Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. Der Gelsenkirchener Gitarrist Linus Friedmann widmet sich in der Corona-Zwangspause einem Herzensprojekt. Er Probt unter besonderen Umständen.

„Im Wohnzimmer ist ein großes Notenchaos“, fasst Linus Friedmann zusammen. Der Gelsenkirchener Gitarrist und Leiter der Gitarrenschule „Da capo el fine“ hat seine Arbeit in der Corona-Krise nicht nur in die heimischen vier Wände in Bulmke-Hüllen verlegt. Er arbeitet auch mit Hochdruck an einem Solo-Konzertprogramm. Dabei unterstützt ihn die Stadt mit einem „Auszeit“-Stipendium.

Seit Tagen vergräbt sich der Musiker nun schon in Notenblättern. Die Melodien, die darauf eingezeichnet sind, stammen von südamerikanischen Meistern: Von Agustin Barrios Mangoré, einem der ersten Gitarrenvirtuosen des Kontinents, von Heitor Villa-Lobos, einem der bekanntesten klassischen Komponisten Brasiliens und von Astor Piazolla, der zu Lebzeiten den Tango Nuevo mitbegründete. „Alle haben wunderschöne Musiken geschrieben, die mich tief berühren“, erklärt Linus Friedmann seine Auswahl.

Proben unter ungewohnten Umständen

Die drei Künstler, die sein Konzert prägen sollen, haben nicht nur ihre Herkunft gemein. Ihre Stücke sind geprägt von Einflüssen der Volksmusik, haben Rhythmus. Keine leichte Aufgabe für den studierten Jazzgitarristen Friedmann, angesichts dieser großen Auswahl ein harmonisches Programm zusammenzustellen. Zumal auch sein Alltag in der Krise ein anderer ist: Die Kinder, 19, 17 und elf Jahre alt, sind den ganzen Tag zuhause. Seine Frau, die im Gesundheitssektor tätig ist, sieht er dafür kaum. Und Gitarrenunterricht gibt er über Videos.

Friedmann freut sich trotz der Umstände über die Gelegenheit, sein lange gehegtes Herzensprojekt umsetzen zu können. „Den Wunsch, mich da reinzuarbeiten, hatte ich bestimmt schon zehn Jahre. Jetzt macht es mir einen Riesenspaß und ich bin schon voll drin“, sagt er. Heißt – neben Songauswahl – vor allem: üben. Bei Barrios und Villa-Lobos, die selbst Gitarristen waren, geht es dabei vornehmlich darum, die Noten auswendig zu lernen. Piazolla verlangt Friedmann hingegen mehr ab. Es gilt auszuprobieren, wie die Stücke des argentinischen Komponisten auf der Konzertgitarre klingen.

"Sicher, dass es wieder Konzerte geben wird"

Am Ende seines Projekts will Friedmann nämlich alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne stehen. Wann das sein wird, ist noch völlig unklar. Doch der Musiker ist positiv gestimmt: „Ich bin mir sicher, dass es wieder Konzerte geben wird. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne im September spielen.“ Davor erwartet ihn aber noch „eine sehr intensive Probenphase“.

Dabei ist der Gitarrist auch auf das Verständnis seiner Kinder angewiesen. Denn in den kommenden Wochen und Monaten werden sie sein Spiel täglich stundenlang hören. „Wenn man die selbe Passage immer und immer wieder hören muss, nervt das irgendwann“, das ist ihm bewusst. Zumal er sich schon jetzt dabei ertappe, beim Spielen die Zeit zu vergessen. „Ich merke dann nicht, dass schon wieder zwei Stunden um sind.“

Obwohl es nicht Friedmanns erstes Konzertprojekt ist, so ist es für ihn doch eine neue Erfahrung. Nicht nur, weil er dieses Mal ganz auf sich alleine gestellt ist: „Ich hatte immer ein Konzertprogramm. Aber das hat sich meist so ergeben. So konkret und in so einem zeitlichen Rahmen habe ich noch nie gearbeitet“, sagt er.

>>> Info: Gitarrist und Lehrer

Seit 2002 betreibt Linus Friedmann die private Gitarrenschule "Da capo el fine" im Gelsenkirchener Süden an der Küppersbuschstraße. Dort bringt er Kindern und Erwachsenen das Saiteninstrument näher.

Der 1973 geborene Linus Friedmann ist auch selbst als Musiker aktiv. Dabei tritt er vornehmlich mit seiner klassischen Gitarre auf. Sein Repertoire reicht von der Romantik bis zur Moderne.

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