Gelsenkirchen. Die Schülerzahl steigt in Gelsenkirchen weiter dramatisch an, der Schulraum ist bereits knapp. Wie steht es um die dringend nötigen Neubauten?
Die Schülerzahlen steigen weiter. Schon in diesem Sommer wird es extrem eng an Gelsenkirchens Schulen, müssen Berger Feld und Gesamtschule Horst aufstocken, um alle Kinder aufnehmen zu können. Denn die Geburtenzahl stieg von 2013 bis 2022 um über 800 Kinder auf 2850. Nicht eingerechnet die steigende Zahl von Zuwandererkindern. Und: Der Anspruch auf Ganztagsbetreuung mit entsprechend notwendigen Räumen soll theoretisch ab 2025 bestehen, wenn die Schülerzahl ohnehin einen Höchststand erreicht haben wird. Aber wie ist der Stand der Dinge bei den dafür geplanten Ausbau-, Umbau-, Erweiterungs- und Neubauten in der Stadt? Wir haben nachgefragt – an Schulen, im Baureferat und bei der Gemeinnützigen Gelsenkirchener Wohnungsbaugesellschaft (GGW), die einen wesentlich Anteil der Arbeiten übernommen hat.
Schulneubau in Gelsenkirchen: Handlungsbedarf war dank Prognosen spätestens 2017 bekannt
Bereits 2017 lagen Prognosen zur Entwicklung der Schülerzahlen vor, die aufgrund steigender Geburtenzahlen und Zuwanderung einen Raummangel vorhersagten. Zwei Jahre später war klar: Die Prognosen werden noch übertroffen. Die Zahl der geplanten Neubauten stieg kontinuierlich auf aktuell sieben, davon vier Grundschulen. Und während die erste Grundschule an der Ebersteinstraße, errichtet von der GGW in nur einem Jahr Bauzeit, bereits seit August 2022 (aber ein Jahr später als ursprünglich geplant) in Betrieb ist, laufen die Vorbereitungen für zwei weitere von der Stadttochter zu errichtende Grundschulen.
Aktuell arbeitet die GGW an der Errichtung eines Teil-Neubaus der Grundschule Kurt-Schumacher-Straße an der Schalker Meile. Ab August 2024 sollen hier Kita- und Grundschulkinder einziehen können. Für die zweite neue Grundschule An der Gräfte in Erle ist soeben die Bürgerbeteiligung abgeschlossen. Der Termin für den Baustart ist noch offen. „Aber die Schule kann zum Schuljahr 2025/26 in Betrieb gehen“ ist GGW-Geschäftsführer Harald Förster dennoch sicher. Das wäre ein Jahr nach dem prognostizierten Höhepunkt der Schulanfängerzahlen. Lesen Sie dazu den Kommentar: Schulbaugesellschaft müsste jetzt starten
Bei der dritten Grundschule am Wildenbruchplatz geht Förster von der Fertigstellung 2026 aus. Völlig offen aber ist weiterhin, wo genau die vierte Grundschule entstehen kann und wann. Sie soll in Rotthausen stehen; an der Eignung der Achternbergstraße aber gibt es vor allem wegen Altlasten erhebliche Zweifel.
Zwei Ausbauvorhaben sollen laut Stadtbaurat Christoph Heidenreich zum nächsten Schuljahresbeginn im Sommer fertig werden: an der Mechtenberg-Grundschule und an der Glückauf-Schule in Ückendorf, wo seit dem Sommer 2021 in Containern gelernt wird, während ein Neubau an der Stephanstraße entsteht. Der neu möblierte, aber noch unsanierte Altbau an der Parkstraße wird von fünf Klassen genutzt. Die Prognose des Stadtbaurats auf WAZ-Nachfrage, dass der Neubau noch in diesem Jahr bezugsfertig sein könnte, hält die Schule für wenig realistisch. Allerdings seien die Container-Module als Zwischenlösung gut nutzbar, versichert die Schulleitung auf Nachfrage.
Schon in Betrieb sollte eigentlich der Erweiterungsbau an der Friedrich-Grillo-Grundschule in Schalke sein, der die Unterbringung eines zusätzlichen Zuges sowie mehr Ganztagsbetreuung ermöglichen soll. Der aktuelle Stand: „Der Bauantrag dafür ist in Einreichung, wir hoffen, den Bau noch in diesem Jahr ausschreiben zu können“, so Heidenreich.
