Gelsenkirchen-Scholven. Claudia Tebben kann sich während der Corona-Krise beruflich plötzlich mit ihrem Hobby befassen. Was sie in ihrem Gelsenkirchener Atelier macht.
Betritt man die Tür zum Atelier von Claudia Tebben in Gelsenkirchen-Scholven fallen einem sofort die großformatigen Bilder ins Auge, die an den Wänden der Halle angebracht sind. Schnell wurde der 54-Jährigen nach dem Corona-Lockdown klar, dass diese Werke erst einmal nicht gefragt sind.
„Ich habe meine ganze Arbeit hinterfragt. Die Bilder hatten keine Bedeutung mehr. Durch die Kontaktbeschränkungen konnten keine Sammler zu mir kommen, um sie sich anzuschauen. Präsentationen waren auch nicht möglich“, erläutert Tebben. Trotzdem blieb sie positiv und widmete sich einer Sache, die ihr Leben lang eigentlich nur ihr Hobby war.
Gelsenkirchen:Fundstücke im 3D-Drucker vervielfältigen
„Wenn ich in meiner Freizeit im Wald spazieren gehe, bringe ich immer Fundstücke wie beispielsweise Wurzeln oder Steine, also kleine Figuren, mit. Das war aber nie wichtig für mich. Die Malerei und dieses Hobby habe ich immer getrennt“, erzählt Tebben. Dann kam aber die Corona-Pandemie und das Künstlerstipendium der Stadt Gelsenkirchen.
Bei ihrem Projekt experimentiert sie mit 3D-Druck und beschäftigt sich mit der Frage, wie sie die kleinen Mitbringsel aus der Natur vervielfältigen kann und ob ein 3D-Drucker das Künstlerdasein überflüssig macht. Letzteres kann die gebürtige Gelsenkirchenerin schon einmal verneinen: „Wenn wir bei dem Beispiel Stein bleiben. Ein Künstler sollte die Form schon irgendwie verändern, bevor die Figur gescannt wird. Andernfalls kann man ja nicht von einem Urheber sprechen. Außerdem soll der 3D-Druck in meinen Augen besser sein als das Original.“
3D-Scan kostet bis zu 200 Euro
Anfangs sei es gar nicht so leicht gewesen ein Unternehmen zu finden, das die kleinen Stein-Skulpturen im Drucker anfertigt: „Viele waren damit beschäftigt Corona-Schutzmasken zu drucken.“ Mit einer Firma aus Solingen habe sie sich schließlich auf eine Zusammenarbeit geeinigt.
Ein Scan, sagt Tebben, kostet 150 bis 200 Euro. Der Druck 50 Euro: „Auch wegen der Kosten bin ich froh über das Stipendium. So kann ich verschiedene Sachen ausprobieren.“ Denn der 3D-Druck biete viele Möglichkeiten - alleine was das Material betrifft. Sei es Kunststoff, Sand oder Keramik.
Atelier war der Rückzugsort
Stundenlang tüftelt sie während der Zwangspause an unterschiedlichen Exemplaren herum. Modeliert einen aufgesammelten Maiskolben oder ändert etwas an den Wurzeln oder Steinen. „Das Atelier war in dieser Zeit mein Rückzugsort. Ich war hier für mich alleine und überhaupt nicht deprimiert. Im Gegenteil: Diese Arbeit war eine Bereicherung und hat mir Ruhe gebracht“, schildert Tebben. Das Kunstgeschäft sei anstrengend. Alles drehe sich um die nächste Präsentation und neue Bilder: „Für mich war es pures Glück mich mit meinem Hobby zu beschäftigen.“ Dennoch hat Tebben inzwischen den Anspruch, dass die Kunstwerke gut werden müssen. Bis vor einiger Zeit habe sie gar nicht bewertet, ob eine Figur gut oder schlecht war.
Sollte es die Situation zulassen, möchte die Künstlerin die Figuren gerne präsentieren. „Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man dem Käufer nur die Datei des 3D-Scans verkauft. Dann kann jeder sein Exemplar vergrößern oder verkleinern lassen - je nach Geschmack“, meint Tebben. Und man brauche keinen Transport oder persönlichen Kontakt mehr.
Wenn sich Tebben zwischen der Malerei und den Figuren entschieden müsste, hat sie einen klaren Favoriten: „Malen macht mehr Spaß und fordert mich auch mehr.“ Trotzdem will sie die Arbeit mit den 3D-Objekten zukünftig fortsetzen. „Mein Traum sind großformatige Figuren in der Halle“, will Tebben nicht ausschließen, dass einem beim Hereinkommen ins Atelier eine überdimensionale Wurzel sogleich auffällt.
>>>Info: Zur Person
Claudia Tebben wurde 1966 in Gelsenkirchen-Resse geboren. Im Jahr 1995 schloss sie ihr Kommunikationsdesign-Studium an der Folkwang Universität der Künste in Essen ab.
In der Vergangenheit hat Tebben vor allem viele Bilder im süddeutschen Raum verkauft, weil die Galerie, mit der sie zusammenarbeitete, im pfälzischen Freinsheim lag.
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