Gelsenkirchen. Wegen Überfällen in Gelsenkirchen standen zwei junge Männer vor Gericht. In einem Fall drohten sie einem Getränkemarkt-Mitarbeiter mit einer Machete und einer Softair-Pistole. Die jungen Leute wirkten vor Gericht nicht wie coole Jungs.

Geschockt waren am Mittwoch viele im Gerichtssaal 2a des Amtsgerichts: Der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts und der Staatsanwalt über die Tat, die zwei verurteilten jungen Männer über das Strafmaß.

Für vier, beziehungsweise drei Jahre hinter Gitter müssen zwei jeweils 21-Jährige wegen schwerer räuberischer Erpressung. 20 Jahre alt waren sie zur Tatzeit. Der Ältere der beiden war an drei, der Mitangeklagte an zwei Raubzügen beteiligt. Am 8. März dieses Jahres betrat der Ältere gemeinsam mit anderen Komplizen maskiert und mit Machete und Softair-Pistole bewaffnet den Getränkemarkt am Dördelmannshof. Sie bedrohten Mitarbeiter, die sich auf den Boden legen mussten und raubten die Geldkassette mit den Tageseinnahmen.

3851 Euro Beute

Die Beute: 3851 Euro. Beim Raub am 30. März in der Freien Tankstelle in Ückendorf, diesmal war auch der Mitangeklagte beteiligt, handelten die Männer nach dem gleichen Muster. Sie trugen Sturmhauben, als sie in den Raum eindrangen und das Personal mit einer Pistole und Machete bedrohten. Sie ließen den Safe öffnen, einer der Angeklagten griff zu und entnahm 10.000 Euro. Weniger ertragreich, aber brutaler erfolgte der letzte Coup am 12. April in einer Spielhalle an der Bochumer Straße. Man trat die Tür ein, eine Mitarbeiterin wurde an die Wand gedrückt. Nur 580 Euro aus der Kasse nahmen die Männer dort mit.

Die jungen Leute wirken vor Gericht nicht wie coole Jungs, die mal eben ein Ding gedreht haben. Der Ältere kann sich bis heute nicht erklären, warum er mitmachte. „Unter Zwang standen wir nicht“, räumt der Jüngere ein, der bedauert, da hineingerutscht zu sein. Er hatte viele Handy-Verträge abgeschlossen, die Schulden wuchsen ihm über den Kopf. „Irgendwann bekam ich das Gefühl, dass mir alles egal ist.“ Der Komplize leidet wegen einer hartnäckigen Hautkrankheit unter mangelndem Selbstbewusstsein, hoffte, mit dem Geld eine Operation bezahlen zu können. Drogenkontakte hatten beide.

Im Rahmen der Schwerstkriminalität

Richter Helmut Klein war fassungslos, dass die beiden nicht vorbestraften jungen Männer zu der Tat fähig waren. Sie besuchten das Schalker Gymnasium, stammen aus intaktem Elternhaus. Die Prognose von Stefanie Schikowsky von der Jugendberufshilfe ist für beide positiv. Sie setzte sich dafür ein, ihnen aus pädagogischer Sicht mit einer Bewährungsstrafe eine Chance zu geben.

Die sah Staatsanwalt Ansgar Schilling nicht, der die Überfälle mit denen krimineller Banden verglich. Die Anwälte hielten es nach der Sozialprognose für ihre Klienten für kontraproduktiv, sie ins Gefängnis zu schicken. Richter Helmut Klein sah keinen Spielraum, ernsthaft über Bewährung nachzudenken. Die Tat der Angeklagten bewege sich im Rahmen der Schwerstkriminalität. Die Verurteilten wollen versuchen, ihre Ziele trotzdem zu erreichen. Der Jüngere macht gerade sein soziales Jahr und möchte Elektrotechnik studieren, der Ältere strebt eine Kochlehre an.