Gelsenkirchen-Buer. Gute-Nacht-Geschichten in der Corona-Krise: Die Gelsenkirchener Märchenerzählerin Melody Reich plant Online-Streams statt Bühnenprogramm.
Menschen mitnehmen in eine andere Welt: Das ist Melody Reichs Profession. Die Gelsenkirchenerin ist Märchenerzählerin. Bei ihrem Bühnenprogramm, bei Auftritten in Gemeinden, Museen und Schlössern, bei Märchenstunden in Schulen: Zusammen mit ihr tauchen Groß und Klein ein ins Reich der Fantasiewesen. Wegen der Corona-Krise findet Melody Reich sich nun jedoch selbst in einer völlig neuen Welt wieder.
„Ich musste alles absagen“, berichtet die Künstlerin. Neben den Auftritten dürfen auch die Kurse, die die Theaterpädagogin in Schulen gibt, nicht mehr stattfinden. Nicht nur finanziell ein harter Schlag. „Mir fehlt der Kontakt total. Zu Familie und Freunden, aber auch zu den Kindern“, sagt sie. Doch statt deshalb zu resignieren, arbeitet Melody Reich ein einem neuen Projekt, um die schwere Zeit zu überstehen. Die Stadt Gelsenkirchen unterstützt sie dabei mit einem „Auszeit“-Stipendium.
Märchen-Ecke vor dem Bücherregal
In den kommenden Wochen und Monaten will die Märchenerzählerin ihre Bühne ins heimische Arbeitszimmer verlegen und von dort aus ihre Geschichten mit den Menschen teilen – virtuell. Regelmäßig will sie über Youtube Livestreams im Internet anbieten. Los gehen soll es am Sonntag, 26. April, um 19 Uhr mit einem Ausschnitt aus Reichs Programm „Elfengeflüster“. Danach möchte die Bueranerin dreimal in der Woche auf Sendung gehen: Montags, mittwochs und freitags um 23 Uhr. „Ich denke, es ist schön, vor dem Einschlafen und Märchen zu hören“, sagt sie.
Die Vorbereitungen für die erste Live-Sendung laufen gerade auf Hochtouren: Das Bücherregal im Arbeitszimmer wurde mit Pannesamt und Rosenranke zur Märchen-Ecke, Laptop, Handykamera und Mikrofon liegen bereit – weil Webcams überall ausverkauft sind, muss Reich sich behelfen. Bei den Proben unterstützt sie ihr Mann. Auch das Programm „Zoom“ haben sie bereits getestet.
Auftritte bleiben Live-Erlebnisse
Zuhause alleine vor der Kamera zu agieren ist für sie eine große Umstellung: „Auf der Bühne achte ich aufs Publikum, schaue mal den ein oder anderen an. Jetzt muss ich mit einem Kameraauschnitt arbeiten.“ Wie das geht und welche Effekte durch die richtige Beleuchtung oder die Position zur Kamera möglich sind, testet Melody Reich gerade aus. „Vor der Krise hätte ich gesagt, dass so etwas gar nicht mein Ding ist. Jetzt merke ich: Doch, man kann sich da begegnen“, sagt sie.
Ihre virtuellen Auftritte sollen zunächst nur ein Live-Erlebnis sein. Die Sendungen werden nicht in einer Mediathek archiviert. So hofft Reich, einem echten Auftritt vor Publikum zumindest nahe zu kommen. „Man weiß dann, dass andere dabei sind, auch wenn sie nicht im selben Raum sind.“
Auch wenn sie hofft, schon bald wieder ganz analog auftreten zu dürfen, sieht sie Potential in ihrem neuen Format. Auch, weil nicht klar sei, wann Menschen aus Risikogruppen, etwa in Seniorenheimen, wieder sicher am öffentlichen Leben teilnehmen können, könnte die virtuelle Märchenstunde ihnen eine Alternative bieten. Schon vor ihrer Online-Premiere hat Melody Reich Ideen für weitere Veranstaltungen: Im Mai plant sie ein Nachmittagsprogramm für Familien und auch ein Konzept für eine Erzählstunde mit anschließender Diskussion will sie entwickeln.
>>> Livestream bei Youtube
Die Online-Märchenstunde von Melody Reich kann online bei Youtube verfolgt werden. Die Künstlerin tritt auf ihrem neu eingerichteten Kanal "Märchenmund" auf. Für Zuschauer ist das Programm kostenlos, erste Videos hat die Erzählerin bereits hochgeladen.
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