Gelsenkirchen.
Taubenzucht ist das Hobby des türkischen Angeklagten. Doch seine Freizeit verbringt der dreifache Familienvater nicht nur bodenständig. Spielsucht treibt ihn oft um.
So auch am 2. Juli. Seine gesamte soziale Unterstützung von 300 Euro hatte er in einer Spielhalle in der Gelsenkirchener Altstadt verzockt.
Das Geld wollte er zurück, auf illegale Weise. Nach einem Gerangel mit der Aufsicht raubte er 535 Euro aus der Kasse. Jetzt stand er vor dem Essener Landgericht, das verurteilte den 37-Jährigen wegen Raubes zu einer dreijährigen Haftstrafe. Bis zum Strafantritt darf der Angeklagte nach Hause gehen.
Überfall ohne Waffe
Sehr unterschiedlich waren die Strafanträge von Staatsanwalt Jörg Menard und Verteidiger Heiner Lindemann: Sechs Jahre Haft beantragte der Anklagevertreter, eine zweijährige Strafe, ausgesetzt zur Bewährung, der Verteidiger. Das lag an der Bewertung der entscheidenden Frage im Prozess: Hatte der 37-Jährige bei der Tat mit einem Messer gedroht oder nicht?
Die Spielhallen Mitarbeiterin (49) schilderte bei der Polizei und auch im Prozess, dass der Täter sie mit einem Messer bedroht und so gezwungen habe, die Kasse zu öffnen. Die Objektleiterin (50) der Hallenkette war beim Überfall nicht dabei. Sie sah aber mehrfach die Videoaufzeichnung. Sie will keine Waffe in der Hand des Täters gesehen haben.
Urteil wegen Raubes
Der Staatsanwalt glaubte der Kassiererin, hatte keine Zweifel, dass ein Messer im Spiel war. Er ging von einem schweren Raub mit weitaus höheren Strafrahmen aus. Der Verteidiger maß der Aussage der Objektleiterin „ordentliches Gewicht“ bei. Er hat Zweifel, ob eine Waffe dabei war und nimmt einen einfachen Raub an.
„Wir glauben nicht, dass die Aufsicht lügt“, sagt Richterin Jutta Wendrich-Rosch. Die Frau habe subjektiv die Wahrheit gesagt. Ohne Fotos und Videoaufzeichnungen habe man keinen Grund, daran zu zweifeln. Jetzt seien „leise Zweifel“ da und deshalb gibt es „im Zweifel für den Angeklagten“ ein Urteil wegen Raubes. Der Angeklagte bestreitet den Messereinsatz. Er räumt den Griff in die Kasse ein, behauptet aber, er habe sich das Geld nur leihen wollen.