Gelsenkirchen. Gelsenkirchen macht im Wirtschaftsranking 40 Plätze gut. Was dahinter steckt und auf welchem Platz die Stadt am Ende trotzdem landet.

Für manche ist der Hashtag #401GE, den der Gelsenkirchener Olivier Kruschinski vor einigen Jahren als Reaktion auf ein Ranking erfand, das der Stadt bescheinigte, nirgendwo in der Republik lebe es sich schlechter, ein geniales Marketinginstrument. Andere stören sich schon lange daran, dass man trotz der ironischen Betonung des letzten Platzes Gelsenkirchen nachhaltig einen Negativ-Stempel aufdrücke.

So oder so: Jeder, der Gelsenkirchen tatsächlich kennt, weiß, dass es neben den vielen Problemen auch gute Gründe gibt, gerne in der Stadt zu leben. Dass Gelsenkirchen dennoch regelmäßig in vielen Vergleichen auf den letzten Plätzen landet, bleibt dabei aber eine traurige Wahrheit. Und so findet man die Stadt auch im jüngsten Regionalranking des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) am unteren Ende der Tabelle wieder. Dabei bilden Herne (Rang 400), Gelsenkirchen (Rang 399) und Duisburg (Rang 398) die Schlusslichter.

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Die Forscher bewerteten die Situation in 400 Landkreisen und kreisfreien Städten auf Grundlage von 14 Indikatoren aus den Themenbereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt und Lebensqualität. Doch trotz der insgesamt schlechten Bewertung macht Gelsenkirchen in einem Teilbereich der Erhebung, dem „Dynamikranking“, Boden gut und klettert um 40 Plätze nach oben auf Rang 270. „Das bedeutet, dass in den vergangenen zwei Jahren einige positive Entwicklungen zu beobachten sind. Jetzt gilt es, nicht nachzulassen und weiter gegen den Trend zu arbeiten. Im Niveauranking belegt Gelsenkirchen nach wie vor den vorletzten Platz 399, knapp hinter Duisburg und vor Herne. Es ist also weiterhin viel zu tun“, betont Gelsenkirchens Wirtschaftsdezernent, Simon Nowack (CDU).

IW-Ranking: So bewertet das Institut der deutschen Wirtschaft, Gelsenkirchen

Die Einzelindikatoren mit der größten Bedeutung im IW-Regionalranking:

Im Bereich Wirtschaftsstruktur wirkt sich die gemeindliche Steuerkraft am stärksten auf den Erfolg einer Region aus. Der Indikator geht daher mit 14,9 Prozent in den Gesamtindex ein. Die Lebensqualität einer Region wird hauptsächlich von dem Maß der privaten Überschuldung vor Ort abhängig gemacht. Im Regionalranking wird dieser Faktor mit 13,3 Prozent berücksichtigt. Und Schulden haben vergleichsweise viele Gelsenkirchener sowie die Kommune selbst. Die Beschäftigungsrate von Frauen ist bestimmend für den Themenbereich Arbeitsmarkt und fließt daher mit 8,2 Prozent in den Gesamtindex ein. Negativ auf den Erfolg von Regionen wirken sich hohe Gewerbesteuersätze aus. Diese beeinflussen den Gesamtindexwert zu 7,6 Prozent.

Unterm Strich sind vier Punkte für den Gelsenkirchener Sprung offensichtlich ausschlaggebend gewesen: gestiegene Steuereinnahmen, geringe Gewerbesteuerhebesätze und der Verzicht auf Erhöhungen, die relativ junge Bevölkerung und die steigende Beschäftigungsrate von Frauen.

„Gelsenkirchens Anstrengungen, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern, wirken also. Zusammen mit der Politik und der Wirtschaft werden wir weiter alles dafür tun, die Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Gelsenkirchen stetig zu optimieren“, so Simon Nowack.

Zuletzt musste Gelsenkirchen allerdings wieder eine bittere Pille nach der anderen Schlucken, nachdem Primark, Kaufhof und Bridon geschlossen hatten und auch der Automobilzulieferer ZF seinen Rückzug angekündigt hatte. Und auch die vergleichsweise junge Altersstruktur Gelsenkirchens stellt die Stadt vor gewaltige Herausforderungen bei der Frage nach ausreichend Plätzen in der frühkindlichen Betreuung und bei OGS-Plätzen einerseits, so wie der Integration andererseits.

Welche Folgen derlei Rankings am Ende haben, sei einmal dahingestellt, in dieser Studie jedenfalls gibt Gelsenkirchen den Hashtag für den letzten Platz erstmal an Herne weiter.

  • Im Dynamik-Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft, das Auskunft über die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre gibt, findet sich unter den Top 10 nur eine NRW-Stadt: Leverkusen auf Position 5. Erste Ruhrgebietsstadt ist Bottrop auf Platz 83. Es folgen Oberhausen (139), Duisburg (154), Herne (157), Dortmund (210), Mülheim (229), Bochum (265), Gelsenkirchen (270) und Essen (320). Sieger in diesem Bereich ist Mainz.
  • Im Niveau-Ranking ist NRW unter den Top 10 nicht vertreten. Auch hier ist Leverkusen die beste NRW-Stadt, auf Rang 19. Beste Stadt im Ruhrgebiet ist Essen (Platz 370), es folgen Mülheim (373), Dortmund (375), Bochum (378), Bottrop (380), Oberhausen (396), Duisburg (398), Gelsenkirchen (399) und Herne (400). Sieger in diesem Bereich ist der Landkreis München vor Mainz.