Gelsenkirchen. Gelsenkirchen ist die unsympathischste Großstadt? Die Redaktion hält mit sechs Statements dagegen: Warum wir diese Stadt so sympathisch finden.
Die Stadt, die für so viele Menschen mehr als nur Heimat bedeutet, ist – jedenfalls nach den Ergebnissen des Stadtmarken-Monitors 2020 – nach Duisburg eine der unsympathischsten Großstädte Deutschlands ? Finden wir nicht! Die Lokalredaktion Gelsenkirchen hält mit sechs Sympathie-Bekundungen dagegen.
1. Wie sieht wohl das Bild aus, das Menschen aus besser situierten Städten zu Gelsenkirchen im Kopf haben? Wahrscheinlich Maloche, Kohle und ein kriselnder Bundesligist in Königsblau. Dabei gibt es weit mehr zu bieten. Niemand würde auf die Idee kommen, wie grün es hier ist. Nordsternpark, Revierpark Nienhausen, Schloss Berge – das ein oder andere schöne Fleckchen lädt zum Verweilen ein und ist eine Erklärung, weshalb es
einige Gesprächspartner und Ur-Gelsenkirchener
nie weggezogen hat. Weil es ein Stück Heimat ist, das Geborgenheit vermittelt.
Felix Lampert
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2. Ich arbeite in Gelsenkirchen. Und lebe in Duisburg. Mit Blick auf obige Umfrage müsste es mir also ziemlich dreckig gehen. Aber wissen Sie was? Das genaue Gegenteil ist der Fall! Ich schätze sowohl meine berufliche als auch meine private Heimat sehr und fühle mich hier wie dort aus tiefstem Herzen „zu Hause“. Die hier vorgestellten Umfrage-Ergebnisse fußen vor allem auf Bildern und Vorurteilen im Kopf der Befragten. Für mich zählt hingegen allein die Realität. Und als großer Freund innerdeutscher Städtereisen habe ich in den vergangenen Jahren fast alle der hier aufgeführten 50 Metropolen schon mit eigenen Augen gesehen. Und was soll ich sagen: Am tollsten ist und bleibt das Ruhrgebiet! Weil hier die mit Abstand unkompliziertesten, hilfsbereitesten, mit anpackenden und authentischsten Menschen zu finden sind. Das ist mir von Grund auf sympathisch.
Thomas Richter
3. Als Bochumer mit Job in Gelsenkirchen ergeht es mir ähnlich.
Was den Ruhri auszeichnet? Klare Kante.
Da weiß jeder, woran er ist. Da wird nicht lange um den heißen Brei herumgeredet, sondern Gutes wie Schlechtes beim Namen genannt – ehrlich, ungeschönt. Ach ja, auf einen Kumpel, also Freund, ist immer Verlass. Der Ruhri packt mit an, wo er kann. Er gibt dabei freimütig, selbst wenn er für sich nur wenig hat. Es zählt das Wort, der Handschlag.
Nikos Kimerlis
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4. Jahrzehntelang mussten Helden in Film und Fernsehen unfehlbare Übermenschen sein – bis dann vor einigen Jahren der Antiheld populär wurde. Figuren wie Walter White der Erfolgsserie „Breaking Bad“ zum Beispiel – ein eigentlich ziemlich abscheulicher Kerl, der trotzdem fasziniert, den man trotzdem irgendwie gern hat. Weil er ja doch sehr menschlich ist. Gelsenkirchen ist der Walter White der Republik: Die Probleme sind nicht wegzudenken, aber in seiner „Hässlichkeit“ hat Gelsenkirchen auch eine große Anziehungskraft. Die Stadt ist der menschliche Underdog. Und damit viel sympathischer als jede Hochglanz-Metropole.
Gordon Wüllner-Adomako
5. Wer nur ein einziges Mal in Dunkelheit oder Dämmerung über die Kurt-Schumacher-Straße gefahren ist,
wohl bedacht unter und von königsblauem Strahlen
, in guter Stimmung, mit dem Herzen bei dieser Stadt, der wird kaum Schöneres, Eindrücklicheres finden. Selten habe ich so viele unterschiedliche Menschen getroffen, die eins immerzu vereint hat: Sie waren echt, authentisch, ehrlich, sympathisch. Allesamt. Wie ihre Stadt, diese Gelsenkirchener. Und mal ehrlich: Langsam nervt’s – dieses Abschneiden, stets auf den hintersten Plätzen. Manchmal kann ich’s nicht mehr hören – aber seien wir realistisch: Es wird wohl noch ein wenig Zeit ins Land gehen, bis sich etwas ändert oder ändern kann. Bis dahin gilt: Kopf hoch, Gelsenkirchen! Wenn der Hals auch dreckig ist.
Annika Matheis
6. In Horst geboren und seit fast 20 Jahren in Buer zu Haus: So unsympathisch kann Gelsenkirchen nicht sein, das hätte ich gemerkt! Klar, Rankings sind subjektiv, und etwas zu meckern gibt’s immer. Aber das Gesamtpaket macht die Stadt aus – und das finde gut! Die Naherholung ist nur einen Spaziergang weit entfernt,
die Hochkultur in MiR
und Kunstmuseum fix erreicht, dazu die bunte Wundertüte der freien Szene von Ückendorf bis Buer. Nicht zuletzt sind es aber die Menschen, die dafür sorgen, dass ich hier gerne lebe: direkt, aber witzig, kreativ, sozial engagiert und warmherzig. Heimat eben!
Christiane Rautenberg