Gelsenkirchen-Feldmark. Michael Em Walter und André Wülfing stellen eine virtuelle Text-Musik-Komposition auf die Beine. Was der Titel „Corona-Antikörper“ bedeutet.
Obwohl ihm nach Ausbruch der Corona-Pandemie als Vater von drei Kindern schon eine gewisse Ungewissheit plagte und klar war, dass auf längere Sicht keine Kulturveranstaltungen stattfinden können, wollte Komponist Michael Em Walter (38) in Zusammenarbeit mit Schauspieler André Wülfing (57) ein Zeichen für die Szene setzen.
„Wir wollten uns immun zeigen gegen den Abrisskörper Corona und zeigen, dass es trotz der Krise weitergeht“, betont Walter. Deshalb habe er sich mit der Text-Musik-Komposition „Corona-Antikörper“ für eines der zehn Arbeitsstipendien der Stadt Gelsenkirchen beworben. Der Titel verrät zweierlei - nicht nur die Immunität.
Gelsenkirchen: Solostücke für sechs Instrumente
„Auch inhaltlich passt es ganz gut, weil Musiker und Sprecher nicht zusammenkommen oder anwesend sind. Daher kommt auch die Bezeichnung Antikörper“, ergänzt Wülfing. Ihr Projekt fügt sich aus zwei Teilen zusammen - aus sechs Solostücken für Violine, Schlagwerk, Cello, Akkordeon, Klarinette und Klavier - und sechs Texten, die eingesprochen werden.
Da gemeinsame Treffen nicht möglich waren, verlagerte das Duo, das seit inzwischen 15 Jahren zusammenarbeitet, die Aktivitäten in die digitale Welt. „Die Musiker nehmen ihren Part zuhause auf und schicken ihn uns wieder zurück“, erklärt Walter, der die Stücke geschrieben hat. Es habe auch extra die Anweisung gegeben, das Ganze mit dem Handy - auch in Videoform - aufzunehmen, da ein wenig Improvisation zur Corona-Zeit dazugehöre, berichtet Walter. Die Musiker seien dabei quer durch Deutschland verstreut: „Das Klavierduo kommt beispielsweise aus Stuttgart.
Die Musikstücke - überwiegend in düsterer Lichtstimmung aufgenommen - werden vor Abschluss des Projekts mit den sechs Sprechsequenzen zu einem rund 30-minütigen Video-Musik-Film zusammengeschnitten, der wahrscheinlich Ende Juli fertig sein und auf Youtube hochgeladen werden soll. Zu der geplanten Livepräsentation des Projekts kommt es - wenn überhaupt - erst zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres. Bislang seien dreiviertel der Musikstücke bei ihnen wieder eingetroffen, so Walter, der mit dem Zusammenschneiden Neuland betritt. Aber: „Da kann man für kommende Projekte schon mal etwas mitnehmen. Das ist Learning by doing.“
Textpassagen greifen Existenzangst auf
Wülfing hatte beim Formulieren des Texts vor allem ein Problem. „Die Dinge haben sich während Corona immer neu entwickelt“, erzählt er. Darauf musste er dann reagieren. In den tagebuchähnlichen Abschnitten habe er nun in den vergangenen Wochen und Monaten präsente Themen wie Existenzangst oder Sorgen um die Gesundheit aufgegriffen. Aber auch davor brisante Problemstellungen wie der Klimawandel kommen nicht zu kurz: „Es werden verschiedene Stimmungen vorkommen, aber auch hoffnungsvolle Momente.“
Auch die Absprachen von Walter und Wülfing fanden nahezu alle virtuell statt. Hilfreich war deswegen, dass sich die beiden seit 2005 kennen und bereits einige Veranstaltungen wie das Konzert der 95 Thesen zusammen auf die Beine gestellt haben. Man sei bei solchen Arbeiten oft auf derselben Wellenlänge, verrät Wülfing. Wichtig sei gewesen, dass man sich trotz Corona-Krise künstlerisch äußert. Das war der Hauptgrund, warum die beiden sich für das Künstlerstipendium bei der Stadt beworben haben. Resignation aufgrund der Lage war bei ihnen keine Option.
>>>Info: Zur Person
Michael Em Walter kommt ursprünglich aus der Feldmark und lebt aktuell in Rotthausen. Der 38-Jährige ist hauptberuflich Komponist - und das obwohl er nicht aus einer musikalischen Familie stammt, wie er selbst betont. Mit der Zeit habe sich das Interesse an der Musik entwickelt und er hat angefangen Noten zu schreiben sowie in Bands zu spielen.
André Wülfing, der mit seiner Familie in Dortmund lebt, gehört zu den Gründungsmitgliedern des Consol Theaters im Stadtteil Bismarck. Dort rief er auch die Berufsvorbereitungen Bildungsmaßnahme „!STAGE“ ins Leben. Sich selbst bezeichnet er als Theatermacher oder -erzähler: „Ich hatte schon alle möglichen Jobs auf Bühnenebene.“
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