Bochum. . Der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende könnte längst im Ruhestand sein. Doch Rainer Einenkel wird bis zuletzt um sein Lebens-Werk kämpfen. Schon sein Vater baute hier vor 50 Jahren die ersten Kadett. Aufgeben wäre für den 58-jährigen Arbeitnehmervertreter aus Leidenschaft Verrat.

Der Ruhestand dauerte nur wenige Wochen und endete, bevor er ihn angetreten hatte. Im November 2008 trat Rainer Einenkel von seinem Altersteilzeitvertrag zurück, den er kurz zuvor unterschrieben hatte. Sonst wäre der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Opel-Werks jetzt bereits in der passiven Phase des Vorruhestands. Opel Bochum ohne ihn, das Gesicht des unermüdlichen Widerstands gegen die seit Jahren immer wieder aufkommenden Schließungspläne, das kann man sich nicht vorstellen. Der nie unbeherrscht wirkende, immer ein feines Lächeln tragende Einenkel wird um sein Werk kämpfen, bis zum letzten Tag.

Unbeugsam, das ist vielleicht die treffendste Charaktereigenschaft, die man dem 58-Jährigen zuschreiben muss. 2004 wurde er zum ersten Arbeitnehmervertreter des einzigen Automobilstandortes im Ruhrgebiet gewählt. Ruhe hat er seitdem selten gehabt. Die endlosen Auseinandersetzungen um die Sanierung von Opel seit der Beinahe-Pleite der Muttergesellschaft General Motors haben ihn bekannt gemacht, auch seine Dauerfehde mit dem „verfreundeten“ Rüsselsheimer Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Der war für die Übernahme von Opel durch den österreichischen Zulieferer Magna, Einenkel am Ende für den Verbleib bei GM. „Die Zwei von der Zankstelle“ titelte die WAZ im Oktober 2009.

Franz ist im Ruhestand, Einenkel ist noch da, und er ist jetzt unfreiwillig präsenter als je zuvor. Im Zuge des jetzt endgültigen Plans zur Beendigung des Autobaus in vier Jahren hat Einenkel erstmals öffentlich gemacht, dass ihm der damalige Opel-Chef Karl Stracke Ende 2011 ein großzügiges Abfindungsangebot gemacht habe. Es gebe doch noch etwas anderes im Leben als Opel.

Einenkel ist seit 1972 Opelaner

Ein Irrtum. Für Einenkel gibt es neben der Familie mit drei fast erwachsenen Kindern nichts anderes als die Arbeit als Opel-Betriebsrat. Er spricht auch im Urlaub auf Texel mit Journalisten, oder beim Spaziergang mit Hund an der Ruhr in Bochum. Geboren im klitzekleinen sächsischen Thum bei Zschopau, kam seine Familie einen Monat vor dem Mauerbau 1961 ins Ruhrgebiet. Schon sein Vater war ein engagierter Gewerkschafter. Er arbeitete im Rohbau im damals neuen Werk an den ersten Kadetts mit, die vor 50 Jahren in Bochum vom Band rollten.

1972 wurde der junge Einenkel Opelaner. Vater und Sohn arbeiteten bis 1990 gemeinsam in der Fabrik. Einen „goldenen Handschlag“ anzunehmen, wäre gleichbedeutend mit Verrat an der eigenen Geschichte.

Einenkels Herz schlägt nicht rechts

Zu seiner Geschichte gehört auch die Mitgliedschaft in der DKP bis 1988. Gerne wird in diesem Zusammenhang erwähnt, dass in seinem Büro ein Bild der linken Ikonen Rosa Luxemburg und Clara Zetkin hängt. Eine Postkarte von beiden auf dem Weg zum Parteitag der Sozialdemokraten 1910 in Magdeburg, sagt er. Oskar Lafontaine hatte Einenkel als Parteichef der Linken nach Bochum eingeladen, Einenkel durfte auf dem Landesparteitag sprechen. Jetzt pflegt er Kontakte mit Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. Sein Herz schlägt nicht rechts.

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Der gelernte Elektriker errang bei der letzten Betriebsratswahl in Bochum mit der eigenen Liste „Wir gemeinsam“ 21 von 31 Mandaten. Mit dieser Rückendeckung plant der Betriebsrat noch geheime Aktionen gegen die Werksschließung. Gestern fuhr er zum Treffen mit einem Opel-Manager nach Rüsselsheim, morgen zur Aufsichtsratssitzung. Personenschutz wie der anscheinend schlecht beratene Vorstandsleiter Thomas Sedran, der am Montag mit Dutzenden Wachmännern zur Belegschaftsversammlung nach Bochum kam, hat Einenkel dabei nicht nötig. Ihm reicht sein Kämpferherz, um für sein Lebens-Werk zu streiten, bis zuletzt.