkes Zweite spielte, war der Ball für ihn plötzlich ein unbekanntes Flugobjekt. Es fiel dem talentierten Jungen zu schwer, wieder auf das Kontrastprogramm umzuschalten, auf den Alltag vor 300 Zuschauern in der Wanne-Eickeler Mondpalast-Arena. Er redet sich das gar nicht erst schön, sondern verspricht: „Das kommt nicht noch einmal vor!“

Denn gerade jetzt hat sein Ehrgeiz einen weiteren Schub bekommen. „Ist doch klar, dass man gierig wird, zukünftig höher zu spielen“, sagt er. Er hatte sich auf eine komplette Saison in der U 23 eingestellt, er konnte es ja nicht ahnen, dass plötzlich bis zu zehn Profis ausfallen und Nachwuchsspieler wie er ein paar Strahlen vom Rampenlicht abbekommen würden. Aber man wird auch nicht gleich zum Philosophen, nur weil man beim Griechen mal einen Sokrates-Teller bestellt hat. Philipp Max gibt sich realistisch und versichert: „Ich werde auf dem Teppich bleiben.“

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Die Gefahr, dass er vom Weg abkommen könnte, gilt als gering. Denn zu Hause in Recklinghausen, wo er mit seinen Eltern wohnt, wird er bestens beraten. Vater Martin stürmte schließlich in den 90er-Jahren selbst für Schalke, er zählte zu den legendären Eurofightern, und nach seinem Wechsel zum TSV 1860 München wurde er sogar zweimal Bundesliga-Torschützenkönig. „Er hat mich immer unterstützt“, betont der Sohn. „Er kritisiert dezent, weil er keinen Schaden anrichten will, und er lobt dezent, damit ich nicht auf einer zu hohen Welle reite. Ich höre mir alles an, jedes Wort von ihm ist wichtig.“

Von den Münchener Löwen über den FC Bayern zum FC Schalke 04

Während der Vater einst in guter Schalker Tradition noch eine Schlosserlehre auf der Zeche absolvierte, zählt der Filius zur Generation der früh entdeckten und kontinuierlich ausgebildeten Talente. Er spielte in München ab der U 11 für die Löwen, bevor ihn die großen Bayern abwarben. Als die Familie dann zurück ins Ruhrgebiet zog, startete Philipp Max in Schalkes A-Jugend durch. „Eine Wahnsinnszeit“, schwärmt er. „Unser Trainer Norbert Elgert hat dafür gesorgt, dass wir alle über uns hinausgewachsen sind.“ Und so wurde Philipp Max sogar Deutscher Meister mit Schalke 04 – 2012, im zweiten A-Jugend-Jahr.

Jetzt steht er an einer Schwelle, am Saisonende läuft sein Vertrag aus. Er will unbedingt im Profibereich landen, „am liebsten natürlich auf Schalke“. Er fühlt sich bereit für den nächsten großen Schritt, und er will dafür kämpfen. „Ich bin überzeugt davon, dass es klappt“, sagt er. „Wenn man das nicht wäre, sollte man es besser gleich lassen.“