Gelsenkirchen. Schon jetzt sind fast alle Kurzzeitpflegeplätze in Gelsenkirchen für die Sommerferien ausgebucht. Wir sagen, wo und wie es noch Chancen gibt.

Angehörige von Pflegebedürftigen haben auf vielen Ebenen zu kämpfen, für finanzielle ebenso wie für pflegerische Unterstützung. Und wenn es dann um eine Auszeit in Form eines Urlaubs ohne den Pflegebedürftigen geht, dann wird es in Gelsenkirchen – ähnlich wie in den umliegenden Kommunen – extrem eng. Denn Kurzzeitpflegeplätze sind ebenso begehrt wie selten.

Zwar bieten die meisten Einrichtungen immer wieder vorübergehend Betten an für Menschen, die nach einem Sturz oder einem Krankenhausaufenthalt vorübergehend stationäre Pflege benötigen. „Eingestreute Kurzzeitpflegeplätze“ heißen diese Plätze in der Fachsprache. Für sie werden Zimmer genutzt, die kurzfristig frei geworden sind, weil deren Bewohner soeben verstorben oder auch umgezogen sind. 200 davon gibt es in Gelsenkirchen.

41 Kurzzeitplätze für ganz Gelsenkirchen

„Solitäre“, also wirklich der geplanten Kurzzeitpflege vorbehaltene, Betten bieten in Gelsenkirchen lediglich zwei Einrichtungen an: Das St. Hedwig Seniorenzentrum, das dafür allein 26 Plätze und damit die meisten in der Stadt anbietet, sowie die Kurzzeitpflege am Rungenberg, wo ausschließlich Kurzzeitpflege angeboten wird, und zwar 15 Plätze. In beiden Häusern sind naturgemäß die Zeiten von Schulferien besonders gefragt. Für die diesjährigen Sommerferien sind aktuell nur noch wenige Plätze zu bekommen.

Am Rungenberg, wo seit über 20 Jahren Kurzzeitpflege betrieben wird, wäre aktuell noch teilweise Platz in den drei Doppelzimmern der Einrichtung, die neun Einzelzimmer sind bereits von Stammgästen durchgebucht und reserviert, erklärt Einrichtungsleiterin Corinna von Dornis. Auch hier ist die Nachfrage stark gestiegen. „Wir bekommen Anfragen aus allen Städten der Region und darüber hinaus. Mülheim, Recklinghausen, Marl, Herten, Essen - überall gibt es zu wenig Kurzzeitplätze. Dabei sind pflegende Angehörige doch dringend angewiesen auf eine Auszeit, um neue Kräfte tanken zu können“, berichtet von Dornis.

Bürokratischer Aufwand bei Kurzzeitpflege besonders hoch

Dass die Heime der Stadt, der freien Wohlfahrtsträger und auch der kirchlichen Träger kaum reine Kurzzeitpflegeplätze vorhalten, hat ihrer Erfahrung nach gute Gründe: „Pflegekräfte arbeiten nicht gern im Bereich Kurzzeitpflege, weil durch die kurze Aufenthaltszeit hier ein extrem hoher bürokratischer Aufwand entsteht. Ständige Aufnahmen und Entlassungen benötigen viel Zeit.“ Und weil Fachkräfte Mangelware sind, so vermutet Dornis, fürchten wohl viele, dass sich reine Kurzzeitplätze negativ auf das Interesse von Fachkräften am jeweiligen Arbeitgeber auswirken könnte.

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Auch Tim Hetzel, Leiter des St. Hedwig Stifts in Trägerschaft der Kern-Gruppe, in dessen Haus neben den 86 Dauerpflegeplätzen 26 weitere allein der Kurzzeitpflege vorbehalten sind, sieht einen stark gestiegenen Bedarf. „Die Not ist groß. In den Nachbarstädten haben mehrere private Träger wegen Insolvenz geschlossen, das wirkt sich aus“, erklärt er einen der Hintergründe. Auch hier werden in den Ferien viele Stammgäste begrüßt, die mit langem Vorlauf einen Platz reserviert haben, um den pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu gönnen. „Aber auch bei uns sind die Kurzzeitplätze teilweise mit Menschen belegt, die dringendst einen Dauerpflegeplatz benötigen, weil es daheim einfach nicht mehr geht, sie aber einfach keinen Dauerpflegeplatz finden. Natürlich helfen wir da auch“, räumt Hetzel ein.

