Gelsenkirchen.
Die Wut über die Entscheidung des Mutterkonzerns General Motors, am Standort Bochum nach dem Jahr 2016 keine kompletten Fahrzeuge mehr herzustellen, ist enorm. Der Rat der Stadt Gelsenkirchen verabschiedete am Donnerstag einstimmig eine Resolution, die kurzfristig von SPD, CDU und FDP eingebracht worden war. Titel: „Der Rat steht an der Seite der Opel-Beschäftigten und deren Familien“.
In Gelsenkirchen sind es 140 Opelaner, die von der Entscheidung betroffen sind. Insgesamt geht es um 3000 Arbeitsplätze, doch der Kahlschlag innerhalb in der Region, so die Politiker, sei viel größer. „Wir rechnen mit zusätzlich rund 40.000 Beschäftigten in der Zulieferindustrie, die betroffen sein werden“, rechnete Kurt Krause (SPD) vor; er selbst war 37 Jahre bei Opel beschäftigt und kritisierte die Art der Nachrichtenübermittlung scharf.
„Unmenschlich“, nannte es Wolfgang Heinberg (CDU), dass sich Opel-Vorstand Thomas Sedran gerade 12 Minuten Zeit genommen und keinerlei Rückfragen zugelassen hätte. Peter Tertocha (Grüne) fühlte seine Aussage vom Mai dieses Jahres bestätigt, als er im Rat feststellte: „Opel hat kein Strategie-, sondern ein Managementproblem.“ Jens Schäfer (FDP) kritisierte, dass es kein Lösungsvorschläge geben würde und Monika Gärtner-Engel (AUF) wie auch Reinhold Adam (BBG) betonten die große Solidarität mit den Opelanern.
Raubtierkapitalismus
Oberbürgermeister Frank Baranowski empörte sich: „Viele fragen sich ja, warum jetzt? Warum dieser Zeitpunkt? Ich habe aus gut unterrichteten Kreisen erfahren, dass General Motors vor Weihnachten in Detroit eine Bilanzpressekonferenz abhalten will. Mit dem Stellenabbau in Bochum, mit diesen 3000 Arbeitsplätzen, wollen sie nur die Finanzmarkt-Analysten freundlich stimmen und den Markt befrieden!“ Das sei, so der OB weiter, Raubtierkapitalismus, dem zu begegnen eine Aufgabe der Europäischen Union sei: „Das ist eine Aufgabe für alle Regierungen.“
In diesem Zusammenhang bekommt die Demo „Gegen Entlassungen – Arbeit für unsere Region!“ eine noch höhere Bedeutung. War der beabsichtigte Abbau von 150 Stellen beim Gelsenkirchener Autozulieferer TRW ursprünglich der Anlass, kommen jetzt Opel und die Absichten von General Motors dazu. Beginn ist am Samstag um 10 Uhr; Treffpunkt ist das Musiktheater im Revier.
Die Resolution des Stadrates im Wortlaut
Mit großem Entsetzen und Enttäuschung nimmt der Rat der Stadt Gelsenkirchen die Entscheidung des Mutterkonzerns General Motors zur Kenntnis, nach 2016 am Standort Bochum die Produktion von kompletten Fahrzeugen einzustellen. Über mehr als 50 Jahren war das Opel Werk ein Aushängeschild für eine leistungsfähige Wirtschaft und ihre Arbeitnehmer in der Region.
Dies kann und darf nicht das Ende der Erfolgsgeschichte von Opel im Ruhrgebiet sein!
Die Entscheidung gegen den Standort Bochum trifft nicht nur die dort beschäftigten rund 3000 Menschen, die alle hier in der Region leben. So wohnen etwa 1600 der Opelaner in Bochum und 500 in Dortmund, 360 in Herne, 260 in Castrop-Rauxel und jeweils 140 in Gelsenkirchen und in Recklinghausen. Die weiteren Beschäftigten verteilen sich über die Städte der Region. Sie betrifft darüber hinaus zusätzlich rund 40.000 Beschäftigte in der Zulieferindustrie in NRW.
Die Belegschaft hat viele Zugeständnisse gemacht
Zu allen Zeiten, besonders jedoch zu den in immer kürzeren Abständen auftretenden Krisenzeiten der Automobilindustrie und der Firma Opel haben sich die Kommunen des Ruhrgebietes und ihre Bürgerinnen und Bürger deshalb mit den Beschäftigten von Opel und der Zulieferindustrie solidarisiert.
Die Beschäftigten von Opel Bochum haben immer wieder bewiesen, dass sie bereit sind, erhebliche Zugeständnisse zu machen, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu stärken. Darüber hinaus haben sie mit ihrer Tatkraft und ihren Ideen dazu beigetragen, dass das Werk Bochum als einziges der europäischen Werke voll ausgelastet ist und gleichzeitig über seine erfolgreichen Bemühungen im Bereich der Elektromobilität erheblich zur Innovationskraft nicht nur des Standortes sondern des Gesamtkonzerns beiträgt.
Sowohl die Beschäftigten als auch die gesamte Region haben es deshalb nicht verdient, nun allein die Folgen globaler Krisen und unternehmerischer Fehlentscheidungen zu tragen, die sie nicht zu verantworten haben.
Konzern in der Verantwortung
Der Rat der Stadt Gelsenkirchen sieht deshalb jetzt den Konzern General Motors in der Verantwortung, Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten des Werkes selbst und der Zulieferbetriebe in der Region zu entwickeln und sich damit gleichzeitig auch seiner der regionalen Verantwortlichkeit zu stellen. Dazu gehört, dass der Konzern General Motors auch nach dem von ihm angekündigten und geplanten Ende der Fahrzeugfertigung 2016 etwa durch den Ausbau anderer Bereiche der Konzernfertigung neue Arbeitsplätze für die Beschäftigten und für die ortsansässigen und regionalen Arbeitnehmer der Zulieferindustrie anbietet.
Land und Bund werden aufgefordert, Verantwortung für die Zukunft der Region zu übernehmen und auf den Konzern einzuwirken und gleichzeitig die Region über die Gestaltung der planerischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen aktiv zu unterstützen.