Gelsenkirchen. Das Ensemble der Opera School Gelsenkirchen darf nicht mehr gemeinsam üben. Proben gehen online weiter. Was die Situation für die Premiere heißt.

Mit großen Eifer probt das Ensemble der Opera School seit Monaten im Stadtbauraum die Oper „Kater Moshe im Blaubeerland“. Dann erreicht die 25 Jugendlichen, die unter der Leitung von Komponistin und Sängerin Chris Seidler eifrig an Text und Gesang arbeiten, Mitte März die Nachricht: Wegen der Covid-19-Pandemie dürfen sie sich nicht mehr treffen. „Völlig fertig“ seien alle gewesen, erinnert sich Seidler. Bei der letzten Probe flossen Tränen. Doch die Künstler lassen sich nicht entmutigen und üben fleißig weiter – virtuell.

Chris Seidler, die das Projekt Opera School seit 15 Jahren begleitet, hat in den vergangenen Wochen Tag und Nacht an Lösungen gearbeitet, um Unterricht trotz Kontakt- und Versammlungsverbots möglich zu machen. Mit Erfolg: Text- und Gesangsproben des Ensembles, Einzel- und auch Gruppenunterricht finden nun online statt. Über Whatsapp, Youtube, Skype und mit dem Konferenzsystem Zoom betreut Chris Seidler ihre Schützlinge weiter.

Aufwendige Vorbereitung und technische Hürden

„Ich sitze jetzt mit dem Piano vor dem Bildschirm“, beschreibt Chris Seidler ihren neuen Arbeitsalltag. Für Einzelstunden schickt sie ihren Schülern vor der Stunde Noten und Aufnahmen mit Auszügen aus Stücken, die sie am Klavier einspielt. „Manchmal summe ich dabei die Melodie leise mit“, erklärt sie. Sänger während des Unterrichts am Klavier zu begleiten, funktioniert nicht. Auch gemeinsames Singen ist trotz aller technischen Möglichkeiten nicht möglich, denn „man hört sich immer leicht versetzt“.

Also muss Seidler jede Einheit aufwendig vorbereiten. „Der Vorteil für den Schüler ist, dass die Stunde so gebündelter ist. Für mich bedeutet das doppelten Aufwand.“ Den könne sie aktuell nur dank des „Auszeit-Stipendiums“ der Stadt Gelsenkirchen leisten. Denn mit der finanziellen Unterstützung könne sie sich ganz der Opera School widmen. Die Schüler selbst zahlen für das Angebot auch weiterhin nur den Monatsbeitrag von 10 Euro.

"Opera School TV" geht regelmäßig auf Sendung

Neben Einzelunterricht bietet Chris Seidler auch Stunden für das gesamte Ensemble an. Über einen Livestream bei Youtube können alle Schüler aktuell zweimal in der Woche die Sendung „Opera School TV“ verfolgen. Dabei gibt Seidler ihnen zahlreiche Übungen an die Hand. Parallel zur Aufzeichnung gibt es einen Chat für Nachfragen. Schülern, die Schwierigkeiten hatten oder gerne ein persönliches Feedback hätten, bietet die Sängerin danach Einheiten in kleinen Gruppen über Zoom an. Anders als der Youtube-Stream funktioniert Zoom interaktiv, sodass sich Schüler und Lehrer gegenseitig sehen und hören können.

"Jeder spielt alleine im Wohnzimmer"

Über das Programm arbeitet Seidler auch mit den Protagonisten der Oper an ihren Auftritten. „Jeder spielt und singt für sich alleine im Wohnzimmer“, beschreibt Carl Seibert die neue Form der Proben. Der 15-Jährige spielt die Rolle des Kater Moshe in dem Stück, das Seidler selbst geschrieben hat. Er sieht die Situation pragmatisch: „Wir müssen jetzt das Beste aus dem Lockdown machen. Das ist alles Gewöhnungssache.“

Noch ist nicht klar, ob das Ensemble wirklich am 6. Juni auf der Bühne in der Flora auftreten und das Ergebnis der Mühen präsentieren kann. Chris Seidler hat aber bereits Plan B und C. So könnte die märchenhaft-fantasievolle Inszenierung rund um Kater Moshe, Wiesel Dana, Käfer Ismail und Rabe Jacob etwa ohne Publikum dafür aber mit Livestream Premiere feiern. Oder die Darsteller nehmen sich selbst zuhause auf und Seidler setzt die Schnipsel zu einem Film zusammen. „Wir werden in jedem Fall ein schönes Endergebnis haben“, ist Carl Siebert sicher.

Seidler sieht die Krise auch als Chance

Statt von der Situation frustriert zu sein, sieht Chris Seidler sie als „Chance, viele Menschen mit neuen Medien vertraut zu machen. Da tun sich ganz andere Welten auf“, ist sie überrascht von dem, was möglich ist. In der Vergangenheit, erinnert Seidler sich, musste sie Proben wegen eines Sturms oder Wasserschadens im Probenraum absagen. Das werde mit den Erfahrungen aus der virtuellen Opera School künftig nicht mehr nötig sein.

>>> Weitere Angebote geplant

Chris Seidler plant, die Youtube-Unterrichtseinheiten künftig für alle Interessierten zugänglich zu machen. Noch kann der Stream nur per Link aufgerufen werden.

Auch andere Musiker planen Online-Sessions. Pianistin und Musikpädagogin Miriam Geier etwa arbeitet ebenfalls an einem Unterrichtsangebot über das Internet. Kontakt: 0173/8487757.

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