Erhebliche Verzögerungen bei weiterführenden Schulen
Erhebliche Verzögerungen gibt es allerdings bei den geplanten weiterführenden Schulen. 2016 hatte der Leiter der damals noch jungen, aber bereits sehr gefragten Gesamtschule Erle Ausbaubedarf gemeldet. Es wurde ein Wettbewerb ausgelobt, doch bei der Umsetzung des auserwählten Modells mit Raum für eine integrierte Stadtteilbibliothek hakte es. Die Kühlung war nicht mitgedacht worden, weshalb nachträglich unter anderem ein Keller für die Haustechnik mitgeplant werden musste.
Gelsenkirchen Stadtbaurat Heidenreich: „Der Vertrag wurde einvernehmlich aufgelöst“
Nach langem Stillstand – so die neue Nachricht – konnte der Vertrag mit dem beauftragten Büro „einvernehmlich aufgelöst werden“, so Christoph Heidenreich. Die Neuausschreibung, orientiert an der Erstausschreibung „läuft gerade“.
Eine Nachricht, die Schulleiter Andreas Lisson erstaunt. „Die Raumbedarfe haben sich in den letzten sieben Jahren verändert, ich hoffe, das wird berücksichtigt. Es gab in letzter Zeit nur eine Kurzabfrage zum Platzbedarf, mehr nicht. Damals haben wir mit Computerräumen geplant, die heute dank Tablets für alle Schüler nicht mehr wirklich notwendig sind. Dafür bräuchte man heute mehr Platz für Hauswirtschaft und Technik wegen veränderter Unterrichtsvorgaben, es gibt mehr Klassen, die damals noch gar kein Thema waren. Ich hoffe, wir werden da noch einbezogen. Und ich hoffe, dass ich die Einweihung vor meiner Pensionierung in 14 Jahren noch erlebe,“ ergänzt er noch, nur halb im Scherz.
Auch Verzögerungen bei der Kulturschule am Schalker Verein
Auch bei der ebenfalls bereits seit sieben Jahren geplanten Kulturschule am Schalker Verein gibt es extreme Verzögerungen. Hier gibt es zwar mittlerweile eine Einigung mit dem Architekturbüro Hascher/ Jehle, das 2019 den Wettbewerb gewonnen hatte. Denn auch hier ruhten die Planungen aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen Stadt und Architekten bis vor Kurzem. Nun soll die Zusammenarbeit aber fortgesetzt werden.
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Mit Baubeginn in diesem Jahr ist allerdings kaum zu rechnen, eine Fertigstellung des Vorzeigebaus vor 2028 ist wenig realistisch. Ursprünglicher Starttermin für den Schulbetrieb war der Sommer 2024. Als Ersatz für den rechtzeitigen Start wird nun ein Oberstufenbau in Eigenregie fungieren, der noch in diesem Jahr ausgeschrieben werden soll. Zur Bezugsfertigkeit gibt der Stadtbaurat keine Prognose: 2024 allerdings scheint nicht wirklich realistisch. Lesen Sie dazu:Erneut Verzögerung bei Start der Kulturschule
Planungsstart für Turnhallenkomplex am AvD und MPG in 2023
Noch nicht abgeschlossen sind auch die Verhandlungen mit dem Cross-Border-Partner zur Sanierung und Erneuerung des maroden Turnhallenkomplexes der Gymnasien AvD und MPG in Buer. Doch ein Teilabriss plus Sanierung und Neubau ist mehr als wahrscheinlich. Zur Erleichterung der Politiker im Ausschuss. Vor allem Markus Karl (CDU) hatte immer wieder auf Wiedervorlage gedrängt. Mit der Fertigstellung ist nicht vor 2025 zu rechnen, den Planungsstart will Heidenreich noch in 2023 realisieren.
Dass die Gesamtschule Berger Feld einen Neubau bekommen sollte statt einer Sanierung, steht nach einem Gutachten nun fest. Der beste Standort dafür wird noch gesucht, auch wer den Bau wie errichten soll, ist völlig offen. Ebenso wie die Planungen zur Gesamtschule auf dem Consol-Gelände und der weiterführenden Schule am Junkerweg. Vor 2028 und damit mindestens zwei Jahre nach dem zu erwartenden größten Platzbedarf in Gelsenkirchen, ist mit einer Fertigstellung kaum zu rechnen.