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Die Botschaft ist jedenfalls klar: Wer sich einen Platz für einen pflegebedürftigen Liebsten sichern möchte, um in den Urlaub fahren zu können, muss lange vorplanen. Für die Sommerferien ist es bereits so gut wie zu spät. Allerdings versichert Achim Schwarz, Heimleiter am Awo-Seniorenzentrum in Schalke: „Es lohnt sich aber, bei uns und auch in anderen Einrichtungen ohne ausdrückliche Kurzzeitpflegeplätze, kurzfristig nachzuhören, ob etwas frei ist. Es kann immer sein, dass es vorübergehend Unterbringungsmöglichkeiten gibt“, versichert er.

Wo es Informationen zu freien Plätzen gibt und wer berät

Wer sich einen ersten Überblick über aktuell freie Plätze in Gelsenkirchen und bei Bedarf auch in den direkten Nachbarstädten verschaffen möchte, kann dies schnell über die NRW-App „Heimfinder“ tun, die über jeden App-Store kostenfrei heruntergeladen werden kann und über die gezielt nach Kurzzeit- und Dauerpflegeplätzen gesucht werden kann. Trotz täglicher Aktualisierung kann es jedoch passieren, dass als frei angegebene Plätze bereits belegt sind. „Aus Krankenhäusern und auch von Privatpersonen kommen täglich Anfragen, das Telefon klingelt ständig“, erklärt Tim Hetzel, wie es dazu kommen kann. In der App sind auch direkte Links zu den Websites der Heime sowie zu den Telefonnummern zu finden.

Unterstützungsmöglichkeiten oft gar nicht bekannt

„Viele Angehörige wissen gar nicht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es für sie gibt“, erklärt Ina Geldermann, bei der Stadtverwaltung Leiterin des Referates Soziales. Die Informationen der Pflegekassen sind ausbaufähig, Sozialdienste an Kliniken ausgelastet, die 125-Euro-Entlastungsgeld, das es bereits ab Pflegegrad 1 gibt, ist eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit können lediglich haushaltsnahe Dienste wie Putzen, Einkaufen oder ähnliches von Anbietern genutzt werden, die von den Kassen dafür zertifiziert sind; mit entsprechend hohen Stundensätzen. Maximal 90 Minuten Hilfe im Haushalt im Monat können damit beglichen werden.

Hohe Selbstbeteiligung bei Kosten für die Kurzzeitpflege

Auch die Kurzzeitpflege muss man sich übrigens leisten können. Zwar gibt es für Betroffene ab anerkanntem Pflegegrad 2 ein Budget dafür, aber das reicht nur für kurze Auszeiten. 1774 Euro stellen die Pflegekassen zur Verfügung, zudem kann nicht in Anspruch genommene Verhinderungspflege bis zu 1612 Euro in Anspruch genommen werden, ebenso wie das für die Dauer des Aufenthaltes zur Hälfte weitergezahlte Pflegegeld. Wie lange genau dieses Geld ausreicht, ist angesichts sehr unterschiedlicher Tagessätze der Heime schwer zu sagen. Theoretisch gibt es Anspruch auf 56 Tage Kurzzeitpflege im Jahr. Doch die Unterstützung durch die Pflegekassen bei der Kurzzeitpflege reicht angesichts der hohen Tagessätze in den Heimen kaum für die Hälfte der möglichen Zeit. Bei sozial schwachen Pflegebedürftigen springt das Sozialamt ein.

Kundige Beratung rund um die Pflege gibt es bei der Stadt Gelsenkirchen an der Vattmannstraße 8 montags, dienstags und donnerstags von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr sowie freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr, Termine auch vereinbar jeweils unter den Rufnummern 0209 1692405 oder 0209 1602240.

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